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08
2009

Laufen als Beruf? Mit 29 studiert die Sachsin im vierten Semester Medizin. Im August 1989 wurde sie Mutter einer Tochter. Ihre Zeitläufe wurden eng. Das Bronze, das sie schließlich nach einer unendlichen Schweißtropfenbahn erwarb, war gar nicht weit von dem Gold Wanda Panfils und dem Silber der Japanerin Sachiko Yamashita entfernt.

Der korrekte Machtwechsel – Robert Hartmann schreibt über Katrin Dörre und den Marathon bei den Weltmeisterschaften in Tokio 1991- Der läuferische Rückblick – Teil VIII

By GRR 0

 Am 15. August beginnen die 12. Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin. Es ist das größte Sportereignis auf deutschem Boden in diesem Jahr und der Saisonhöhepunkt eines Sports, der die Extreme bündelt. Die Leichtathletik mit ihren 47 Disziplinen gilt immer noch als der wichtigste Kernsport des olympischen Programms. Kein anderer Sport bringt Sieger aus so vielen verschiedenen Ländern hervor wie sie. Andererseits leidet sie besonders unter den Phänomenen der Moderne wie Kommerzialisierung oder Doping. 

German Road Races (GRR) wird in loser Reihenfolge über einige ehemalige  Aushängeschilder der deutschen Leichtathletik berichten, um "Appetit" auf die 12. IAAF Weltmeisterschaften der Leichtathletik zu machen!

Rosa Mota, die erfahrene Siegerin bei drei Europameisterschaften, bei der WM 1987 und den Olympischen Spielen, spürte schon nach vier Kilometern ein Rumoren im Magen. Nach 27 Kilometern steckte sie auf, bestieg ein Taxi und beobachtete die Zuspitzung der Entscheidung, die gerade hier die 31 Jahre alte Polin Wanda Panfil herbeiführte.

Das war für all diejenigen, die Wert auf korrekte Machtwechsel legen, eine Genugtuung.

Die neue Weltmeisterin, die seit drei Jahren mit dem mexikanischen Langstreckler Mauricio Gonzales verheiratet ist und in dessen Heimat lebt, hatte den Titelgewinn mit einem langen Atem vorbereitet. Sie beging am Sonntagvormittag, dem 25. August, gegen 9 Uhr 30 ihren fünften Sieg hintereinander, nach Erfolgen in Nagoya, London und New York 1990 und Boston gerade erst im April. Sie war die klassische Tour gegangen.

Die Mota durfte sich über die Qualität ihrer Nachfolgerin wahrlich nicht beklagen.

Schon zur Startzeit um 7 Uhr schien die Sonne grell ins Nationalstadion, wo 38 Läuferinnen unter dem Beifall der höchstens tausend Zuschauer auf die Reise geschickt wurden, die auch bei Temperaturen von 21 bis 24 Grad Celsius und einer auf 60 Prozent gefallenen Luftfeuchtigkeit beschwerlich genug war. Sonst hätten nicht 14 Frauen aufgegeben. Das waren 36 Prozent – zuviel ungewohnte Einsamkeit unterwegs, das auch. In den üblichen Rennen, gemeinsam mit Marathon-Männern, wird ihnen mehr Kurzweil und Aufmerksamkeit zuteil.

Der Lauf entwickelte sich in der Art des Punktefahrens, wie man dies bei den Radrennfahrern kennt.

Vorsichtig im Pulk gestartet, noch mit Rosa Mota als vertrauenerweckender Anführerin, schrumpfte die Spitzengruppe bis zu Kilometer 30 auf sechs Kandidatinnen zusammen, von denen sich jedoch der Überraschungsgast Iris Biba aus Gelnhausen in ihrem erst dritten Marathon bald nach hinten verabschiedete.
Zweimal mußte sie wegen Magenschmerzen gehen. Sie hatte das gereichte kalte Wasser zu schnell getrunken.

Später sprach Katrin Dörre aus Leipzig, von der noch die Rede sein wird, einen allgemeinen und beherzigenswerten Satz aus. Sie sagte: »Ich habe mich doch gewundert.«
Nämlich über die munter das Tempo sogar zeitweise diktierende Sparkassen-Angestellte vom TV Gelnhausen. »Ein Marathon wird erst nach fünfunddreißig Kilometern entschieden.«

Wie es auch sei, Mut ist eine schlechte Tugend nicht, zumal Iris Biba ihn nach langen Verletzungsgeschichten und einer Operation an den Bändern des unteren Sprunggelenkes schon wieder besaß. Sie kämpfte tapfer, wurde noch Neunte und wußte auch einen Grund dafür: »Es gucken tausend Leute aus Freigericht, da muß ich durchhalten.«

Bald nach Kilometer 35 fielen die Portugiesin Manuela Machado und die zweite Japanerin, Yuko Arimori, zurück, und Katrin Dörre wußte, daß sie jetzt die erste Medaille der deutschen Mannschaft gewinnen wurde. Sie fällt in die Kategorie jener Menschen, die ihren Rücken so leicht nicht beugen lassen. Das ist schon daran zu erkennen, daß sie nach dem Sieg in Osaka am 26. Januar und dem vierten Platz in London am 21. April dieses Jahres nun schon zum dritten Mal in Sieben Monaten die Distanz bewältigte. Sie meisterte diese Herausforderung, und gleichzeitig hat sie das Leben zu meistern, das ungeschützte Leben jenseits des so unvergleichlich sportlerfreundlichen Sozialismus.

Laufen als Beruf? Mit 29 studiert die Sachsin im vierten Semester Medizin. Im August 1989 wurde sie Mutter einer Tochter. Ihre Zeitläufe wurden eng. Das Bronze, das sie schließlich nach einer unendlichen Schweißtropfenbahn erwarb, war gar nicht weit von dem Gold Wanda Panfils und dem Silber der Japanerin Sachiko Yamashita entfernt. Das Trio lag bei Zeiten von 2:29:53, 2:29:57 und 2:30:10 Stunden nur einen Steinwurf auseinander.

Für die Panfil war es der erste Titel, für Japan die erste Medaille, die genau im richtigen Wettbewerb kam. Sie erklären dort selbst, daß der Marathon ihren Charakter besonders gut widergibt.

»Der letzte Kilometer sagte alles.«

Katrin Dörre bedachte Stunden danach noch einmal seine Schwere. Ihn durchzustehen, bedurfte strengster Vorbereitungen und zuletzt eines dreiwöchigen Höhentrainings in Davos. Manfred Steffny erzählte davon in seinem Laufmagazin Spiridon: »Drei Belastungswochen mit Einheiten zwischen 250 und 270 km … Dazwischen lag eine Entlastungswoche von 100 km.

Um keinen Lagerkoller zu bekommen, hatten Katrin und Wolfgang (Heinig, ihr Partner und Trainer) die Tochter mitgenommen sowie ein befreundetes Paar mit einem gleichaltrigen Kind. >Denen haben wir dann den Aufenthalt bezahlt<, erklärte Heinig, ein Vollprofi als Betreuer, >das hat uns 4000 DM gekostet. Aber die Investition hat sich bezahlt gemacht.<«

Es war ihr 22. Marathon. Der achte schon in Japan und der erste, den sie dort nicht gewann. Serien kommen und gehen. Katrin Dörre wünschte Rosa Mota eine baldige Rückkehr.

Der Kampf gegen die brutale Strecke verbindet eben doch mehr, als er trennt.

Robert Hartmann

3. Leichtathletik-Weltmeisterschaft Tokio/Japan 1991 (24. August – 1. September 1991)

1. Wanda Panfil (POL) 2:29;53 – 2. Sachiko Yamashita (JPN) 2:29;57 – 3. Katrin Dörre (D) 2:30;10 – 4. Yuko Aromori (JPN) 2:31;08 – 5. Maria Rebeko-Lelut (FRA) 2:32;05 – 6. Kamila Gradus (POL) 2:32;09 – 7 Manuela Machado (POR) 2:32;33 – 8. Ramilja Burangulowa (URS) 2:33;00 – 9. Iris Biba (D) 2:33;48

Katrin Dörre-Heinig

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

 Katrin Dörre-Heinig (geb. Juana Katrin Dörre, * 6. Oktober 1961 in Leipzig), ist eine ehemalige deutsche Langstreckenläuferin, die in den 1980er und 1990er Jahren große Erfolge feierte. Derzeit (Stand Anfang 2008) hält sie den deutschen Rekord im Stundenlauf.

 

Karriere  

Zunächst zeichnete sich Katrin Dörre als Bahnläuferin aus. 1980 wurde sie DDR-Meisterin über 3000 Meter. Noch vor der Registrierung offizieller DDR-Bestzeiten ging sie auf die Marathondistanz. 1982 gelang ihr in Karl-Marx-Stadt eine Zeit von 2:45:54 Stunden. Ihr erster bedeutender Erfolg folgte zwei Jahre später beim Ōsaka-Marathon, den sie in 2:31:41 h gewann. Im gleichen Jahr gewann sie einen weiteren großen Marathon in Japan, den Tokyo International Women's Marathon, bei dem sie auch 1985 und 1987 siegte.

Ihren ersten internationalen Meisterschaftsauftritt für die DDR hatte Katrin Dörre beim Marathon der Olympischen Spiele 1988 in Seoul. Dort errang sie die Bronzemedaille und ist somit die bisher einzige deutsche Medaillengewinnerin in dieser Disziplin.

Danach brachte sie ein Kind zur Welt und hatte eigentlich schon mit dem Leistungssport abgeschlossen, entschied sich jedoch aufgrund der neuen Möglichkeiten, die durch die Wende entstanden waren, zum Weitermachen.

Der erste Erfolg nach dem Wiedereinstieg war ein dritter Platz beim New-York-City-Marathon 1990. Wie schon in den 1980er Jahren erwies sich Japan als ein gutes Pflaster für die Leipzigerin. 1991 gewann sie erneut den Ōsaka-Marathon (zwei weitere Siege folgten 1996 und 1997), und der Marathon der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 1991 in Tokio bescherte ihr die zweite Bronze-Medaille bei einem internationalen Großereignis. Bei den Spielen 1992 in Barcelona und den Spielen 1996 in Atlanta schnitt sie als Fünfte bzw. Vierte ebenfalls hervorragend ab, und auch bei der WM 1993 in Stuttgart landete sie als Sechste weit vorne.

1994 siegte sie beim Berlin-Marathon in 2:25:15, und Hattricks gelangen ihr beim London-Marathon, den sie von 1992 bis 1994 gewann, sowie beim Frankfurt-Marathon, bei dem sie von 1995 bis 1997 siegte.

1998 stellte sie in ihrer Geburtsstadt Leipzig mit 17.709 Metern einen deutschen Rekord im Stundenlauf auf. Im gleichen Jahr gewann sie auch den Hamburg-Marathon. Bei ihrem Sieg an gleicher Stelle ein Jahr später stellte sie mit 2:24:35 Stunden sowohl einen Streckenrekord wie auch einen deutschen Rekord auf. Im Herbst wurde sie dann zum zweiten mal Dritte beim New-York-City-Marathon.

2000 wurde sie zwar Zweite beim Hamburg-Marathon, eine Operation wegen eines Fersensporns zwang sie jedoch kurz danach zum Aussetzen. Weitere Verletzungen und Operationen verhinderten danach eine dauerhafte Rückkehr in den Leistungssport.

Bei insgesamt 35 Marathons blieb sie unter 2:34, eine Zahl, die bislang von keiner anderen Läuferin erreicht wurde (Stand Anfang 2008).

Katrin Dörre startete zunächst für den SC DHfK Leipzig. Nach dem Ende der DDR wechselte sie in den Westen und ging für die LG Odenwald sowie das LAC Veltins Hochsauerland an den Start. Bei einer Größe von 1,70 m hatte sie ein Wettkampfgewicht von 57 kg.

Im Olympiajahr 1992 heiratete sie ihren Trainer Wolfgang Heinig und legte sich den Doppelnamen zu. Sie ist Mutter einer Tochter.

Im Rahmen des 25. Jubiläums des Frankfurt-Marathons stellte sie im Oktober 2006 ihr erstes Buch Leidenschaft Marathon vor. Dieses erzählt von ihrem Leben als Läuferin und ist in Zusammenarbeit mit dem Autor Christoph Külzer-Schröder entstanden.

Aktuelle deutsche Rekorde  

Quelle: IAAF:

Dörre-Heinig Katrin GER

Sex Weight Height Date of Birth Place of birth
W 57.00 1.70 06/10/1961 Leipzig
Information
Née Dörre then married to her coach Wolfgang Heinig. At marathon won ECh 1985 and 1988. She has a record 19 sub 2:30 times and won 10 successive marathons between 1982 and 1986.
Personal Best – Outdoor
Performance Wind Place Date
800 Metres 2:05.4     01/01/1980
1000 Metres 2:44.8     01/01/1980
1500 Metres 4:18.7     01/01/1979
3000 Metres 9:04.01     05/05/1984
10,000 Metres 33:00.0   Leipzig 30/05/1984
10 Kilometres 31:54   Paderborn 04/04/1999
15,000 Metres 50:.3   Dublin 14/10/1990
One Hour 17.709     01/01/1988
Half Marathon 1:09:15   Grevenmacher 27/09/1998
Marathon 2:24:35   Hamburg 25/04/1999
10 Miles Road 54:16   Bern 08/05/1999
Progression – Outdoor
Season Performance Wind Place Date
800 Metres 1980 2:05.4     01/01/1980
1000 Metres 1980 2:44.8     01/01/1980
1500 Metres 1979 4:18.7     01/01/1979
3000 Metres 1984 9:04.01     05/05/1984
10,000 Metres 1984 33:00.0   Leipzig 30/05/1984
10 Kilometres 1999 31:54   Paderborn 04/04/1999
15,000 Metres 1990 50:.3   Dublin 14/10/1990
One Hour 1988 17.709     01/01/1988
Half Marathon 2000 1:11:44   Freiburg 25/03/2000
  1999 1:09:34   Grevenmacher 26/09/1999
  1998 1:09:15   Grevenmacher 27/09/1998
  1997 1:09:56   Košice 04/10/1997
Marathon 2000 2:33:10   Hamburg 16/04/2000
  1999 2:24:35   Hamburg 25/04/1999
  1998 2:25:21   Hamburg 19/04/1998
  1997 2:25:57   Osaka 26/01/1997
  1996 2:26:04   Osaka 28/01/1996
  1995 2:31:32   Frankfurt 29/10/1995
  1994 2:25:15   Berlin 25/09/1994
  1993 2:27:09   London 18/04/1993
  1992 2:27:34   Osaka 26/01/1992
  1991 2:27:43   Osaka 27/01/1991
  1990 2:33:21   New York, NY 04/11/1990
  1988 2:26:21   Seoul 23/09/1988
  1987 2:25:24   Tokyo 15/11/1987
  1986 2:29:33   Nagoya 02/03/1986
  1985 2:30:11   Roma 15/09/1985
  1984 2:26:52   Berlin Grunau 21/07/1984
  1983 2:37:41     01/01/1983
10 Miles Road 1999 54:16   Bern 08/05/1999
Honours
Rank Performance Wind Place Date
Marathon
4th IAAF World Championships in Athletics   6 f 2:35:20   Stuttgart 15/08/1993
25th Olympic Games   5 f 2:36:48   Barcelona 01/08/1992
3rd IAAF World Championships in Athletics   3 f 2:30:10   Tokyo 25/08/1991

 

Finden Sie hier weitere Beiträge über deutsche Läufer und Läuferinnen in  der GRR-Rubrik "HALL OF FAME":

"HALL OF FAME" – SPORTGESCHICHTE

 

Weitere Beiträge in der WM Serie  zum Thema: Der läuferische Rückblick – I – VII

Jens-Peter, der letzte Herold – Robert Hartmann schreibt über Jens-Peter Herold und die 1500 m bei den Europameisterschaften in Split/Jugoslawien 1990 – Der läuferische Rückblick – Teil VII

Jens-Peter, der letzte Herold – Robert Hartmann schreibt über Jens-Peter Herold und die 1500 m  – Der läuferische Rückblick – Teil VII

Willi Wülbeck – "Williii" oder von der Lust am Laufen – Robert Hartmann schreibt über Willi Wülbeck und die 800 m in Helsinki 1983 – Der läuferische Rückblick – Teil VI

Willi Wülbeck – "Williii" oder von der Lust am Laufen – Der läuferische Rückblick – Teil VI

 

Ulrike Bruns – Vom Weltrekord über 1000 m zum Frauen-Lauftreff in Potsdam – Der läuferische Rückblick – Teil V

Ulrike Bruns – Vom Weltrekord über 1000 m zum Frauen-Lauftreff in Potsdam – Teil V

 

Zwischen Daumen und Zeigefinger – Robert Hartmann schreibt über die 400 m Hürden und die 110 m Hürden in Rom 1987 – Edwin Moses und Harald Schmid – Der läuferische Rückblick – Teil IV

Zwischen Daumen und Zeigefinger – Robert Hartmann schreibt über die 400 m Hürden und die 110 m Hürden in Rom 1987 – Teil IV

 

Karrieren, Glasnost, Kollektive – Robert Hartmann schreibt über die 800 m, 1500 m und 3000 m der Frauen in Rom 1987 – Wodars und Wachtel mit Gold und Silber über 800 m – Körner Zweite über 1500 m – Ulrike Bruns Dritte über 3000 m – Der läuferische Rückblick – Teil III

Karrieren, Glasnost, Kollektive – Robert Hartmann schreibt über die 800 m, 1500 m und 3000 m der Frauen in Rom 1987 Teil III

 

Die I. Weltmeisterschaften der Leichtathletik in Helsinki 1983 – Robert Hartmann schreibt über die 5.000 und 10.000 m  – Werner Schildhauer zweimal Zweiter – Thomas Wessinghage wird Sechster – Der läuferische Rückblick – Teil II

Die I. Weltmeisterschaften der Leichtathletik in Helsinki 1983 – Robert Hartmann schreibt über die 5.000 und 10.000 m  – Werner Schildhauer zweimal Zweiter – Thomas Wessinghage wird Sechster – Der läuferische Rückblick – Teil II

 

PATRIZ ILG – Am Anfang der Zukunft – Michael Gernandt in der Süddeutschen Zeitung – PATRIZ  ILG 1983 erster Weltmeister im Hindernislauf – Ein läuferischer Rückblick – Teil I.

PATRIZ ILG – Am Anfang der Zukunft – Michael Gernandt – Ein läuferischer Rückblick – Teil I.

 

 

 

author: GRR

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