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07
11
2007

Die World Marathon Majors sind der Versuch, die bedeutendsten Marathonläufe der Welt durch so etwas wie eine Weltcup-Wertung zu verbinden und aufzuwerten.

Fernduelle auf Asphalt – Marathon-Kommentar – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

Besser hätte die erste Serie der World Marathon Majors gar nicht zu Ende gehen können, behaupteten ihre Veranstalter. Dann vergaben sie am Montag in New York eine Million Dollar. Sie hätte natürlich doch besser zu Ende gehen können.

Zum Beispiel hätte Robert Cheruiyot nicht nur zur Gala aus Kenia einfliegen, sondern am Sonntag, wie 36.000 andere auch, am New-York-Marathon teilnehmen können. So aber war er sich schon nach seinem vierten Platz beim Chicago-Marathon Anfang Oktober der großen Prämie sicher – nicht, weil er großartig gelaufen wäre, sondern weil Martin Lel, der Sieger von London und nun auch New York, dort nicht punktete und damit aus der Wertung war; jedenfalls aus der, die nun abgerechnet wurde.
In der Serie 07/08, die beim nächsten New-York-Marathon endet, führt Lel derzeit mit zwei Siegen.

Männer gehen sich aus dem Weg – Auch Haile Gebrselassie lässt der Jackpot kalt

Die World Marathon Majors sind der Versuch, die bedeutendsten Marathonläufe der Welt durch so etwas wie eine Weltcup-Wertung zu verbinden und aufzuwerten. Welchen Stellenwert die Veranstalter ihren Läufen in Boston, London, Berlin, Chicago und New York beimessen, zeigt, dass sie in ihre Wertung wie selbstverständlich auch Weltmeisterschaft und Olympische Spiele aufnehmen. Da aber Marathonläufer nicht ständig Marathon laufen können, nicht einmal sechsmal im Jahr, erstreckt sich die Wertung über zwei Jahre und maximal vier Läufe. Das wiederum erlaubt es, die Serie abzuschließen, ohne dass die besten Läufer sich auf der Straße miteinander gemessen haben.

Das Duell zwischen Gete Wami und Jelena Prokopcuk am Sonntag kam nur deshalb nicht zustande, weil Paula Radcliffe das Rennen überlegen an sich riss – und Gete Wami mitlief. Immerhin starteten die Äthiopierin und die Lettin im selben Rennen, doch einen Showdown hatten sie nicht zu bieten. Die Männer gehen sich sogar völlig aus dem Weg. Als Cheruiyot im April in Boston auf dem Rücken als Sieger ins Ziel rutschte, als er im vergangenen Jahr in Boston und Chicago gewann, war Lel weit und breit nicht zu sehen. Cheruiyot überließ ihm dafür das Feld in London (2006 Platz zwei, Sieger 2007) und New York.

Knappe Ressourcen

Beim Duell zwischen Radcliffe und Wami in New York spielte die neue Wertung keine Rolle
Vielleicht ist die Prämie nicht hoch genug, um hart umkämpft zu werden. Paula Radcliffe und Haile Gebrselassie, die die Weltrekorde über diese Distanz halten, interessieren sich jedenfalls nicht im Geringsten für diese Punktwertung. Was allerdings die Aussicht auf einen großen Zahltag bei weniger berühmten Läufern bewirken kann, zeigte die nun wirklich nicht unbekannte Gete Wami.

Nur vierzehn Tage Pause gönnte sie sich nach ihrem Sieg in Berlin, dann begannen drei Wochen Vorbereitung auf New York. Würden die Prämien steigen, könnten mehr Marathonläufer und ihre Manager ähnlich knapp mit ihren Ressourcen kalkulieren. Doch da, zumindest bis Sonntag, kein Hauptsponsor für die Serie gefunden war, dürfte diese Versuchung zumindest nicht wachsen.
Ob durch den Jackpot überhaupt viel mehr Geld im Spiel ist, scheint zweifelhaft. Das Antrittsgeld für Gete Wami und Jelena Prokopcuk haben sich die Veranstalter in New York jedenfalls sparen können. Und eines für Robert Cheruiyot hatten sie offenbar auch nicht ausgelobt.
Die World Marathon Majors sind noch dabei, sich zu etablieren.

Michael Reinsch
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Dioenstag, dem 6. Oktober 2007

Weltrekordlerin und New-York-Siegerin Paula Radcliffe interessiert sich nicht für die neue Wertung
06. November 2007

author: GRR

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