Wir bekämen auch eigentlich noch ein Preisgeld von ihm zurück: 30 000 Euro, die er für seinen 100-Meter-Sieg beim Istaf 2002 bekommen hat, also in seiner Dopingzeit.
Meetingchef Janetzky im Interview – Dopingsünder Chambers soll beim Istaf starten – Friedhard Teuffel im Tagesspiegel
Istaf-Chef Gerhard Janetzky spricht im Tagesspiegel-Interview seine Einladung an den früher gedopten Sprinter Dwain Chambers aus: "Es darf für Athleten kein Berufsverbot geben."
Herr Janetzky, Dwain Chambers ist am Sonntag Hallen-Europameister im Sprint geworden. Wegen seiner üppigen Dopingvergangenheit ist er auch nach Ablauf seiner Sperre ausgegrenzt worden. Wird er denn beim Istaf am 14. Juni im Olympiastadion starten?
Das Thema Chambers ist mit sehr vielen Emotionen belastet, die Vereinigung Euro-Meetings hat ein Startverbot empfohlen. Aber ich finde, dass es für Athleten kein Berufsverbot geben darf. Mich stört diese Ungleichbehandlung: Es hat schon viele Athleten gegeben, die nach Ablauf ihrer Sperre starten durften, warum soll man Chambers härter bestrafen als andere?
Wir bekämen auch eigentlich noch ein Preisgeld von ihm zurück: 30 000 Euro, die er für seinen 100-Meter-Sieg beim Istaf 2002 bekommen hat, also in seiner Dopingzeit.
Geht es Ihnen vor allem ums Geld?
Nein. Mir geht es wirklich um die Gleichbehandlung. Ich bin verwundert, dass Chambers plötzlich für viele als Wurzel allen Übels herhalten muss.
Er war in die Balco-Affäre verstrickt, die wohl spektakulärste Doping-Affäre der Leichtathletik.
Ob jemand bei Balco oder Freiburger Ärzten seine Ware bekommen hat, ist doch zweitrangig. Chambers hat gedopt, intensiv sogar. Er hat das aber zugegeben und auch in seiner Biographie nun sehr abschreckend geschildert. Man könnte ihn durchaus zum Zeugen einer Aufklärungskampagne machen.
Haben Sie schon Kontakt zu ihm?
Wir sind von seinem Management angesprochen worden.
Wer könnte beim Istaf gegen ihn laufen?
Ich glaube nicht, dass es einen Boykott gegen ihn geben wird. Usain Bolt wird der Start beim Istaf wahrscheinlich zu anstrengend sein, weil zwischen uns und dem nächsten Meeting der Golden League drei Wochen liegen. Aber ich hoffe, dass ich aus der Gruppe Usain Bolt, Asafa Powell und Tyson Gay einen Athleten für das Istaf gewinnen kann. Ich glaube, dass aus unserem 100-Meter-Feld zwei bis drei Athleten unter zehn Sekunden bleiben können.
Sehen Sie die deutsche Leichtathletik nach den Ergebnissen in der Halle im Aufwind?
Die Leistungen haben mich sehr gefreut. Leider haben wir in diesem Jahr beim Istaf aufgrund der Auswahl der offiziellen Disziplinen den Weitsprung der Männer nicht im Programm, auch nicht den Stabhochsprung der Männer. Dafür gibt es vor der Gegengeraden zum ersten Mal eine Fanzone, bei der die Zuschauer in den Innenraum gehen und dort mit Athleten zusammentreffen können. Bisher konnten Zuschauer den Athleten ja nur zuwinken.
Auf welche deutschen Athleten setzen Sie beim Istaf?
Auf Ariane Friedrich natürlich im Duell mit Blanka Vlasic, aber auch auf die beiden Stabhochspringerinnen Silke Spiegelburg und Anna Battke und auf Verena Sailer im Sprint. Sie war vor zwei Jahren übrigens Praktikantin bei uns im Organisationsteam. Dann kommt noch Carsten Schlangen über 1500 Meter dazu, er ist aus Berliner Sicht der Athlet der Zukunft.
Was ist mit Diskuswerfer Robert Harting?
Den Speerwurf der Männer haben wir als Golden-League-Disziplin auf jeden Fall im Programm. Eine weitere Wurfdisziplin wollen wir hinzunehmen. Dann hätten wir wieder mehr Werfen im Programm als die anderen großen Meetings. Diskuswerfen der Männer ist da eine Option, zumal dieser Wettbewerb im vorigen Jahr der stärkste der Welt war mit besseren Leistungen als bei Olympia in Peking.
Im vergangen Jahr hat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Istaf-Schirmherrschaft verzichtet, weil sie verärgert war über fehlende Startmöglichkeiten für deutsche Werfer. Haben Sie in diesem Jahr eine Schirmherrin oder einen Schirmherrn?
Dieser Platz ist freigehalten für die Bundeskanzlerin. Es war eine gute Tradition, dass der Bundeskanzler die Schirmherrschaft übernimmt. Im vorigen Jahr hat Frau Merkel nun gesagt, dass sie darin keinen Automatismus sieht. In diesem Jahr haben wir sie wieder angefragt.
Das Gespräch führte Friedhard Teuffel. Der Tagesspiegel, Dienstag, dem 10. März 2009