Der Unternehmer Werner Gegenbauer, der seiner Heimatstadt Berlin damals sogar eine Olympiabewerbung finanzieren wollte, kaufte die Veranstaltung, befeuert von Patriotismus und Sportbegeisterung, aus dem Konkurs und reanimierte sie gemeinsam mit Janetzky. Obwohl das Tischtuch zerschnitten ist zwischen Gegenbauer und Prokop, zwischen Istaf und Leichtathletikverband, seit sie vor vier Jahren gemeinsam den Zuschlag für die WM 2009 gewannen, fühlten sich die Veranstalter an ihre Zusage gebunden, das Istaf bis zur WM zu erhalten. Damit ist es nun vorbei.
Leichtathletik-Kommentar – Blaues Wunder – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – Trübe Aussichten: Das Istaf ist in Gefahr
15. Juni 2009 Ab jetzt werde nachgerechnet, heißt es beim Leichtathletik-Sportfest Istaf, ab jetzt gelten wirtschaftliche Fakten. Als Gerhard Janetzky Bilanz zog seiner Veranstaltung vom Sonntag mit dem deutschen Rekord der Hochspringerin Ariane Friedrich von 2,06 Meter (siehe auch: Ariane Friedrich: Hoch gepokert, alles gewonnen und Istaf: Friedrich höher – Bekele schneller – Kleinert weiter), mit 64.000 Zuschauern im Stadion und mit der Einschaltquote von fast zehn Prozent (das entspricht mehr als 1,1 Millionen Fernsehzuschauern), könnte er einen Schlussstrich unter die traditionsreiche Veranstaltung gezogen haben.
Vielleicht wird Berlin 2010, im Jahr eins nach der Leichtathletik-Weltmeisterschaft, kein Sportfest von Rang mehr zu bieten haben. Die Aktionäre der neuen Diamond League jedenfalls haben den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), der in der vergangenen Woche in Person seines Präsidenten Clemens Prokop als Retter des Sports und des Stadions einspringen wollte, abblitzen lassen. Ihnen ist der DLV als Gesellschafter der neuen Leichtathletik-Tour nicht willkommen. Während Prokop diese Backpfeife hinnehmen muss für seinen Frühstart, zeigt Janetzky der Diamanten-Liga die kalte Schulter. Er will offenbar nicht mitspielen.
Fernsehpräsenz als Problem
Er kann es auch nicht. Denn die Deutschen, ob Verband oder Istaf, haben keinerlei Fernsehpräsenz sicher. Während sie darauf warten müssen, ob sich erstes und zweites Programm im Herbst für Leichtathletik entscheiden oder dagegen, macht Janetzky deutlich, dass er ohne TV-Vertrag mit dem Istaf nicht einmal aus dem riesigen Olympiastadion in das kleine Jahn-Stadion umziehen, sondern Schluss machen will damit.
Eine kaufmännische Kalkulation kann offenbar keine Basis für ein Leichtathletik-Sportfest im Berliner Olympiastadion sein. Darauf deutet auch die jüngste Vergangenheit hin. 2002 ging das Istaf in die Insolvenz und ruinierte die deutsche Bewerbung um die Leichtathletik-WM 2005. Der Unternehmer Werner Gegenbauer, der seiner Heimatstadt Berlin damals sogar eine Olympiabewerbung finanzieren wollte, kaufte die Veranstaltung, befeuert von Patriotismus und Sportbegeisterung, aus dem Konkurs und reanimierte sie gemeinsam mit Janetzky.
Obwohl das Tischtuch zerschnitten ist zwischen Gegenbauer und Prokop, zwischen Istaf und Leichtathletikverband, seit sie vor vier Jahren gemeinsam den Zuschlag für die WM 2009 gewannen, fühlten sich die Veranstalter an ihre Zusage gebunden, das Istaf bis zur WM zu erhalten. Damit ist es nun vorbei.
Gegenbauer hat ein neues Hobby
Gegenbauer hat eine neue Leidenschaft gefunden. Seit gut einem Jahr ist er Präsident des Fußball-Bundesligavereins Hertha BSC. Dessen Mannschaft und vor allem dessen Fans finden, dass die blaue Laufbahn – die der Steuerzahler sich 14 Millionen Euro hat kosten lassen – viel zu viel Distanz schafft, um den Heimvorteil im Olympiastadion richtig auszunutzen.
Gibt es nach der WM kein regelmäßiges Sportfest im Olympiastadion, könnte die Forderung massiv werden, sie zugunsten von fünftausend Sitzplätzen und Riesenstimmung herauszureißen.
Es könnte ausgerechnet Werner Gegenbauer sein, der Mann also, der die Leichtathletik-WM nach Berlin holte, der diese Forderung vertreten muss.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Montag, dem 15. Juni 2009
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