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26
03
2009

So laufen zum Beispiel einige Mädchenteams in züchtigen knielangen Röckchen, ein ungewohntes Bild und trotzdem ansehnlicher Gegensatz zu der heute in den Stadien verwendeten bauchnabelfreien Wettkampfkleidung.

Jambo* aus Kenia – Ein Crosslauf der Schulen – Ein Bericht von Bodo Tümmler – KENIA Teil II.

By GRR 0

Ein friedliches Bild: Kühe weiden vor der Szenerie eines typischen tiefroten, afrikanischen Abendhimmels die letzten verbliebenen Grashalme eines weitläufigen, savannenartigen Geländes ab. Es gehört zu der „Kazi-mingi“-Farm von Kipchoge Keino, dem Goldmedaillen-Gewinner von Mexico 1968, den ich nach 40 Jahren besuche.

Am nächsten Morgen werden hier Hunderte von Schülerinnen und Schülern über verschiedene Distanzen (4km, 8 km) an den Start gehen und als Team ihrer Schule um den begehrten ersten Platz streiten – eine einwöchige Reise zu einigen amerikanischen Universitäten in Oregon, um sich dort als Stipendiaten nach Abschluss ihrer Secondary School zu empfehlen. Der schier endlose Strom von Nachwuchsläufern aus Kenia wird mit dieser Veranstaltung noch professioneller erfasst.

Ideengeber und Organisator ist Martin Keino, der Sohn von Kipchoge, der gerade beginnt, sich als Eventmanager einen Namen zu machen. Als 1500m-Läufer war er bereits mehrmals in Berlin beim ISTAF (Bestzeit 3.34,0 min) gewesen und wird dort im August bei der Weltmeisterschaft einen aufwändigen
Pavillion „Treffpunkt Kenia“ einrichten. Doch zurück zum Crosslauf:

Im Laufe des Vormittags kündigen bereits aus weiter Ferne die roten Staubfahnen über den rumpeligen Pistenstraßen die Schulbusse der Teilnehmer an, während auf den Rennstrecken noch die Hinterlassenschaften der Kühe beiseite gefegt werden und die letzten Absperrbänder gespannt werden. Ein eloquenter Disc-Jockey legt Kenia-Rap auf, der jedoch aufgrund eines aufkommenden Sturms in die falsche Richtung verweht wird. Aufgrund fehlender Zelte verschwinden die einzelnen Teams hinter den Strauchakazien und wechseln den feinen Zwirn ihrer Schuluniformen gegen die bunten Renntrikots unterschiedlicher Qualität.

So laufen zum Beispiel einige Mädchenteams in züchtigen knielangen Röckchen, ein ungewohntes Bild und
trotzdem ansehnlicher Gegensatz zu der heute in den Stadien verwendeten bauchnabelfreien Wettkampfkleidung. Vereinzelt werden Spikes angezogen, die Mehrzahl trägt Turnschuhe, viele laufen aber auch barfuss. Die umfangreichen Meldelisten zu den einzelnen Läufen werden erst kurz vor dem Start handschriftlich verfasst, so dass sich der Start immer wieder verzögert, was aber der fröhlichen erwartungsvollen Stimmung keinen Abbruch tut.

Als dann die einzelnen Schulriegen an der Startlinie diszipliniert Aufstellung genommen haben, geht´s dann endlich mit dem Lauf der Mädchen über 4 km los. Das Feld zieht sich schnell auseinander und es ist tröstlich zu erfahren, dass nicht jede Läuferin und jeder Läufer aus Kenia gleich Weltklasse ist. Auf die Teamleistung wird sehr viel Wert gelegt.

Bezeichnenderweise basiert die lukrativste Auszeichnung ja auch auf einer Mannschaftsleistung. Die Auswertung erfolgt nach der guten Vorbereitung vor dem Lauf sehr schnell und kompetent. Die Läufe der Schüler laufen nach dem gleichen Muster ab, so dass bald alle Teilnehmer umgezogen im Gras sitzen und die Siegerehrung von den Sponsoren vorgenommen wird.

Martin Keino hält eine wirklich gute, pädagogisch fundierte Rede und bittet dann Daniel Komen, dem Weltrekordler über 5000m und mehrfachen Olympiasieger, dessen Kühe übrigens von der benachbarten Weide rüberglotzen, einige Worte an die Schüler zu richten. Da er auf Kisuaheli spricht, habe ich vom Inhalt Nichts mitbekommen, doch es war schon erstaunlich, wie diszipliniert oder interessiert die Schüler unter sengender Sonne seinem ca. 30minütigem Vortrag lauschten. Eindrücklicher kann man den Nachwuchsläufern
allerdings auch nicht vermitteln, wie über den Sport der soziale Aufstieg erreichbar ist, gehören die Ländereien ringsum zum größten Teil den Weltklasseläufern Kenias.

Um einen drohenden Sonnenstich zu umgehen, zog ich mich gegen Ende der Rede in den Schatten eines Baumes zurück und konnte dann am Aufblitzen der Pokale erkennen, dass die Trophäen in die richtigen Hände übergeben wurden und stolz zu den Schulbussen getragen wurden, die dann wieder mit riesigen Staubfahnen in flirrender Hitze davonbrausten.

Es war eine grass-roots-Veranstaltung, deren Ablauf nicht deutlicher ihrem Namen gerecht werden konnte. Übrigens werden eine Woche später die Primary-Schools ihre Teams ins Rennen schicken.

Doch zwischendurch gehört das Areal wieder den Kühen.

Bodo Tümmler

* Jambo – Suaheli: "Guten Tag"

Anmerkung der GRR Redaktion zu Bodo Tümmler: Bodo Tümmler gewann von 1964 – 1972 15 Deutsche Meisterschaften (7x 1500m, 2x Waldlauf-Kurzstrecke, 3x Staffeln, 1x 1500m Halle, 2x Junioren). Er war 1965 und 1967 Studenten-Weltmeister über 1500m, 1966 in Budapest Europameister über 1500m und Bronzemedaillengewinner über 800m, 1968 Olympiadritter über 1500 m in Mexico City.

BL: 800m: 1:46.3 (1966) – 1.000m: 2:16.5 (1966) – 1.500m 3:36.5 (1968) – 1 Meile: 3:53.8 (1968) – 5.000m: 13:49.6 (1968) – Marathon: 2:34:73 (1973)

„Das Land deiner Sieger“ – Die großen Berliner Läufe und die vielen Sieger aus Kenia – Horst Milde berichtet – KENIA Teil I.

KENIA Teil 1

author: GRR

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