New York-Marathon: Hochklassiges Spektakel am Sonntag
Über 37.000 Läufer, 2,5 Millionen Zuschauer und ein weltweites TV-Publikum von über 300 Millionen Menschen – das sind die eindrucksvollen Zahlen des ING New York City-Marathons, der am kommenden Sonntag zum 38. Mal gestartet wird. Auch der wirtschaftliche Effekt für die Metropole ist enorm. Jüngste Studien zeigen, dass durch das Marathon-Spektakel 220 Millionen Dollar nach New York fließen. „Wir hatten über 100.000 Bewerber für die Startnummern“, erklärte die Race-Direktorin, Mary Wittenberg. Spitzensportlich steht in New York am Sonntag das Rennen der Frauen im Mittelpunkt. Doch bereits einen Tag vorher dreht sich alles um die Männer, denn dann finden in Big Apple die US-Olympiaausscheidungen statt.
Das ohnehin schon starke Frauenfeld ist durch die relativ kurzfristige Startzusage der Marathon-Weltrekordlerin Paula Radcliffe (2:15:25) nochmals aufgewertet worden. Dabei geht es nicht nur um die Siegprämie von 130.000 Dollar sondern ,nebenbei’ auch noch um eine halbe Million – den Jackpot der World Marathon Majors (WMM)-Serie – zwischen der Vorjahressiegerin Jelena Prokopcuka (Lettland) und Gete Wami (Äthiopien). Vor dem letzten Rennen der Serie 2006-2007 führt Wami mit zehn Punkten Vorsprung vor Prokopcuka.
Dabei riskiert Gete Wami alles, um als erste Läuferin den Jackpot zu gewinnen. Die Äthiopierin macht einen für den Bereich der Eliteläufer einmaligen Doppelstart: Nach ihrem Sieg beim Berlin-Marathon läuft die 32-Jährige nun nur fünf Wochen später in New York, um in der WMM-Serie zu triumphieren und damit eine halbe Million Dollar zu verdienen. Bei den Männern steht der Kenianer Robert Cheruiyot bereits als Sieger fest.
Angesichts der enormen Belastungen zweier Marathonrennen binnen so kurzer Zeit gleicht der Doppelstart der Gete Wami einem Vabanquespiel – mit eher wenig Aussicht auf Erfolg. Zugleich aber beweist die Entscheidung der Äthiopierin, welchen Stellenwert die World Marathon Majors inzwischen bei den Eliteläufern haben. Anfang 2006 hatten sich die fünf bedeutendsten Marathonrennen der Welt – Boston, London, Berlin, Chicago, New York – zu der WMM-Serie zusammengeschlossen. Der Mann und die Frau, die nach zwei Jahren am meisten Punkte gesammelt haben, teilen sich den Jackpot von einer Million Dollar.
Neben Wami, Prokopcuka und Radcliffe sind auch noch zwei weitere Weltklasseläuferinnen mit Siegchancen im Rennen: Lidiya Grigoryeva, die russische Boston-Marathon-Siegerin, und Catherine Ndereba. Die Kenianerin wurde vor zwei Monaten zum zweiten Mal nach 2003 Marathon-Weltmeisterin. Ndereba hielt mit 2:18:47 auch vor Paula Radcliffe den Weltrekord.
„Als Paula Radcliffe bekannt gab, dass sie in New York rennen würde, hat das mit Sicherheit die Taktik aller Läuferinnen verändert. Ihre Entscheidung hat mich nicht überrascht, denn ich kenne Paula – sie mag große Rennen“, erklärt Jelena Prokopcuka, die am Sonntag zum dritten Mal in Folge in New York gewinnen möchte, was bisher lediglich der Norwegerin Grete Waitz gelang. „Wenn Paula in New York die erste Hälfte in unter 70 Minuten laufen wird, dann werde ich dieses Tempo nicht mitgehen. Denn 2:20 kann ich auf diesem Kurs nicht laufen“, sagt Jelena Prokopcuka, die trotz der Konkurrenz glaubt, dass sie das Rennen gewinnen kann. Gelingt ihr dies, hätte sie in jedem Fall auch den WMM-Jackpot in der Tasche.
„Ich freue mich, dass ich wieder zurückkommen kann zum New York-Marathon. Dieses Rennen hat eine besondere Stellung unter allen City-Marathonrennen – und für mich gilt dies ganz besonders. Ich liebe diese Stadt, die einzigartige Atmosphäre des Rennens, die riesigen Zuschauermassen. Und ich freue mich, dass ich wieder ein Teil des New York-Marathons sein kann. In diesem Jahr ist bei den Frauen ein außerordentlich starkes Feld am Start“, sagte Paula Radcliffe, aus deren Umfeld es heißt, dass sie in exzellenter Form sei. Vor gut zwei Jahren lief die Britin ihren letzten Marathon, als sie in Helsinki Weltmeisterin wurde. Im Januar 2007 wurde sie zum ersten Mal Mutter.
„Paula ist eine Legende im Marathon. Alle fiebern auf ihr Marathon-Comeback hin. Sie hätte es sich dabei sicherlich leichter machen können – aber das ist typisch Paula, sie hat sich eines der am stärksten besetzten Frauenrennen aller Zeiten ausgesucht“, sagt Mary Wittenberg, die Radcliffe vor einem Jahr in New York mit dem Abebe Bikila-Award auszeichnete, als die Läuferin noch schwanger war. Die New York Road Runners vergeben diese Auszeichnung jedes Jahr im Rahmen des Marathons.
In New York – dem zuletzt mit rund 38.000 Läufern im Ziel größten Marathon der Welt – wird es ein Rennen ohne Tempomacher geben. Cheforganisatorin Mary Wittenberg hat die Pacemaker verbannt und setzt auf spannende Duelle – wobei es in New York aufgrund der welligen Strecke auch mit Tempomachern schwierig wäre, Rekorde zu laufen. Um insgesamt 700.000 Dollar an Prämien geht es in New York. Bei den Männern treffen unter anderen Ex-Weltrekordler Paul Tergat (Kenia), der das Rennen vor zwei Jahren gewann, Hendrick Ramaala (Südafrika/2:06:55), London-Sieger Martin Lel (Kenia/2:06:41) und der Debütant Samuel Wanjiru (Kenia), der den Halbmarathon-Weltrekord hält (58:35 Minuten), aufeinander.
US-Olympiaausscheidungen am Sonnabend
Auf einem Rundkurs im Central Park finden am Sonnabend die Olympia-Ausscheidungen der US-Männer statt. Die ersten drei qualifizieren sich für Peking im nächsten Jahr. Rund 150 Läufer sind am Start, darunter der frühere Weltrekordler Khalid Khannouchi (2:05:38 Stunden) und der Olympia-Zweite von Athen 2004, Meb Keflezighi. „Ich bin sehr motiviert, denn ich will mich unbedingt für Olympia quialifizieren und dort meine Silbermedaille verteidigen“, sagte Meb Keflezighi und fügte hinzu: „Die Qualifikation wird schwerer als zuletzt, denn das Feld ist stärker. Ich sehe sechs bis sieben Läufer, die Chancen haben, wenn sie in Bestform sind.“ Die US-Olympiaausscheidungen der Frauen finden im kommenden April im Rahmen des Boston-Marathons statt.