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27
09
2008

Vor knapp 30 Jahren sahen wir, dass sich in New York ein Stadtmarathon entwickelte, der bereits 1979 über 10.000 Teilnehmer hatte. Es war dann unser großes Ziel, auch in Berlin ein Rennen zu etablieren, das mitten durch die Innenstadt führt.

Horst Milde über die Eckpunkte aus 35 Jahren Berlin-Marathon

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Der Name Horst Milde steht in Deutschland für die Entwicklung des Laufsports. 1974 startete er den ersten Berlin-Marathon, der damals noch am Rande des Grunewaldes stattfand. Horst Milde, der im nächsten Monat seinen 70. Geburtstag feiert, war bis Anfang 2004 der Race-Direktor dieses und einer langen Kette weiterer großer Rennen, wie  u.a. des Halbmarathon, des Frauenlaufes, der Teamstaffel  in Berlin. In einem Zeitraum von 40 Jahren hatten seine Veranstaltungen über 1,25 Millionen Teilnehmer.

Er ist weiterhin Sprecher der German Road Races (GRR) – der Vereinigung der deutschen Laufveranstalter und seit Jahren auch Mitglied des „Board of Directors“ von AIMS, der  internationalen Organisation der weltweit größten Laufveranstaltungen. Seit 2004 hat sein Sohn Mark die Position des Race-Direktors in Berlin übernommen.

Zum 35. real,- Berlin-Marathon berichtet Horst Milde über vier Eckpunkte aus der Geschichte des Rennens:

1981 – der Schritt in die Stadt

Vor knapp 30 Jahren sahen wir, dass sich in New York ein Stadtmarathon entwickelte, der bereits 1979 über 10.000 Teilnehmer hatte. Es war dann unser großes Ziel, auch in Berlin ein Rennen zu etablieren, das mitten durch die Innenstadt führt. Die Zustimmung des Senates bekamen wir, doch die Polizei zu überzeugen, das war nicht leicht und bedurfte sozusagen höherer Gewalt. Als ich im Sommer 1980 dem damaligen Polizeipräsidenten Klaus Hübner vorgestellt wurde, geschah dies mit den Worten: ,Dort drüben sitzt ein Verrückter – der will durch die Stadt rennen!’ Unsere Streckenführung war das Problem. Der Kurfürstendamm war die Zielgerade, was mit ,Die Straßen sind für die Autos da’ kommentiert wurde.

Tabu war ein anderer Streckenpunkt: Der Checkpoint Charlie, der durch den Läuferstrom abgeschnitten war. Wir sollten eine andere Route vorschlagen, doch ich nahm stattdessen Kontakt auf mit dem Chef der US-Mission, John Kornblum. Der spätere US-Botschafter gab mir Grünes Licht. Er stellte einen Offizier bereit und erklärte, bei Lücken im Läuferfeld könne der Grenzübergang ja trotzdem genutzt werden. Mit der Unterstützung der Amerikaner im Rücken ging ich zurück zu den überraschten Verkehrspolizisten. Als im Mai 1981 die französischen Alliierten mit den ,25 km de Berlin’ den ersten großen deutschen City-Lauf starteten, machte das Mut. Ohne die Hilfe der westlichen Alliierten hätte die Erfolgsstory des Berlin-Marathons nicht beginnen können. 1981 hatte der erste Berlin-Marathon durch die Stadt 3.486 Teilnehmer.

1990 – der erste Lauf durch Ost und West

Dieses Telefonat werde ich nie vergessen: Einen Tag nach dem Fall der Mauer rief mich Michael Coleman an. Der Londoner Sportredakteur der Times, der zuvor mehrmals beim Berlin-Marathon war, redete auf mich ein. ,Du kannst den Berlin-Marathon zum Lauf des Jahres machen, aber die Strecke muss 1990 durch das Brandenburger Tor führen!’ Ich war skeptisch. Doch schon zwei Tage später erhielt diese Idee neue Nahrung. Wir veranstalteten den Crosslauf und hatten plötzlich Läufer aus dem Ostteil am Start. Dann haben wir damit begonnen, den nächsten großen Traum umzusetzen.

Nach Verhandlungen mit vielen Behörden, darunter auch der Ost-Berliner Magistrat, konnte das Rennen am 30. September tatsächlich durch das Brandenburger Tor führen. Wir hatten 25.000 Teilnehmer aus aller Welt, eine TV-Live-Übertragung nach Japan und standen nun in einer Reihe mit unseren großen Vorbildern, den Marathonläufen in New York und London. Dass wenige Tage vor dem Start plötzlich das Brandenburger Tor eingerüstet worden war, ist eine von vielen Anekdoten, die ich in 40 Jahren als Organisator erlebt habe. Wir haben die Politiker davon überzeugt, das Gerüst wieder abbauen zu lassen für den Lauf.

 2001 – Naoko Takahashi und die Folgen

Dass wir in Berlin eine der flachsten und damit schnellsten Marathonstrecken der Welt haben, wussten wir schon in den 80er Jahren. Damals fehlte allerdings das Geld, um die besten Athleten der Welt zu verpflichten und unser Rennen war auch noch nicht so bekannt. Als 1998 der Brasilianer Ronaldo da Costa einen überraschenden Weltrekord in Berlin lief und ein Jahr später die Kenianerin Tegla Loroupe eine Weltbestzeit erreichte, waren dies Meilensteine für die spitzensportliche Entwicklung des Rennens. In der Zwischenzeit war mein Sohn Mark verantwortlich für das Elitefeld. Ihm gelang 2001 die Verpflichtung der Olympiasiegerin Naoko Takahashi.

Mit der Japanerin begann ein neuer Abschnitt, der dann später auch den Weg ebnete, um mit Boston, London, Chicago und New York die World Marathon Majors (WMM)-Serie zu gründen. Naoko Takahashi lief in Berlin als erste Frau unter 2:20 Stunden, damit hatte sie die Traumgrenze durchbrochen. 53 Millionen Japaner verfolgten das Rennen zu Hause am Fernsehen. Seitdem haben wir japanische Sponsoren und Live-Übertragungen in Japan. Der Lauf im Jahr 2001 hatte zudem wieder eine politische Dimension: Nach dem 11. September zogen die Teilnehmer vor dem Start ein Großtransparent mit der Aufschrift ,United we Run’ über ihre Köpfe hinweg. Abgebildet waren die Logos der Rennen aus Berlin und New York.

2003 – Paul Tergat und ein neues Ziel

Besser hätte mein letztes Rennen als Race-Direktor des Berlin-Marathons nicht laufen können. Ich konnte noch eine große Veränderung umsetzen, eine neue Strecke: das Ziel war nun erstmals am Brandenburger Tor und nicht mehr im Bereich des Kurfürstendamms. Bei der 30. Auflage hatten wir erstmals über 30.000 Läufer im Ziel. Paul Tergat krönte das Jubiläum mit einem Weltrekord, unserem vierten seit 1998. Der Kenianer lief die erste Zeit unter 2:05 Stunden. Der Berlin-Marathon hatte damit wiederum Geschichte geschrieben.

Diese Erfolge als Race-Direktor wären nicht möglich gewesen ohne ein hervorragendes Team von Läufern aus vielen Berliner Vereinen, Verbänden, vielen Freunden – und natürlich der eigenen Familie.

race-news-service.com
 

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