Fifa und Uefa haben daher die Wada aufgefordert, ihre Position zu überdenken. Doch die denkt im Moment gar nicht daran. „Eines der wichtigsten Elemente von effizienten Dopingkontrollen ist der Überraschungseffekt“, sagte Wada-Präsident John Fahey.
Urlaub vom Dopingkampf – Die Fifa akzeptiert das neue Kontrollsystem der Wada nicht und findet Kontrollen im Urlaub unzumutbar. Damit riskiert sie einen Ausschluss von Olympia. – Friedhard Teuffel im Tagesspiegel
Berlin – Olympische Spiele ohne Fußball – so weit könnte es kommen, wenn sich der Internationale Fußball-Verband Fifa weiter mit der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada streitet. Beide Seiten unternehmen gerade das Nötige, um diesen Fall eintreten zu lassen. Sie bleiben nämlich hart.
Die Fifa akzeptiert das neue Kontrollsystem der Wada nicht. Doch wer gegen den Code der Wada verstößt und damit gegen die IOC-Charta, könnte vom Internationalen Olympischen Komitee von den Spielen ausgeschlossen werden, drohte Wada-Generaldirektor David Howman gegenüber der Nachrichtenagentur „Reuters“. Das IOC forderte die Fifa auf, den Wada-Code in den kommenden sechs Wochen in vollem Umfang umzusetzen. IOC-Präsident Jacques Rogge sagte aber auch: „Wenn es nötig ist, die Regeln für Mannschaftssportarten noch einmal zu ändern, wird die Wada das sicher untersuchen.“
Aufenthaltsorte müssen drei Monate im Voraus gemeldet werden
Das neue Kontrollsystem der Wada gilt seit dem 1. Januar dieses Jahres und legt den Fußballern auf, drei Monate im Voraus ihre Aufenthaltsorte zu melden. Damit geht es ihnen immer noch besser als den Athleten aus den sogenannten Hochrisikosportarten des Dopings, also etwa Radfahren oder Leichtathletik. Die müssen inzwischen eine Stunde am Tag angeben, in der sie auf jeden Fall für die Kontrolleure erreichbar sind.
Den Fußballern ist aber auch ihre neue Aufgabe zu viel. „Wir kämpfen zusammen gegen Doping, aber dürfen nicht plötzlich eine Hexenjagd veranstalten“, sagte Fifa-Präsident Joseph Blatter. „Wir sind der internationale Verband, der wahrscheinlich am meisten unternimmt, aber wir brauchen auch etwas Privatsphäre für unsere Spieler.“ Zum Beispiel im Urlaub. Der falle ohnehin kurz aus, deshalb sind Kontrollen im Urlaub für die Fifa „im Sinne der Wahrung der Privatsphäre inakzeptabel“. Es gebe für die Fußballer auch einen Unterschied zu den Einzelsportlern: Mannschaftssportler seien sechs Tage pro Woche im Stadion und damit einfach aufzufinden.
Wada baut auf Überraschungseffekt
Fifa und Uefa haben daher die Wada aufgefordert, ihre Position zu überdenken. Doch die denkt im Moment gar nicht daran. „Eines der wichtigsten Elemente von effizienten Dopingkontrollen ist der Überraschungseffekt“, sagte Wada-Präsident John Fahey. Wenn Fifa und Uefa nur Kontrollen auf den Trainingsplätzen wollen und auch nicht während der Ferien, „ignorieren sie die Wirklichkeit des Dopings im Sport“. Schließlich habe die Erfahrung gezeigt, dass betrügerische Athleten jede Gelegenheit zum Dopen nutzen, wenn sie glauben, nicht getestet zu werden. David Howman sagte: „Das ist ein bedeutender Angriff auf das System.“
In Deutschland müssen nur Nationalspieler ihre Aufenthaltsorte drei Monate im Voraus angeben, andere Bundesligaspieler sind von dieser Regel nicht betroffen. Für sie kann der Verein Meldungen abgeben. Die Nationalspieler hätten sich bisher an die neue Regel gehalten, „mir ist jedenfalls nichts Gegenteiliges bekannt“, sagte Ulrike Spitz, die Sprecherin der Nationalen Anti-Doping-Agentur Nada. Die Ein-Stunden-Regel wollte die Nada genauso wenig haben wie das Bundesinnenministerium und der Deutsche Olympische Sportbund, dennoch muss sie sie umsetzen. Dass nun Fußball-Nationalspieler drei Monate im Voraus ihre Angaben machen, sei „sehr sinnvoll, um ein effektives Kontrollsystem zu gewährleisten“, sagte Spitz. „Es gibt keine Alternative.“
Friedhard Teuffel im Tagesspiegel, Donnerstag, dem 26. März 2009
Kommentar – Die Muskeln des Fußballs – Friedhard Teuffel erklärt, warum Olympia auf einen Sport verzichten soll, der die Dopingbekämpfung nicht ernst nimmt und für sich Sonderrechte beansprucht.
Kleine Zänkereien zwischen dem Fußball und Olympia sind im Sport längst zur Gewohnheit geworden. Etwa: Müssen die Vereine Spieler für Olympia freistellen? In London 2012 bei den nächsten Sommerspielen könnten solche Diskussionen ausfallen. Weil der Fußball nicht mehr dabei ist.
Darauf legt es der Weltverband Fifa gerade an. Das neue Dopingkontrollsystem will die Fifa so nicht hinnehmen. Und sie hat in der Tat recht mit der Begründung, dass die Dopingkontrollen einen Eingriff in die Privatsphäre bedeuten. Nur existiert leider kein anderes Modell, das Doping wirksam eindämmen könnte. Und geradezu putzig ist die Forderung des Fifa-Präsidenten nach einem Urlaub ohne Dopingtests. Schöne Ferien!
Wenn die Fifa bei ihrer Haltung bleibt, gibt es nur eine Möglichkeit: den Fußball von Olympia auszuschließen. Der Fußball kann es sich vielleicht noch leisten, Doping halbherzig zu bekämpfen. Die Olympischen Spiele schon lange nicht mehr. Mit aller Konsequenz muss das IOC daher seine Regeln umsetzen. Auch auf die Gefahr hin, bei den Spielen einige Helden zu verlieren.
Der Fußball dagegen hat kaum etwas zu verlieren und glaubt daher wieder einmal, sich alles herausnehmen zu können. Der deutsche Verbandspräsident Theo Zwanziger spricht von einer „argumentativen Sonderrolle“ und „Spezifika des Fußballs“. Welche Spezifika? Gerade erst hat sein Verband Defizite in der Dopingbekämpfung beheben müssen. Doping nicht ernst zu nehmen, das ist die Sonderrolle des Fußballs.
Der Tagesspiegel vom Donnerstag, dem 26. März 2009