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27
09
2008

Doch die Entwicklung ließ sich nicht aufhalten. Patienten wurden zu Hochleistungssportlern, Krankenrollstühle zu Rennmaschinen - bis 1984 in New York erstmals Medaillen im Marathon vergeben wurden.

Das Rollstuhl-Rennen beim 35. BERLIN-MARATHON: Heinz Frei will es wieder wissen – Die Vorjahrssieger sind auch diemal am Start – Dr. Reiner Pilz berichtet

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Die Paralympics in Peking vom 6. – 17. September, zweitgrößte Sportveranstaltung weltweit mit 4.000 Athleten aus 150 Nationen melden die Presseagenturen. Gigantisch, wenn man an die Anfänge vor genau 60 Jahren denkt, als der in Schlesien geborene Neurologe Sir Ludwig Guttman auf dem Klinikgelände im englischen Stoke Madeville die ersten Sportspiele für querschnittgelähmte Rollstuhlfahrer veranstaltete.

Sport als Therapie – damals noch undenkbar und revolutionär. Und 1960 war es dann soweit, dass nach den Olympischen Spielen in Rom an gleicher Stelle die Rollstuhlfahrer ihre Weltspiele ausrichteten, allerdings mit bescheidenen Teilnehmerzahlen und ohne Fahrdisziplinen über die leichtathletischen Strecken. In Tokyo 1964 dann erste Wettbewerbe über 60 Meter und eine 4×40 Meter-Staffel. Längere Distanzen wollte man den Patienten im Rollstuhl nicht zumuten.

Doch die Entwicklung ließ sich nicht aufhalten. Patienten wurden zu Hochleistungssportlern, Krankenrollstühle zu Rennmaschinen – bis 1984 in New York erstmals Medaillen im Marathon vergeben wurden. In der damaligen Behinderten-Klasse 2 siegte in einer Zeit von 1:58:52h, ein 26jähriger Schweizer – Heinz Frei, und in der Klasse 1A, Zeit 3:41:47h, Heinrich Köberle aus Deutschland. Was für ein Quantensprung zu heute – Weltbestzeit von Heinz Frei 1:20:14h (Oita, Japan 1999), Weltbestzeit von Heinrich Köberle 2:23:08h (Berlin 1995).

Für Stadtmarathons allgemein und für den real,-BERLIN-MARATHON mit seinem Zeitfenster im Besonderen, sind Paralympische Jahre sportlich gesehen immer etwas schwierig – die Leistungsträger und Spitzenathleten müssen Prioritäten setzen, starten für ihre Landesverbände und entscheiden sich oft gegen einen weiteren Start in Berlin. So sind auch in diesem Jahr ein paar Abstriche zu machen, denn der Paralympische Marathon im Rennrollstuhl findet 12 Tage vor dem real,-BERLIN-MARATHON am 17. September statt und das im fernen Peking.

So fehlt in diesem Jahr die Breite der internationalen Spitzenkonkurrenz. Trotzdem werden die beiden Schweizer Topathleten Heinz Frei und Marcel Hug am Start sein und auch der Sieger von 2007, der Japaner Masazumi Soejima löst sein Versprechen ein und ist am Start. Neue Bestzeiten dürfen wohl nicht erwartet werden, so kurz nach Peking, aber ein 18. Sieg in Berlin für Heinz Frei ist durchaus im Bereich des Möglichen für den inzwischen 50jährigen Ausnahmeathleten, wenn denn Regeneration und Jetlag in den grünen Bereich gelangen.

Diese Fragezeichen hat er für sich selbst gesetzt. Aus deutscher Sicht könnten Alhassane Baldé, der in Peking über die 400, 800 und 1.500m startet sowie der ehemalige Fahrer aus dem Nationalteam und oftmalige Teilnehmer in Berlin, Robert Figl, für eine Überraschung gut sein.

Am Start auch die derzeit weltbesten Fahrer der Klasse T1 aus Deutschland, Stefan Strobel und Torsten Oppold, allerdings ohne vorherigen Paralympischen Marathon – und das ist bitter und unverständlich – weil der Veranstalter IPC (Internat. Paralympisches Comitee) diese Konkurrenz aus dem Programm gestrichen hat.

Bei den Damen kommen die Favoriten mit der Siegerin beim 34. BERLIN-MARATHON, Simone Buess und der Zweiten, Sandra Hager, ebenfalls aus der Schweiz. Mit der US Amerikanerin Jacqui Kapinowski ist ein Zieleinlauf wie im Vorjahr zu erwarten.

Die Cottbuserin Yvonne Sehmisch spezialisierte sich für Peking auf die Sprintstrecken über 100, 200 und 400m und fehlt in diesmal ebenso wie die Schweizerinnen Edith Hunkeler und Sandra Graf.

Dr. Reiner Pilz

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