Sportausschuss-Vorsitzender Danckert: "An der Spitze einiger Verbände erwarte ich einen personellen Neuanfang"
Im Gespräch: Peter Danckert „Der Spitzensport ist nicht gut aufgestellt“ – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
23. September 2008 An diesem Mittwoch berichtet der Deutsche Olympische Sportbund dem Sportausschuss über die Spiele in Peking – und dürfte die Forderung nach der Aufstockung der Spitzensportförderung um 40 Millionen Euro wiederholen. Im F.A.Z.-Gespräch erklärt der Ausschussvorsitzende Peter Danckert (SPD), warum er bereit ist, die Forderung zu unterstützen.
Der Deutsche Olympische Sportbund hat nach den Spielen von Peking eine öffentliche Debatte über die Spitzensportförderung angekündigt. Wenn er an diesem Mittwoch im Sportausschuss des Deutschen Bundestages seine Forderung um eine Aufstockung um 40 Millionen Euro und damit um 30 Prozent wiederholt, werden Sie zustimmen?
Das wird das Parlament beraten; die Haushälter haben das letzte Wort. Wir vom Sportausschuss werden, so schätze ich das persönlich ein, die Forderung unterstützen. Die Gesellschaft muss sich fragen: Wollen wir im Konzert der großen Sportnationen mitspielen? Wenn wir Spitzensport haben wollen bei der Leichtathletik-WM 2009 in Berlin oder bei den Olympischen Spielen 2012 in London, müssen wir deutlich mehr investieren. Meine Überzeugung ist: Davon würde auch der Breitensport profitieren.
An der Uniklinik Freiburg fliegt ein Dopingverbund auf, ein Eishockey-Nationalspieler jagt ungestraft dem Dopingkontrolleur davon, und in Peking machen sich Phelps und Bolt mit außerirdischen Leistungen verdächtig – ist mehr Geld vom Steuerzahler nicht eine Bestärkung dieses Systems?
Wir bezahlen keine amerikanischen oder jamaikanischen Sportler. Wir haben in Deutschland ein ausgezeichnetes Antidopingsystem. Ich glaube, dass der Spitzensport in Deutschland verstanden hat, dass es Förderung nur ohne unerlaubte unterstützende Mittel gibt. Insofern sage ich persönlich: Wir sollten und wir müssten den Spitzensport mehr fördern.
Deutsche Athleten sollen sich an Phelps und Bolt messen lassen?
Unsere Athleten sollen beste Bedingungen haben und auch nicht abgelenkt sein von Sorgen um ihre Zukunft. Wir müssen ihnen wie übrigens auch Trainern wirtschaftliche Unabhängigkeit bieten, solange sie Spitzensport treiben. Meiner Meinung nach hat deshalb auch die Sporthilfe Unterstützung von uns verdient. Deren personelle Schwierigkeiten sind mir zum Teil allerdings nicht erklärbar. Ich bedaure außerordentlich, dass Ann Kathrin Linsenhoff ihren Rücktritt erklärt hat.
Sie bleiben bei dem Doppelbeschluss: Nachrüstung und Abrüstung in einem. Ist es nicht absurd, dass der Steuerzahler Athleten finanziert, die sich mit dopingverdächtigen Gegnern messen, und andererseits Dopingkontrolleure beschäftigt, die diesen Athleten auf die Finger schaut?
Wir haben eine völkerrechtliche Verpflichtung akzeptiert, indem wie die Unesco-Konvention zur Dopingbekämpfung anerkannt haben. Davor können wir uns nicht drücken, und das wollen wir auch nicht. Es ist kein Widerspruch, wenn wir unseren Athleten beste Bedingungen bieten wollen: Sportstätten, Trainer, Trainingslager. Ich will nicht das Eine ohne das Andere denken. Wir dürfen uns nichts vormachen: In der Leichtathletik, im Schwimmen, im Rudern und im Boxen haben unsere Athleten nicht ihre besten Leistungen gebracht. Der deutsche Spitzensport ist in einigen Bereichen im Weltmaßstab nicht gut aufgestellt.
Sind nicht manche Sportarten so verseucht, dass man sie grundsätzlich nicht fördern sollte?
Einige sind hoch gefährdet. Da erwarte ich an der Spitze der Funktionäre einen personellen Neuanfang.
Sprechen Sie von Ihrem SPD-Parteifreund Rudolf Scharping?
Ich denke auch, aber nicht nur, an den Bund Deutscher Radfahrer.
An wen denken Sie noch?
An den Ruderverband. Da liegen die Probleme allerdings auf einem anderen Feld. Es ist keine klare Linie erkennbar. Ich glaube auch, dass es im Schwimmen Defizite gibt. Die Olympiasiege von Britta Steffen können nicht darüber hinwegtäuschen. Ich habe nichts gehört, was mich optimistisch stimmt. Wenn wir im Sportausschuss Konstruktives hören, sind wir bereit, uns für zusätzliche Mittel für den Sport einzusetzen. Ich hoffe, der Haushaltsausschuss sieht dies genauso.
Die Fragen stellte Michael Reinsch, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Dienstag, dem 23. September 2008