Vor einigen Wochen beim Werfer-Cup in Wiesbaden wurde der weiteste Wurf mit 66,93 Meter vermessen. So gut ist Harting noch nie in den Sommer gestartet. „Ich hatte mit etwas weniger gerechnet“, sagte der 24 Jahre alte Weltmeisterschaftszweite und Olympiavierte.
Trainer bleibt Trainer – Die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft könnte Diskuswerfer Robert Harting jetzt ein bisschen leichter fallen. Denn sein belasteter Trainer bleibt auch ganz offiziell sein Trainer, danach sieht es nun aus. Uwe Martin im Tagesspiegel Von Uwe Martin
Berlin – Trainer Werner Goldmann war von einem Athleten beschuldigt worden, ihm in der DDR Dopingmittel verabreicht zu haben. Weil Goldmann auch Bundestrainer ist, verlängerte der Deutsche Leichtathletik-Verband daraufhin den Vertrag mit ihm nicht. Es kam zu einem Arbeitsgerichtsverfahren. Doch inzwischen ist eine Lösung absehbar: Goldmann hat sich in einem Brief zu seiner Vergangenheit geäußert und eine Kommission des DOSB, des Deutschen Olympischen Sportbundes, empfahl nun seine Weiterbeschäftigung.
Jetzt müssen nur noch die Präsidien des DOSB und des Leichtathletik-Verbandes zustimmen, dann wird Goldmann wieder mit staatlichen Mitteln bezahlt. Das wäre eine Nachricht, die gut zum Saisoneinstand des Berliners Harting passen würde. Vor einigen Wochen beim Werfer-Cup in Wiesbaden wurde der weiteste Wurf mit 66,93 Meter vermessen. So gut ist Harting noch nie in den Sommer gestartet. „Ich hatte mit etwas weniger gerechnet“, sagte der 24 Jahre alte Weltmeisterschaftszweite und Olympiavierte.
Weil ihm das Trainingslager in Portugal „noch in den Knochen steckte“; weil es im Rücken zwickt bei der Drehung im Ring, „vielleicht kommt dies von einer Entzündung im Beckenkamm“. Der Mann ist in Form, keine Frage, und Harting lässt sich nicht beeindrucken von den Frühjahrswettkämpfen um 70 Meter, die Olympiasieger Gerd Kanter (Estland) im Dreierpack hingelegt hat.
Harting hat abgenommen, sechs, sieben Kilogramm, um seine verletzungsanfälligen Füße zu schonen, „die können jetzt etwas durchatmen“. Vor zwei Wochen bei den Werfertagen in Halle kam er dann zwar nur auf 64,78 Meter, aber das war immerhin noch über der Qualifikationsnorm für die WM, und Reserven spürt Harting ohnehin noch. „Ich habe so meine technischen Probleme, doch es ist ja noch Zeit bis zum Sommer in Berlin.“
Wäre da nur nicht der Schatten des Trainers und dessen Vergangenheit gewesen. „Ich bin das Thema ein bisschen leid“, sagt Harting. Er hatte sich auch über den Deutschen Leichtathletik-Verband beklagt, der die Athleten im Stich lasse. Und wie ist es mit WM-Stimmung? Vorfreude auf die Titelkämpfe im Olympiastadion vom 15. bis 23. August? Harting weiß nicht so recht, was er antworten soll. „Irgendwo aufregend“ sei die aktuelle Warmlaufphase, andererseits: „Die Stimmung in den letzten drei, vier Monaten war ernüchternd.“
Auch Harting hat sich schriftlich für die Wiedereinstellung von Goldmann eingesetzt, nach wie vor bewertet er das Vorgehen des DLV als „Politikum“. Und „der Sache“, wie er sagt, wollte er „mit guten Leistungen einen Arschtritt geben“. Bei 68,65 Meter schlug der Diskus von Harting im Olympiajahr auf, demnächst soll die Scheibe mindestens genauso weit segeln. „Ich will der jüngste 70-Meter-Werfer alle Zeiten werden“, sagt er. „Und da habe ich nur noch dieses Jahr Zeit.“
Eine Gelegenheit zum Weitwerfen hat er am übernächsten Wochenende beim Istaf, der WM-Probe im Berliner Olympiastadion. Im vergangenen Jahr hatte er dort 67,70 geworfen, persönliche Bestleistung.
Bei 126 Kilogramm hat sich sein Kampfgewicht eingependelt, und weil er etwas weniger auf die Waage bringt, müsse er noch mehr auf die Technik achten. Während der fünf Werktage nimmt Harting keine Fette und keinen Zucker mehr zu sich, am Wochenende gilt dann allerdings „all you can eat“.
Die Empfehlung der Kommission, seinen Trainer weiterzubeschäftigten, wird seinem Appetit sicher guttun.
Uwe Martin im Tagesspiegel, Freitag, dem 5 . Juni 2009