Maßarbeit – Anmerkungen zu Mika Kogos Weltrekord über 10 km am letzten Sonntag in Brunssum – Helmut Winter berichtet

Sehr überraschend kam die Meldung eines neuen Weltrekords über die 10 km Distanz auf der Straße, den Micah Kogo (Kenia) mit 27:01 im niederländischen Brunssum am letzten Sonntag aufstellte. Dabei er unterbot er die alte Bestmarke von Haile Gebrselassie (Äthiopien) um eine Sekunde, die der Superstar der Laufszene bereits im Dezember 2002 in Doha/Katar aufstellte.

Während die groß angekündigten Jagden nach den Weltrekorden über die halbe und volle Marathondistanz in Ras Al Khaimah, Den Haag, Lissabon sowie Dubai durch die absolute Elite scheiterten, gab es fast ohne vorherige Ankündigung eine neue Bestleistung beim Parelloop am 29. März 2009 in der Innenstadt von Brunssum. Damit verliert Haile Gebrselassie nach dem Weltrekord über den Halbmarathon eine weitere Bestmarke im Straßenlauf an einen Kenianer, die allerdings wegen der Kritik von Schrittmacherdiensten eines begleitenden Fahrzeugs stets etwas umstritten war.

So unerwartet die Nachricht von Kogos Weltrekord war, ganz überrascht dürften Kenner der internationalen Szene von dem Resultat nicht gewesen sein, denn erst vor zwei Jahren scheiterte der gleiche Athlet mit 27:07 an gleicher Stätte nur denkbar knapp an der Rekordmarke. Mit der Unterstützung seines Landsmanns Abraham Chebii, der Kogo in der ersten Hälfte des Rennens maßgeblich unterstützte, wurde das Unternehmen Weltrekord letztlich eine Maßarbeit, die nur durch ein sehr schnelles Finish glückte.

Dass Kogo sicherlich zur Weltspitze über die 10 km zu zählen ist, belegt seine Bestzeit von 26:35.63 auf der Bahn, die er 2006 in Brüssel aufstellte und die Jahresweltbestleistung war, bei den Olympischen Spielen in Beijing 2008 wurde er hinter den Äthiopiern Bekele und Sileshi Dritter.

In einer kurzen Analyse des Laufs, die auf vom Veranstalter mitgeteilten Zwischenzeiten basiert (siehe auch Grafik), wurde der neue Rekord in einem recht ungleichmäßig gestalteten Rennen erzielt. Während die ersten beiden km in fast perfekten 2:41.0 und 2:40.0 zurückgelegt wurden, brach das Tempo danach regelrecht ein und Splits von 2:46.3 (3 km) und 2:49.2 (4 km) schienen bereits auf ein Scheitern der Rekordjagd zu deuten. Dann aber gab es mit 2:36.3 eine massive Tempoverschärfung, mit der man die 5 km Marke in 13:32.8 passierte. Damit lag man zwar gut 6 Sekunden unter der Durchgangszeit von 13:39 bei Hailes Weltrekord, wobei aber in Doha die zweite Hälfte in 13:23 zurückgelegt wurde.

Nach perfekten 2:40.4 bei 6 km wurde es noch mal spannend, da das Tempo wieder langsamer wurde (2:42.6, 2:42.8, 2:43.4). Auf dem letzten km dann ein gewaltiges Finish, das mit 2:38.0 letztlich neuen Weltrekord in 27:01 durch Micah Kogo bedeutete. Diesbezüglich bleibt noch anzumerken, dass sein Landmann Eliud Kipchoge beim Silvesterlauf 2006 in Madrid mit 26:54 bereits unter der 27 Minutengrenze blieb. Diese Leistung fand aber keine Anerkennung, da die Strecke in Madrid mit 705 m am Start und 650 m im Ziel ein zu hohes Gefälle aufweist und bis 8 km sogar bis auf 610 m abfällt (dies erklärte auch die seinerzeit außergewöhnliche Zwischenzeit von 13:16 bei 5 km).

Nach Lage der Dinge dürfte sich Haile Gebrselassie nicht kampflos aus dem Geschehen zurückziehen. Bereits vor der Kunde aus Brunssum hatte er angekündigt, einen weiteren Weltrekordversuch in diesem Jahr zu starten, diesmal über die 10 km auf der Straße beim Great Manchester Run am 17. Mai 2009. Dort hatte er bereits im Jahr 2005 in 27:25 gesiegt, und durch das Resultat von Kogo hat der Lauf zusätzliche Aktualität gewonnen.

Und wie es der Zufall will, ist Micah Kogo auch in Manchester kein Unbekannter. Im Jahr 2007 erzielte er bei der gleichen Veranstaltung mit 27:21 einen neuen Streckenrekord und steigerte auch dort Hailes Bestmarke.

Helmut Winter