Blog
08
03
2008

Eine Vielzahl an sportlichen Höhepunkten gab es bei einer Teilnahme von etwa 1.100 Athletinnen und Athleten auch bei diesen Titelkämpfen wieder in Hülle und Fülle

Viele Rekorde bei 7. Deutschen Senioren-Meisterschaften in Erfurt

By admin 0

Das Lob von Margit Jungmann am Ende der Veranstaltung kam nicht von ungefähr: Die Vorsitzende des Bundesfachausschusses Senioren bescheinigte in ihrem kurzen Resümee dem Ausrichter der siebten Deutschen Senioren-Hallenmeisterschaften in Erfurt, unter dem Beifall der Athletinnen und Athleten, nämlich eine tadellose Durchführung der Titelkämpfe, bei denen kaum Wünsche offen geblieben seien.

Fast müsste man hinzufügen: Das war vom Thüringer Organisationsteam auch kaum anders erwartet worden. Denn mit dem Ausrichter Erfurt hatte der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) schon mehrfach beste Erfahrungen bei der Bewältigung solch umfangreicher Meisterschaften machen können. Ein dickes Sonderlob hatten sich besonders die Kampfrichter/innen verdient, die im nebenan gelegenen Steigerwaldstadion bei den „Winterwurf-Meisterschaften“ ihren Dienst versahen und nicht etwa winterlichen Bedingungen ausgesetzt waren, sondern stürmischen Winden und Regengüssen trotzen mussten.

Eine Vielzahl an sportlichen Höhepunkten gab es bei einer Teilnahme von etwa 1.100 Athletinnen und Athleten auch bei diesen Titelkämpfen wieder in Hülle und Fülle. Sage und schreibe 20 (!) neue deutsche Senioren-Hallenbestleistungen wurden erzielt, 14 in den Männerwettbewerben, sechs in den Frauendisziplinen.

Europarekord aber kein deutscher Rekord

Kurios, auf den ersten Blick zumindest: Der einzige Europarekord der Veranstaltung ist in der Aufstellung der 19 deutschen Bestleistungen nicht mit enthalten, Europarekord ja, deutsche Bestleistung nein: Renate Behrens (LG Weserbergland) hatte in dreien ihrer vier gültigen Weitsprünge als Siegerin der Klasse W 50 die alte Europarekordmarke von 4,84 Metern übertroffen und auf 4,91 Meter geschraubt. Den Europarekord hielt bis dahin Inge Dech (Büdelsdorfer TSV), die 2004 auf 4,84 Meter gekommen war, ein Jahr zuvor aber schon mit 5,09 Metern eine deutsche Senioren-Hallenbestleistung aufgestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2003 war die Schleswig-Holsteinerin allerdings noch nicht 50 Jahre alt, hatte also die internationalen Bedingungen mit dem tatsächlichen Alter nicht erfüllt.

In der noch gar nicht so weit zurückreichenden Geschichte der Senioren-Leichtathletik in der Halle ist man schon versucht, von „Uralt-Rekord“ zu sprechen, wenn eine Bestleistung aus dem Jahr 1984 verbessert wird. Das geschah im 400-Meter-Lauf der Klasse M 45, wo Stefan Malewski (LG Maifeld-Pellenz) 52,29 Sekunden erreichte und die 52,66 Sekunden von Guido Müller verbessern konnte. Dieser war die bisherige Bestzeit vor 24 Jahren in München gelaufen. Übrigens war es das erste Mal, dass der Ausnahmeläufer vom TSV Vaterstetten eine seiner hochkarätigen deutschen Bestleistungen abgeben musste.

Zwei Bestleistungen für Guido Müller

Aber Guido Müller, inzwischen einige Altersklassen „höher gerutscht“, wäre nicht Guido Müller, wenn er sich in Erfurt nicht auch gleich wieder ins Gespräch gebracht hätte und mit Top-Resultaten glänzte. Seine eigene nationale M 70-Bestleistung über 400 Meter steigerte er von 58,92 auf 58,54 Sekunden und über 200 Meter löschte er seine erst kürzlich erzielten 26,58 Sekunden und legte mit 25,80 Sekunden eine Zeit hin, die fast noch mehr Respekt abverlangt. Aber auch hier greift die internationale Regelung: Der Münchner wird erst am Jahresende 70 Jahre alt und kann erst dann Europa- und Weltrekorde in der Klasse M 70, in der er in Deutschland schon startberechtigt ist, erzielen.

Aber auch das gab es in Erfurt: Zweiter Meisterschaftsplatz, dennoch neuer Inhaber einer deutschen Bestleistung. Geher Dick Gnauck (ASV Sangerhausen) kam im 3.000 Meter Gehen der Klasse M 45 knapp acht Sekunden hinter dem Schweden Bengt Bengtsson (LAC Quelle Fürth/München) ins Ziel und unterbot mit 13:25,01 Minuten die alte Bestmarke von 13:34,0 Minuten von Udo Schaeffer (1995). Karl-Heinz Hartwig (VfB Fichte Bielefeld) blieb bei den bereits am Freitagabend ausgetragenen Titelkämpfen im Gehen als erster Athlet der Klasse M 70 unter der 20-Minuten-Grenze und das mit 19:40,87 Minuten gleich recht deutlich.

Kein Weltrekord für Wolfgang Ritte

Eine neue Startgemeinschaft sicherte sich Titel und Bestleistung über 4×200 Meter der Klasse M 50. Die SG Südostbayern Team 50 (Gerhard Zorn, Guido Müller, Josef Schöffmann, Matthias Konopka) ließ der Konkurrenz keine Chance und gewann in 1:40,89 Minuten. Nichts anbrennen ließ Franz-Josef Schmidt (Laufzwang Wippetal) über 800 Meter der Klasse M 55, denn zusätzlich zu seiner erfolgreichen Titelverteidigung verbesserte er seine eigene deutsche 800-Meter-Bestleistung von 2:12,36 auf nun 2:11,46 Minuten.

Wie selbstverständlich beherrschte Wolfgang Ritte (Weseler TV) den Stabhochsprung der Klasse M 55. Nach übersprungenen 4,10 Metern steigerte er gleich auf 4,31 Meter. Das wäre die Verbesserung seiner eigenen Weltrekordhöhe um einen Zentimeter gewesen. Das Vorhaben scheiterte nur knapp, aber ohne eine neue Bestleistung ging der vielseitige Stabhochspringer dann doch nicht aus der Halle: Nach Jahren verletzungsbedingter Abstinenz tauchte er überraschend wieder einmal am Start des Hürdenlaufes auf und gewann die 60 Meter Hürden in neuer deutscher Bestleistung von 9,33 Sekunden (vorher: 9,37 sec, Dieter Tisch, 2007).

LG BEC fängt Hamburg ab

Ein einsames Rennen über 3.000 Meter lief Winfried Schmidt (TuS Köln rrh.) in der Klasse M 60. Der gerade in diesen Altersbereich aufgerückte Bäckermeister beeindruckte mit der neuen deutschen Hallenbestzeit von 9:49,51 Minuten (vorher: 9:58,34 min, Rolf Conzelmann, 1993). Großer Jubel herrschte bei den Läufern der LG BEC (Biebesheim/Eschollbrücken/Crumstadt). Die völlig neu formierte 4×200 Meter-Staffel (Wolfgang Mann, Walter Busenbender, Lutz Zeisse, Heinz Wondra) hatte den erfolgsverwöhnten Hamburgern von der LG Alsternord noch auf den letzten Metern den Titel entrissen und mit 1:49,04 Minuten auch noch die deutsche Bestzeit der Hanseaten „geknackt“.

In der Klasse M 65 gab es sowohl im Weit- als auch im Dreisprung neue deutsche Hallenbestleistungen. Manfred Arndt (TSV Burgdorf) musste bis zum letzten Durchgang des Weitsprungs warten, ehe ihm der Siegessprung auf 5,24 Meter, bei gleichzeitiger Steigerung der Hallenbestleistung, gelang. Völlig ungefährdeter Dreisprung-Sieger der Klasse M 65 war Udo Speck (TSV Altenholz). Mit 10,97 Metern verbesserte er die alte nationale Bestmarke gleich um 51 Zentimeter!

Jürgen Volkert alleiniger Rekordinhaber

Zwei Läufer blieben über 3.000 Meter der Klasse M 70 unter der alten Bestleistung von 11:30,15 Minuten (Werner Schanne, 2007). Klemens Wittig (LC Rapid Dortmund) gewann in 11:15,98 Minuten vor dem wiedererstarkten Josef Kurz (TSV Bad Sachsa), der mit seinen 11:19,51 Minuten auch noch die alte Bestmarke unterbot. Im Hochsprung der gleichen Klasse steigerte Jürgen Volkert (LG Staufen) seine erst zwei Wochen zuvor aufgestellten 1,40 Meter um einen Zentimeter und ist nun alleiniger Inhaber der deutschen Seniorenbestleistung, die er sich bisher mit Heinz Schaab (TuS Eintracht Wiesbaden) hatte teilen müssen.

Bei den Hessischen Senioren-Hallen-Meisterschaften hatte es Helga Freyer-Krause (SF BG Marburg) noch bei 1,50 Metern bewenden lassen, in Erfurt verbesserte sie die W 45-Hochsprungbestmarke um einen Zentimeter auf 1,56 Meter (bisher: 1,55 m, Petra Gregor, 2005). Mehrkämpferin Anke Straschewski (TSV Bayer 04 Leverkusen) sicherte sich neben ihrem Kugelstoßsieg auch noch überraschend den Titel im Stabhochsprung mit neuer Deutscher W 45-Bestleistung von 3,05 Metern.

Rekord trotz vermindertem Training

Lidia Zentner (Gazelle Pforzheim/Königsbach) plagt sich nun schon seit fast zwei Jahren mit diversen Blessuren herum, umso erstaunlicher, was die Pforzheimerin trotz eingeschränkter Trainingsumfänge noch leistet. In Erfurt lief sie in der Klasse W 55 quasi im Alleingang die 3.000 Meter in 11:03,30 Minuten und steigerte die alte Bestmarke von Marianne Spronk (11:40,92 min, 2005) ganz erheblich. Die zweite Hallenbestleistung dieser Klasse schaffte Ulrike Hiltscher (LG Neiße). Die Läuferin mit der ungewöhnlichen läuferischen Bandbreite (sie gewann alle Laufwettbewerbe von 60 bis 800 Meter) steigerte die eigene 400-Meter-Bestmarke aus dem Vorjahr von 70,13 auf 69,27 Sekunden.
 
„Wieder da“ ist Sprinterin Ingrid Meier (TSV Zirndorf), die sich nach langer Verletzungspause erst wieder im Spätsommer 2007 an Wettkämpfen beteiligen konnte, nun aber in der Klasse W 60 einsame Spitze ist. 8,72 Sekunden über 60 Meter (neue deutsche Hallenbestzeit) und 29,50 Sekunden über 200 Meter lauteten ihre Siegeszeiten.

Erfurt als Test für Clermont-Ferrand

Für die Klasse W 70 werden die 800 Meter nicht als Meisterschaftswettbewerb ausgetragen. Macht nichts, sagte sich Lydia Ritter (TuS Rot-Weiß Koblenz) und zeigte als Angehörige der Klasse W 70 der Konkurrenz von der W 65 die Hacken. Als Zugabe belohnte sich die Koblenzerin dann noch mit der W 70-Bestleistung, die sie auf 2:58,70 Minuten schraubte.

Während für den Großteil der Athletinnen und Athleten die Hallensaison mit den Deutschen Senioren-Hallen-Meisterschaften in Erfurt nun zu Ende ist, waren die Titelkämpfe in der Hauptstadt Thüringens für viele gewissermaßen eine Durchgangsstation und eine ideale Formüberprüfung im Hinblick auf die dritten Senioren-Hallen-Weltmeisterschaften in Clermont-Ferrand (Frankreich). Diese Titelkämpfe finden vom 17. bis 22. März statt und viele der in Erfurt Gestarteten wollen versuchen, wieder zur Erfolgsbilanz des deutschen Teams in Frankreich beizutragen.

Quelle: DLV – Jörg Reckemeier

author: admin

Comment
0

Leave a reply