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15
01
2009

Berglaufen ist keineswegs gefährlicher als eine Bahn- oder Straßenlauf-Veranstaltung! Nicht zuletzt hat German Road Races Qualitätsstandards für Lauf-Veranstaltungen verfasst, die nicht nur bindend sein sollten für die GRR-Mitglieder, sondern für alle 4000 Laufveranstaltungen in Deutschland.

Berglaufen ist nicht gefährlicher als….. ! Qualitäts- und Sicherheitskriterien für Berglauf-Veranstaltungen* – von Wolfgang Münzel und Wilfried Raatz

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Wir erinnern uns, Mitte Juli 2008 kamen nach einem Wettersturz beim Zugspitz-Extrem-Berglauf zwei geübte Läufer ums Leben, während andere mit starken Unterkühlungen behandelt oder in die umliegenden Krankenhäuser gebracht werden mussten. Ist Berglaufen nun eine besonders gefährliche Disziplin? 

„Es ist falsch, den Berglauf allgemein als eine gefährliche Disziplin darzustellen“, sagt Münzel, der in seiner Aktivenzeit selbst zu den weltbesten Bergläufern zählte, heuer als Berater Berglauf beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) und „Competition Director“ beim Berglauf-Weltverband (WMRA) leitende Positionen einnimmt. „Wir sind zuvorderst bemüht, bei unseren Meisterschaften, aber auch bei allen anderen Veranstaltungen im Mittelgebirge und im hochalpinen Bereich faire Strecken anzubieten, damit Leib und Leben für die Athleten nicht in Gefahr ist. Unsere Aufgabe ist es unter anderem, auf die Organisatoren einzuwirken, dass gefährliche Streckenpassagen entschärft werden!“

Beispiele im Spitzenbereich sind das eine, die vielen eher breitensportlich angelegten Veranstaltungen wie der „Zugspitz-Extremlauf“ betreffen die vielen Hobbyläufer und sind das andere. „Das Problem ist, dass viele Läufer einfach nicht auf einen derartigen Lauf richtig vorbereitet sind und somit die Disziplin in Misskredit bringen. Es geht immer stärker um die Begriffe Abenteuer und Herausforderung vor der natürlich im Berglaufen zumeist bei Veranstaltungen im Hochgebirge stets spektakulären Kulisse! Dass es sich bei einem Lauf wie an der Zugspitze um eine Extrembelastung für den Organismus handelt, das wird dabei zumeist vergessen“.

Vehement weist Münzel die Forderung nach einer „Kleiderordnung“ bei Bergläufen im Hochgebirge zurück. „Die Veranstalter haben in der Ausschreibung in der Regel den Vermerk nach einer angemessenen Bekleidung eingetragen. Aber welcher Veranstalter ‚kontrolliert’ die Bekleidung am Start? Ich denke, das kann und darf auch nicht erfolgen!“

Aber Münzel appelliert zugleich an die Eigenverantwortung der Läufer. „Es gehört zur persönlichen Vorbereitung, dass sich jeder Läufer über mögliche Risiken informiert und seine Laufbekleidung entsprechend wählt“. Dass allerdings auch die Veranstalter in immer stärkerem Maße mit der Unvernunft der Läufer, oder sollte man nicht besser „Touristen“ sagen, rechnen müssen, das wird spätestens seit den dramatischen Ereignissen am höchsten deutschen Berg deutlich.

Berglaufen ist keineswegs gefährlicher als eine Bahn- oder Straßenlauf-Veranstaltung! Nicht zuletzt hat German Road Races Qualitätsstandards für Lauf-Veranstaltungen verfasst, die nicht nur bindend sein sollten für die GRR-Mitglieder, sondern für alle 4000 Laufveranstaltungen in Deutschland. Qualität der Veranstaltung ist das eine, der Trainingszustand der Läufer das andere, das letztlich entscheidet über das wohlbehaltene Ankommen der Läuferklientel.

Die Berglauf-Fachleute Wolfgang Münzel und Wilfried Raatz haben Qualitäts- und Sicherheitskriterien für Berglauf-Veranstaltungen erstellt, die für die angemeldeten Veranstaltungen zumindest im Verbandsgebiet des DLV und seiner Landesverbände Gültigkeit erlangen sollen.

Qualitäts- und Sicherheitskriterien für Berglauf-Veranstaltungen*
*Genehmigung durch den DLV bzw. die entsprechenden Landesverbände (Stand: 6.11.2008)

I Allgemeines
–    Als Berglauf gelten Läufe/ Veranstaltungen, die auf Straße, Forst- und Naturwegen und Alppfaden durchgeführt werden und eine gewisse Höhendifferenz aufweisen. Steigungen und Gefällstrecken sollen dabei nicht über 25 – 30 % haben. Klettersteige sind nur dann einzubeziehen, wenn diese ein Höchstmaß an Sicherheit (Handlauf, Seile und Netze) bieten und nur einen kurzen Abschnitt der Gesamtdistanz ausmachen.
 
–    Die zur Austragung kommenden Bergläufe müssen über die zuständigen Gremien (Landesverband und DLV) zur Genehmigung vorgelegt werden.

–    Eine Ausschreibung mit detailliertem Anforderungsprofil ist als Programm bzw. im Internet zu veröffentlichen und ggf. auf Streckenbesonderheiten hinzuweisen. Hierbei ist es unerlässlich, Kategorien wie „Einsteigerlauf“, „für geübte Bergläufer“ und weitere Kennzeichnungen zu verwenden.

–    Bei vorhersehbarer Wetterverschlechterung sind Schlechtwettervarianten und Streckenverkürzungen, ggf. Absage des Laufes (Kompetenzhierarchie klären) einzuplanen.

–    In die Anmeldung ist eine Bestätigung über ein absolviertes der Streckenlänge angemessenes und ausreichendes Training sowie einer durchgeführten medizinischen Untersuchung (Gesundheits-Check) einzufügen. Bei Online-Anmeldungen ist dies als Pflichtfeld bei den Teilnahmebedingungen einzufügen, bei der Print-Anmeldung als Ankreuzkästchen.        


II Organisation

–    Einhaltung der vom DLV festgesetzten Regeln (Mindestalter, Klasseneinteilung)

–    Auswertung nach LAO/VAO und bei „Massenveranstaltungen“ gebräuchlichen Anforderungen (Gesamtliste, zusätzlich Gliederung nach Geschlecht und Altersklassen), Zeitangaben in Stunden, Minuten und Sekunden

–    Veröffentlichung von Wettervorhersagen und –prognosen bei länger an-dauernden Läufen (Internet, Aushang, Ankündigung in der Vorstartphase)

–    Veröffentlichung von Start- und Ergebnislisten (Aushang, Internet)

–    Presse- und Medienbetreuung (Personal, technische Einrichtung

–    Gegenseitige Unterstützung bei Veranstaltungswerbung (Auslage von anderen Laufveranstaltungen)
–    Ansprechende Siegerehrung

–    Zusätzliches Laufangebot für Kinder und Jugendliche (unter Beachtung der Topographie)

–    Durchgängige ärztliche und sanitätsdienstliche Betreuung (Rettungsdienste, Bergwacht) mit Funküberwachung bei Notfällen

–    Ausreichende Vorhaltung von Toiletten im Start- und Zielbereich, ggf. auf der Strecke

–    Gesicherte Aufbewahrung des Gepäcks, Kleidertransport vom Start zum Ziel

III Strecke
–    Streckenvermessung, Markierung aller Kilometer, wenn möglich jeweilige Höhenangabe, Streckentrassierung

–    Verkehrssichere Strecke (ggf. Abgrenzung zum fließenden Verkehr)

–    Ausreichende Versorgung an den Erfrischungs- und Verpflegungsständen an der Strecke und im Ziel

–    Kennzeichnung von schwierigen Streckenpassagen (u. a. Geröll, Schlamm) oder Einsatz von geeignetem Streckenpersonal

–    Bei zu erwartender Hitze sind besondere Vorkehrungen zu treffen (Startzeit-verschiebung, Erfrischungsstellen ab dem 3 Kilometer, Abstand zu nächsten Erfrischungsstelle nicht größer als 2 Kilometer bzw. 15 bis 20 Lauf- oder Gehminuten)

–    Heiße Getränke, Wärmedecken im Zielbereich vorhalten (bei Läufen im alpinen Bereich auch an einer ausdrücklich gekennzeichneten Position auf der Strecke)

–    Ausreichendes Hilfspersonal (Strecken- und Sanitätsposten) auf der Strecke, Kommunikation zwischen den Streckenabschnitten einrichten

–    Ausreichendes Hilfspersonal im Zielbereich, Bereithaltung eines windgeschützten, beheizbaren Raumes
 

author: GRR

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