„Unser Ziel ist es, alle drei Medaillen zu gewinnen“, sagte Olympiasieger Brimin Kipruto
WM-Spezial: Paul Koech auf Erfolgsjagd in Berlin
Wenn am Dienstagabend bei den Weltmeisterschaften im Berliner Olympiastadion das 3.000-m-Hindernisfinale gestartet wird, kommen vier der 15 Läufer aus einem Land: Kenia. Die Hindernisse ,gehören’ den Kenianern, daran wird sich auch in Berlin nichts ändern.
„Unser Ziel ist es, alle drei Medaillen zu gewinnen“, sagte Olympiasieger Brimin Kipruto, der seinen Vorlauf am Sonntag gewann und als Titelverteidiger ins Finale geht. Da er vor zwei Jahren in Osaka gewonnen hatte und damit automatisch für die WM in Berlin qualifiziert war, konnte Kenia einen vierten Läufer für die Titelkämpfe nominieren. So werden heute auch Ezekiel Kemboi, der mit 7:58,85 Minuten die Jahresweltbestenliste anführt, Richard Mateelong und Paul Koech an den Start gehen.
Der 27-jährige Paul Koech hatte dabei bei der Nominierung etwas Glück, denn er kam bei den Trials in Nairobi im Juli lediglich als Sechster ins Ziel. Wahrscheinlich hatten die Funktionäre bei ihrer Entscheidung noch die olympischen Ausscheidungskämpfe im Jahr zuvor im Hinterkopf. Damals war Paul Koech der Pechvogel. Der Jahresweltbeste, der 2008 mit 8:01,85 Minuten so schnell gelaufen war wie kein anderer weltweit, hatte am letzten Wassergraben noch in Führung gelegen.
Doch dann gab es einen Kontakt mit einem Konkurrenten, Koech geriet ins Straucheln und verlor entscheidend den Rhythmus. Am Ende blieb ihm nur der undankbare vierte Platz – neun Hundertstel fehlten zur Olympiaqualifikation und zum möglichen olympischen Triumph. Koech protestierte, doch es hatte keinen Sinn.
In Berlin will Paul Kipsiele Koech, so sein vollständiger Name, nun seinen ersten großen globalen Titel gewinnen. Bisher hat er eine olympische Bronzemedaille (2004 in Athen) sowie einen Sieg bei den Afrika-Meisterschaften 2006 als größte Erfolge vorzuweisen. In Deutschland hat der Kenianer zuletzt gute Erfahrungen gemacht. Beim World Athletics Final (WAF) 2008 in Stuttgart hatte er das Hindernisrennen trotz der starken Konkurrenz aus dem eigenen Land bereits zum vierten Mal in Folge gewonnen.
Zwischen 2004 und 2007 lief Koech jeweils Hinderniszeiten von unter acht Minuten, im vergangenen Jahr scheiterte er ganz knapp an dieser Barriere. In der aktuellen Jahresweltbestenliste steht der 27-Jährige zurzeit mit 8:01,72 Minuten hinter Ezekiel Kemboi (7:58,85) auf Rang zwei. Doch aufgrund der unglücklich verpassten Olympia-Qualifikation wird Paul Koech am Dienstagabend im Berliner Finale ganz besonders motiviert sein.
Paul Koech stammt aus dem Dorf Sotik, das im südlichen Bereich des kenianischen Great Rift Valleys liegt. Dort lebt der Läufer, der sieben Brüder hat und das jüngste Kind einer Farmer-Familie ist, heute noch. Im Gegensatz zu vielen kenianischen Weltklasseläufern brauchte er als Kind nicht zur Schule zu rennen. „Meine Schule war ganz in der Nähe. Ich habe auf der Grundschule mit dem Laufen begonnen und es war dann mehr oder weniger eine natürliche Entwicklung, die mich zum Hindernislauf brachte“, erzählt Paul Koech, der als Jugendlicher keine Vorbilder hatte.
Heute ist er selbst allerdings ein Idol vieler Kinder in Sotik und der dortigen Umgebung. Denn Koech ist in diesem Gebiet der einzige international erfolgreiche Läufer. „Viele junge Athleten schauen zu mir und ich versuche sie zu inspirieren und ihnen zu helfen. Ich spreche regelmäßig mit Kindern aus meiner Heimat und ermutige sie dazu, zu laufen und auch zur Schule zu gehen“, erzählt der Kenianer, der für zehn Kinder das Schulgeld übernommen hat.
Wenn Paul Koech in Sotik trainiert, schließen sich ihm bis zu 20 Athleten aus der Gegend an. „Obwohl dies keine starken internationalen Läufer sind, ist es eine gute Gruppe. Ich kann mit ihnen sehr gut trainieren“, antwortet Koech auf die Frage, ob er gerne stärkere Trainingspartner hätte. Er kümmert sich in Sotik auch um einige junge Talente. Und er hat inzwischen auch als Trainer erste internationale Erfolge: Zu seiner Gruppe gehört Jackline Chebii. Die 16-Jährige hat eine 3.000-m-Bestzeit von 9:04,4 Minuten (gelaufen in Höhenlage 2008) und hatte bereits als 15-Jährige bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Bydgoszcz (Polen) 2008 Platz fünf über diese Strecke belegt.
Bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften der Juniorinnen war Jackline Chebii in diesem Jahr Zehnte, nachdem sie 2008 sogar schon Rang sechs belegt hatte. Gut möglich, dass Paul Koech bald nicht mehr der einzige Weltklasseläufer in seinem Wohnort ist.
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