Für Münzel ruhen die Chancen auf eine Medaille am ehesten in den beiden Konkurrenzen der Juniorenklassen. „René wird es gegen die traditionell starken Italiener, Briten und Türken sehr schwer haben, aber er ist nicht chancenlos.
Mit erfahrener Mannschaft zur Berglauf-EM in den Schwarzwald – Timo Zeiler und Birgit Unterberger führen die DLV-Vertretung an – Trotz Heimvorteil: Nur geringe Chancen auf eine Medaille
Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat die Mannschaft für die Berglauf-Europameisterschaften am 12. Juli in Zell am Harmersbach nominiert. Entgegen der ursprünglichen Planung wird das DLV-Team doch vorrangig auf erfahrene Läufer zurückgreifen. Mit jeweils 4 Männer und Frauen, 1 Junior und 2 Juniorinnen hat jedoch der DLV sein Kontingent nicht gänzlich ausgeschöpft.
„Wir haben im Berglauf ein Nachwuchsproblem“, gesteht DLV-Berglaufberater Wolfgang Münzel, „das lässt sich aber nicht in einem oder zwei Jahren beheben. Deshalb müssen wir Geduld bewahren und speziell im Nachwuchsbereich andere Wege gehen! Dennoch sind gerade unsere Junioren in Zell mit aussichtsreichen Chancen am Start“.
Bei den Männern führt der im Berglauf-Grand-Prix hinter dem weltbesten Bergläufer Jonathan Wyatt (Neusseland) und vor dem Europameister Marco Gaiardo (Italien) auf Rang zwei platzierte Timo Zeiler (TSV Trochtelfingen) das deutsche Team an, das zudem mit Josef Beha (FC Unterkirnach), Markus Jenne (USC Freiburg), Marco Sturm (LLC Marathon Regensburg) starten wird.
Der bei der EM-Qualifikation stark auftrumpfende 20jährige Philipp Klaeren (PSV Telekom Trier) musste aus dem vorläufigen Team gestrichen werden, da er nicht in dem für die Nominierung erforderlichen Anti-Doping-Kader (ST-Kader) geführt ist. Mit dem ebenfalls 20 Jahre alten Junioren-EM-Vierten Manuel Stöckert (TSV Ostheim) fällt ein weiterer hoffnungsvoller Nachwuchsmann aus, der nach überstandener Krankheit noch nicht wieder auf dem gewohnten Leistungsstand ist.
Bei den Frauen ist die bei der vor drei Wochen durchgeführten EM-Qualifikation wegen einer Verletzung ausgeschiedenen Birgit Unterberger (OSC Berlin) wieder einsatzbereit. Sie hatte sich zunächst mit Alternativtraining fit gehalten, konnte aber in den vergangenen Tagen ihre geplanten Trainingseinheiten durchführen. Die frühere Vizeweltmeisterin belegte im Vorjahr bei ihrem Comeback nach der Babypause bei der ebenfalls bergauf-bergabführenden WM bereits Rang 19. Mit der vierfachen deutschen Meisterin Stefanie Buss (ASC Rosellen-Neuss) steht eine weitere erfahrene Athletin im DLV-Aufgebot, die vor allem bei bergauf-bergabführenden Parcours ihre Chancen hat.
Die 22jährige Frankfurterin Natascha Schmitt gibt hingegen ihr Debüt in der internationalen Berglaufszene. Neu hingegen ist die Eintracht-Läuferin in der Nationalmannschaft nicht, da sie bereits bei der Cross-EM die deutschen Farben tragen konnte. Auch die bei der EM-Quali stark laufende Lea Beuscher (TSV Krofdorf) musste wegen fehlender ST-Kader-Zugehörigkeit gestrichen werden. Für sie soll die Junioren-Vize-Europameisterin Kerstin Straub in das Team aufrücken. Allerdings hat die junge Hanauerin ein Problem, die muss am Samstagmorgen in Frankfurt eine wichtige Prüfung ablegen. Im Verbund mit dem DLV ist man derzeit um einen Ersatztermin für die Klausur bemüht.
Bei den Junioren wurde alleine mit dem Junioren-EM-Fünften René Stöckert (TSV Ostheim) gemeldet, der allerdings mit guten Platzchancen ins Rennen gehen wird. Während der DLV bei den Junioren keine Mannschaft bilden konnte, ruhen die Hoffnungen bei den Juniorinnen auf das Team mit Lina Scherzer (LAZ Salamander Kornwestheim-Ludwigsburg) und Katharina Lurz (ESV Gemünden), die vor allem als Duathletin bislang erfolgreich war.
Wie groß sind nun die Chancen der deutschen Läufer am kommenden Samstag am Kuhhornkopf im Zeller Stadtteil Unterharmersbach? „Wir sind realistisch. Wenn wir in Deutschland Bergauf-bergab-Laufen nicht sonderlich trainieren, weil es unserer Philosophie nicht entspricht, dann sind besondere Leistungen nicht zu erwarten. Da aber der Berglauf-Weltverband WMRA und der Europäische Leichtathletik-Verband im Zwei-Jahres-Rhythmus Bergauf-bergab-Meisterschaften austrägt, müssen wir uns damit zwangsläufig auch beschäftigen!“ gesteht der deutsche Berglaufchef Wolfgang Münzel.
Für Münzel ruhen die Chancen auf eine Medaille am ehesten in den beiden Konkurrenzen der Juniorenklassen. „René wird es gegen die traditionell starken Italiener, Briten und Türken sehr schwer haben, aber er ist nicht chancenlos. Ich setze eher auf unsere Juniorinnen, die im Team durchaus eine Medaille erlaufen können“. Als Vorjahresdritter wäre die Männermannschaft durchaus auch wieder ein Medaillenkandidat, doch bei den EM-Titelkämpfen im französischen Cauterets ging es ausschließlich aber bergauf – und das ist eindeutig der stärkere Part der DLV-Läufer.
Dennoch ist mit einer starken Leistung von Timo Zeiler zu rechnen, der auch exzellent bergablaufen kann. „Ich möchte unter die Top acht kommen“, gibt sich der 27jährige Speditionskaufmann selbstbewusst. „Gegen die ausgesprochenen Spezialisten wie Marco de Gasperi und Vicente Capitàn habe ich vor allem bergab keine Chance. Das muss ich einfach so akzeptieren. Aber dahinter ist alles ziemlich offen“. Vor Wochenfrist glänzte der Trochtelfinger als überlegener Sieger beim Aletsch-Gletscherlauf auf der 1900 m hoch gelegenen Bettmeralp im Schweizer Wallis.
Die Wettkämpfe beginnen am Samstag (12.) um 13.00 Uhr mit dem Rennen der Juniorinnen. Um 13.45 Uhr folgen die Junioren, ehe mit dem Lauf der Frauen (14.45) und dem Lauf der Männer (15.45 Uhr) die beiden Höhepunkte der Veranstaltung anstehen. In der Altstadt von Zell am Harmersbach findet am Freitagabend (20.00 Uhr) die Eröffnungsfeier statt, die Siegerehrung ist am Samstagabend in der Schwarzwaldhalle im Stadtteil Unterharmersbach ab 20.00 Uhr vorgesehen.
Wilfried Raatz