Regierungschef Klaus Wowereit appelliert an die Berliner, die Leichtathletik-Weltmeisterschaften im August zu besuchen. Einen Monat vor Beginn des in 170 Länder übertragenen Spektakels soll eine Kampagne Stimmung machen.
Leichtathletik-WM – Mit Schwung zum Start – Lars von Törne im Tagesspiegel
In einem Monat findet in Berlin das wichtigste Sportereignis des Jahres statt – aber von den Bewohnern der Stadt interessiert sich bislang erst ein Drittel für die Leichtathletik-WM, wie Infratest Dimap vor einigen Tagen ermittelt hat. Ein weiteres Drittel interessiert sich „weniger“ für das Ereignis, das vom 15. bis 23. August aus dem Olympiastadion in bis zu 170 Länder übertragen werden soll, das letzte Drittel interessiert sich „gar nicht“ dafür.
Das soll sich in Kürze ändern, wenn es nach dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und den Organisatoren des Spektakels geht: Eine millionenschwere Werbekampagne soll in den verbleibenden vier Wochen bis zum WM-Beginn auch denjenigen Berlinern, die keine eingeschworenen Leichtathletik- Fans sind, die Bedeutung der achttägigen Weltmeisterschaften vermitteln.
„Wir müssen den Gedanken in die Bevölkerung tragen, dass es sich lohnt, ins Olympiastadion zu gehen“, sagte Wowereit am Dienstag bei einer gemeinsamen Konferenz mit den Organisatoren sowie Vertretern von ARD und ZDF, die die Wettkämpfe 55 Stunden lang live übertragen wollen. Hintergrund sind unter anderem die Verkaufszahlen der Eintrittskarten: Während einige Tage, an denen aus deutscher Sicht besonders attraktive Disziplinen anstehen, fast ausverkauft seien, gibt es für andere Tage noch sehr viele Tickets.
Rund 250 000 von insgesamt mehr als 550 000 Karten sind nach Angaben von Michael Mronz vom WM-Organisationskomitee bislang verkauft worden. Mronz und auch Klaus Wowereit wiesen jedoch Einschätzungen zurück, dass der Verkauf schleppend verlaufe: Für die WM seien jetzt schon so viele Tickets verkauft worden wie bei den vorigen Weltmeisterschaften von Osaka oder Helsinki insgesamt. Das sei „ein riesiger Erfolg“, sagte Wowereit. „Trotzdem wollen wir aus atmosphärischen Gründen täglich ein volles Stadion haben.“ Dafür zu werben, sei „eine Aufgabe für uns alle“.
Im August, wenn hunderttausende Gäste die WM besuchen, stehe Berlin vor der „großen Herausforderung und der Chance, sich als Sportmetropole zu positionieren“. Ob das ein Erfolg für die Stadt wird, sagte Wowereit, „ist keine politische, sondern eine nationale Frage“. Dass in Berlin bislang bis auf wenige Fahnen wie am Ernst-Reuter-Platz oder einzelne Großplakate wie am Hauptbahnhof von der WM nicht viel zu spüren ist, begründete WM-Organisator Mronz mit dem geringen Werbeetat:
Hätte man mehr als die veranschlagten zwei Millionen Euro, hätte man schon früher werben können. Tags zuvor hatten sich zum Training in der Stadt angekommene WM-Teilnehmer beklagt, dass die Veranstaltung im Stadtbild nicht sichtbar sei. Auch Klaus Böger, Sportsenator bis 2006 und jetzt Präsident des Landessportbundes (LSB), sagte am Mittwoch auf Anfrage zu den bisherigen Bemühungen, die WM ins öffentliche Bewusstsein zu bringen: „Ich hätte mir mehr Dampf gewünscht.“
Das soll sich nun ändern: In Sachen Werbung „geht jetzt die heiße Phase los“, wie Organisator Mronz sagte. Unter dem Schlagwort „City Dressing“ werden nach und nach zentrale Plätze der Stadt und Boulevards wie die Straße des 17. Juni mit WM-Flaggen und Postern dekoriert. Anzeigen in Zeitungen sowie Radio- und Fernsehspots sollen bundesweit Lust auf die Wettkämpfe machen, Werbepartner wie die Lufthansa werden ihre Gäste mit WM-Aktionen einstimmen.
Zur Kampagne gehört auch der offizielle WM-Song, der am Dienstag vorgestellt wurde: „Foot of the Mountain“ von der norwegischen Popband a-ha. Mronz ist optimistisch, dass der Alptraum der WM-Manager – ein kaum gefülltes Olympiastadion bei wichtigen Wettkämpfen oder zur besten Sendezeit – vermieden werden kann, da die Berliner sich Karten für derartige Großereignisse erfahrungsgemäß kurzfristig kauften. Das sieht auch LSB-Chef Böger so: „Ich bin optimistisch, dass sich in vier Wochen noch viel bewegt.“ Zur Einstimmung gibt es am Vorabend der WM, dem 14. August, ein Fest namens „Welcome Night“ am Brandenburger Tor. Lars von Törne
Weitere Informationen und Karten (ab 20 Euro): www.berlin2009.org
Lars von Törne im Tagesspiegel, Donnerstag, dem 16. Juli 2009