Das in diesem Zusammenhang für das Fach Sport erstellte Fachprofil für den Bereich der Primarstufe (Grundschule) ist aus Sicht der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) fachwissenschaftlich und fachdidaktisch inakzeptabel.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann hat den Überblick – INFO & NEWS kurzgefasst: Abschaffung des Sportunterrichts an den Grundschulen?- Neuorientierung der Sportwissenschaft an der Uni Bremen – „Was lernt man im Sportverein?“ – Beitrag in „Sport und Gesellschaft“
Abschaffung des Sportunterrichts an den Grundschulen? Sportwissenschaftler reagieren auf Kultusministerbeschluss
Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat auf ihrer Oktober-Sitzung in Saarbrücken die sog. „Ländergemeinsamen inhaltlichen Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung“ beschlossen. In diesen Richtlinien für die Ausbildung aller Lehramtsstudierenden an den Universitäten und Hochschulen in Deutschland werden für alle Unterrichtsfächer und -bereiche sog. „Fachprofile“ entwickelt, die Ausbildungsinhalte in den verschiedenen Lehramtsstudiengängen vorgeben sollen und damit letztlich auch die Ausgestaltung des Fachunterrichts an den Schulen bestimmen.
Das in diesem Zusammenhang für das Fach Sport erstellte Fachprofil für den Bereich der Primarstufe (Grundschule) ist aus Sicht der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) fachwissenschaftlich und fachdidaktisch inakzeptabel.
In der vorgesehenen Verbindung der Fächer Kunst, Musik und Sport zu einem Bereich „Ästhetische Bildung“ in der Grundschule nehmen Bewegung, Spiel und Sport nur noch eine unbedeutende Nebenrolle ein. Dies spiegelt in keiner Weise den tatsächlichen Stellenwert von Bewegung, Spiel und Sport für die Entfaltung und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wider. Die dvs appelliert daher an die zuständigen Ministerien der Länder, diese Vorgaben der KMK nicht umzusetzen, und fordert die Präsidentin der KMK, die saarländische Bildungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, auf, den Beschluss der KMK zu revidieren.
In der Stellungnahme der dvs mahnt deren Präsident Prof. Dr. Bernd Strauß (Münster) wörtlich: „Der Beschluss der KMK wird den Kindern in ihrer Entwicklung nicht helfen, sondern er wird ihnen schaden. Insbesondere die im Rahmen des Profils 'Grundschulbildung' entwickelten Anforderungen für den Studienbereich 'Ästhetische Bildung: Kunst, Musik, Bewegung' stoßen unter unseren Kolleginnen und Kollegen auf breite Ablehnung. Der Sportunterricht wird damit faktisch abgeschafft. Dies entspricht in keiner Weise den an anderer Stelle von der KMK und den einzelnen Länderministerien getroffenen Aussagen über die Bedeutung von Sport und Bewegung für Kinder im Grundschulbereich.“
Weiter heißt es in der Stellungnahme der dvs zu der neuerlichen Entscheidung der KMK, dass die in vielen Bundesländern geförderten Konzepte der Bewegten Schule oder der täglichen Sportstunde durch die jetzt vorgesehene Einbindung des Faches Sport in den Studienbereich Ästhetische Bildung im Grundschulbereich geradezu konterkariert werden. Darüber hinaus werden von der KMK die Ergebnisse der seinerzeit durch den Deutschen Sportbund (DSB) geförderten sog. „DSB-SPRINT-Studie“ zur Situation des Sportunterrichts in Deutschland bzw. die Erkenntnisse des Zweiten Deutschen Kinder- und Jugendsportberichts offensichtlich vollständig ignoriert, wo die herausgehobene Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport für die Entwicklung von Kindern auf der Grundlage zahlreicher empirischer Studien belegt wird.
Der Sprecher der Sektion Sportpädagogik der dvs, Prof. Dr. Nils Neuber (Münster), fordert sogar angesichts der Ergebnisse dieser Studien: „Nicht die Reduzierung, sondern die Aufstockung von Ausbildungsinhalten im Bereich Sport und Bewegung sind aus unserer Sicht die logische Konsequenz aus diesen Befunden“.
Die Einführung eines verpflichtenden Moduls „Bewegung, Spiel und Sport“ für Primarstufenstudierende aller Studienrichtungen ist aus Sicht der dvs zwingend notwendig, um die Entwicklung von Grundschülern heute adäquat zu fördern. Die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft sichert ihre konstruktive Mitwirkung zu, um die von der KMK angestrebte, bislang jedoch nicht zufriedenstellend umgesetzte Einbindung fachwissenschaftlicher und fachdidaktischer Kompetenz bei der Ausgestaltung dieser inhaltlichen Anforderungen zu realisieren. Der Wortlaut der vollständigen Stellungnahme der dvs ist im Internet unter www.sportwissenschaft.de abrufbar.
Neuorientierung der Sportwissenschaft an der Uni Bremen
Das Institut für Sportwissenschaft/Sportpädagogik im Fachbereich Kulturwissenschaften an der Universität Bremen hat sich die Aufgabe gestellt, eine neue Orientierung für die Sportwissenschaft im Bundesland Bremen zu entwickeln. Dazu soll auch eine mehrteilige Ringvorlesung im laufenden Wintersemester 2008/2009 beitragen.
Sie dient dem Austausch wissenschaftlicher und politischer Argumente und der Erfüllung von Voraussetzungen und Erwartungen auf diem Wege. Insgesamt sechs namhafte Referentinnen und Referenten wollen in ihren öffentlichen Vorträgen so neue Perspektiven für das Fach Sportwissenschaft und insbesondere für „Bewegung – Bildung – Gesundheit“ (so der Titel der Veranstaltungsreihe) aufzeigen. Dazu wird am Dienstag, dem 6. Januar 2009 um 18 Uhr Dr. Uwe Gomolinsky (Universität Stuttgart) sprechen über „Früh übt sich … – Sportengagement und riskanter Lebensstil im Jugendalter“.
Beschlossen wird die Reihe am Dienstag, 3. Februar 2009 mit Prof. Dr. Käte Meyer-Drawe (Ruhr-Universität Bochum); ihr Thema lautet: „Der menschliche Leib: vergessen, verraten und verkauft“. Die genaue Aufstellung aller Themen und Termine der Ringvorlesung sowie aktuelle Informationen zum Bremer Sportinstitut auch im Internet unter www.spowi.uni-bremen.de.
„Was lernt man im Sportverein?“ – Beitrag in „Sport und Gesellschaft“
Das zweite Heft des fünften Jahrgangs der Zeitschrift „Sport und Gesellschaft“ ist erschienen. Das Organ der Sektion Sportsoziologie der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) bringt Beiträge aus den sportwissenschaftlichen Teildisziplinen Sportsoziologie, zur Sportphilosophie, zur Sportökonomie und zur Sportgeschichte.
Die aktuelle Ausgabe enthält insgesamt vier Aufsätze, darunter einen des Paderborner Sportsoziologen Dr. Stefan Hansen, der sich der Frage widmet: „Was lernt man im Sportverein?“ Der Autor stellt dazu Ergebnisse einer größeren empirischen Studie zu Lernprozessen in Vereinen vor und kann nachweisen, dass „Mitglieder durch ihre Vereinsaktivitäten eine Reihe von Kompetenzen erwerben können, die ihnen nicht nur das Handeln innerhalb des Vereins ermöglichen, sondern auch in anderen Kontexten, z.B. der Berufswelt, anwendbar sind“.
Die Zeitschrift „Sport und Gesellschaft“ erscheint im Verlag Lucius & Lucius, 70184 Stuttgart, Goethestraße 51, Email lucius@luciusverlag.com; weitere Informationen auch im Internet unter: www.luciusverlag.com.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann – Sportwissenschaftler an der Leibniz Universität Hannover
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