Rund 40 Kinder der Stuttgarter Schule kamen am Mittwoch durch die dritte und letzte AOK-Schulaktion in den seltenen Genuss, sich im Stadion auf den Minimarathon im Rahmen des Stuttgarter-Zeitung-Laufs am 21. Juni vorzubereiten.
Stuttgarter Zeitung Lauf: Im Daimlerstadion werden Träume revidiert Beim letzten AOK-Aktionstag bereiten sich Grundschüler der Stuttgarter Ostheimschule auf den Minimarathon am 21. Juni vor – Matthias A. Schmid in der Stuttgarter Zeitung
Zehn Tage vor dem Startschuss beim AOK-Minimarathon im Rahmen des Stuttgarter-Zeitung-Laufs sind rund 40 Schüler der Stuttgarter Ostheimschule in den Genuss eines Trainings im Daimlerstadion gekommen. Mehr als 6000 Kinder und Jugendliche werden an dem Rennen teilnehmen.
Der Weg zur großen Fußballkarriere beginnt erst einmal mit einem Verbot. Erdin und seine Mitschüler von der Stuttgarter Grund- und Hauptschule Ostheim waren nur wenige Zentimeter vom ¸¸heiligen Rasen" des Daimlerstadions entfernt, als sie der Stadionwart jäh aus ihren Träumen riss. ¸¸Nicht auf das Spielfeld treten", schrie er den heranstürmenden Kindern freundlich, aber bestimmt entgegen, als die am Mittwochnachmittag wie Schnäppchenjäger beim Schlussverkauf nur ein Ziel kannten. Erdin ließ es sich dennoch nicht nehmen, das Grün, das zurzeit gar kein Grün ist, sondern eher einem Sandbunker auf dem Golfplatz gleicht, sanft mit dem Handrücken zu streicheln. ¸¸Hier will ich mal später als Fußballprofi einlaufen", sagt Erdin.
Auch wenn ihm der Schritt auf den Arbeitsplatz seines großen Vorbilds Yildiray Bastürk verwehrt geblieben ist, so erlebte der Grundschüler – auch ohne Fußball – einen erlebnisreichen Nachmittag. Rund 40 Kinder der Stuttgarter Schule kamen am Mittwoch durch die dritte und letzte AOK-Schulaktion in den seltenen Genuss, sich im Stadion auf den Minimarathon im Rahmen des Stuttgarter-Zeitung-Laufs am 21. Juni vorzubereiten. ¸¸Wir haben mehr als 150 Anmeldungen in der Schule für den Lauf in diesem Jahr", sagt der Sportlehrer Ralf Laukenmann, ¸¸vor allem das Stadion zieht die Kinder fast magisch an."
Und lässt sie im Eifer des Gefechts auch die Müdigkeit nicht spüren. Silvia Eisinger vom veranstaltenden Württembergischen Leichtathletik-Verband (WLV) und Christine Rau von der AOK-Gesundheitskasse haben mit den Mädchen und Jungs zwei Stunden lang ein spezielles Lauftraining absolviert. Dass es keiner Extramotivation bedarf, merken die beiden Sportlehrerinnen ziemlich schnell. ¸¸Langsamer laufen, macht langsam" sind die am meisten gebrauchten Vokabeln an diesem Nachmittag.
Die Kinder kennen bei den verschiedenen Spielformen nämlich nur ein Tempo: Vollgas. Da trifft es sich ganz gut, dass der WLV den Kindern wirkliche Autoritäten zur Seite gestellt hat, nämlich die Sieger der unterschiedlichen Altersklassen aus dem vergangenen Jahr. Viele Schüler schauen fast ehrfurchtsvoll zu ihnen auf, obwohl sie nicht viel größer sind, und scheuen bisweilen sogar davor zurück, sie anzusprechen.
Erdin kennt keine Zurückhaltung: ¸¸Muss ich denn über die zwei Kilometer durchsprinten?" Noah lächelt, als er die Frage vernimmt. Der Zehnjährige aus Aalen hat schon sechs Rennen in seiner noch jungen Karriere gewonnen und sagt: ¸¸Schnell laufen kann jeder, es kommt darauf an, dass du im Rennen möglichst gleichmäßig läufst."
Besser hätte es auch Nicole Kustermann nicht formulieren können. Die Sportlehrerin der Ostheimschule beobachtet das bunte Treiben entspannt aus der Entfernung. ¸¸Es ist schwierig, die Kinder in ihrem Elan zu bremsen, aber wir haben einen Schüler aus der sechsten Klasse, der bei uns im Training den Hasen gibt", sagt Kustermann, ¸¸das klappt."
Rund 6200 Kinder und Jugendliche werden in diesem Jahr über einen beziehungsweise zwei Kilometer an den Start gehen. Das ehrgeizige Ziel, das die AOK-Projektleiterin Ute Fischer ausgegeben hat, nämlich irgendwann der größte Kinderlauf Deutschlands werden zu wollen, ist ein realistisches geworden. Noch führt der Berliner Kindermarathon mit 10 000 Startern. ¸¸Wir arbeiten weiter hart an unserem Ziel", sagt Fischer.
Das gilt auch für die begabten Laufkinder, auch wenn sich alle ihre Ziele wegen des Stadionumbaus nicht mehr verwirklichen lassen. ¸¸Ich hätte hier auf dieser wunderschönen Bahn gerne mal einen internationalen Wettkampf bestritten", sagt Melanie. Die 13-Jährige ist aus Untergruppenbach mit ihrer Mutter angereist. Und als sie am Ende zur Belohnung einen Bildband von den Sommerspielen in Athen überreicht bekommt, beginnen ihre Augen vor Freude fast zu glühen.
¸¸Zu den Olympischen Spielen will ich unbedingt", sagt Melanie und hat so mit Erdin etwas gemein. Von der Fußballkarriere spricht er am Ende nicht mehr. Yildiray Bastürk ist in diesem Moment weit weg.
Stattdessen sagt Erdin: ¸¸Ich werde jetzt wohl Leichtathlet, das liegt mir mehr."
Matthias A. Schmid in der Stuttgarter Zeitung – Freitag, dem 13. Juni 2008