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23
11
2009

Trotz der Favoritensiege gab es beim Darmstadt-Cross aber auch zahlreiche Überraschungen – Nachwuchs mit großem Engagement und Freude am Crosslaufen – EM-Team steht erst nach weiterem Sichtungsrennen im belgischen Roeselare – Kritik am Nominierungsmodus

Erneut Steffen Uliczka und Julia Viellehner beim 25. Darmstadt-Cross vorne – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Die erwarteten Favoritensiege gab es durch Steffen Uliczka und Julia Viellehner bei der 25. Auflage des Darmstadt-Cross, zugleich zweiter Wertungslauf des Deutschen Cross-Cup.

Auf dem nahezu komplett einsehbaren Rundkurs auf der Lichtwiese unweit des Hochschulstadions sorgten vor allem aber die engagiert auftretenden Nachwuchsläufer für so manche Überraschungen, so dass es den anwesenden Disziplintrainern des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) nicht leicht fallen dürfte, die Mannschaften für die Cross-Europameisterschaften am 13. Dezember in Dublin zusammen zu stellen. Letzten Aufschluss soll dabei ein weiteres Sichtungsrennen bereits am kommenden Sonntag (29. November) im belgischen Roeselare geben.

„Die Hatz mit drei Sichtungsrennen ist ein Unding“, so äußerten sich zahlreiche Trainer der betroffenen Athleten am Rande des Cross-Parcours auf der Lichtwiese. „Es spricht für eine undurchsichtige und konzeptionell nicht ausgereifte Planung in Richtung Cross-EM. Es kostet den Vereinen nur eine Stange Geld und verschleißt die Athleten!“.

Derartige kritische Töne mussten sich die DLV-Lauftrainer in Darmstadt anhören, zumal alleine in den Nachwuchsklassen ein gewisses Überangebot an EM-Kandidaten besteht. Bei den Männern und Frauen hingegen zeigte sich hinter den beiden Leadern Steffen Uliczka und Julia Viellehner ein sehr bedenkliches Niveau. Vor diesem Hintergrund kann sich Langstreckentrainer Detlef Uhlemann sogar nur Einzelstarter anstelle von kompletten Teams in Dublin vorstellen.

„Das Rennen hat mir viel Spaß gemacht“, gestand Steffen Uliczka, der nach Pforzheim nun auch in Darmstadt die Nase vorne hatte. „Ich habe gemerkt, dass Sebastian Hallmann nicht mehr folgen konnte, deshalb konnte ich mein Ding auch so durchziehen!“ Für den Hindernismann aus dem Schleswig-Holsteinschen ist die Cross-Saison ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur erweiterten europäischen Hindernisspitze. „Ich möchte bei der Cross-EM in Dublin unter die ersten zwanzig kommen, das ist nämlich das Qualifikationskriterium für die Cross-WM im Frühjahr. Auch wenn ich dadurch erst später in die Bahnsaison einsteigen kann!“

An Selbstbewusstsein mangelt es Steffen Uliczka keineswegs, schließlich sucht er die internationalen Vergleiche und hofft auf einen Durchbruch bei den Europameisterschaften in Barcelona. „2009 bin ich in Europa auf Position 14 über die Hindernisse. Warum soll mit einem Ausreißer nicht auch ein Platz unter die besten acht machbar sein!“

Dreizehn Sekunden hinter Uliczka folgte wie in Pforzheim Sebastian Hallmann auf Rang zwei. „Mehr geht derzeit nicht. Das ist das, was mit sieben Wochen Training machbar ist“. Einen glänzenden Eindruck hinterließ auf dem flachen Wiesengelände der 23jährige Christian Glatting, der lange Zeit mit Uliczka und Hallmann das Spitzentrio bildete und erst in der Schlussphase etwas an Boden verlor. „Christian muss sich in Roeselare noch einmal stellen. Es ist auf jeden Fall ein Kandidat für Dublin!“ so Uhlemann über die forsche Vorstellung des Wattenscheiders. Die Chance möchte allerdings auch Marathonmann Martin Beckmann wahrnehmen, der als Vierter vor Richard Friedrich und Filmon Ghirmai, dem Meister über 10 000 m und Hindernis, ins Ziel einlaufen konnte.

Auch wenn die engagiert laufende Ingalena Heuck in der Schlussphase näher aufrückte, der klare Tagessieg für Julia Viellehner war auf der 8 500 m langen Distanz längst gesichert. „Ich war überrascht, dass Leni und die anderen so schnell weg waren und ich alleine das Tempo laufen musste. Allerdings tat mir zwei Runden lang der Fuß richtig weh. Ich hoffe, dass es aber nichts Schlimmes ist!“ Zur Absicherung ließ sich die junge Passauerin direkt von der Siegerehrung in ein nahe gelegenes Krankenhaus fahren.

Nahezu im 10-Sekunden-Rhythmus folgten Ingalena Heuck, Saskia Jansen und Stephanie Beckmann auf den nächsten Plätzen. Enttäuschend verlief für die U 23-EM-Sechste Heike Bienstein der Auftritt in Darmstadt, als Sechste lag die Dortmunderin doch merklich zurück. „Mir wurde eingangs der letzten Runde richtig schwindlig und schwarz vor den Augen. In Roeselare möchte ich auf jeden Fall meine EM-Chance nutzen!“

Einen eindrucksvollen Sieg landete bei den Junioren der 20jährige Musa Roba-Kinkal, der sich scheinbar mühelos Mitte der 8 500 m langen Distanz von seinen durchaus starken Konkurrenten lösen konnte. „Das ist ein Rennen, wie ich es mir vorstelle“, gestand der Gelnhäuser, der unter den Fittichen von Alexander Mikitenko trainiert und offensichtlich gute Fortschritte macht.

Hinter dem spurtstarken Schweizer Christoph Ryffel, dem 20jährigen Sohn des früheren Weltklasse-Langstrecklers Markus Ryffel, überraschte Fynn Schwiegelshohn mit einer starken Leistung, die ihn ebenso ins EM-Aufgebot führen dürfte wie auch Johannes Raabe. Nur auf Rang elf hingegen kam Philipp Pflieger ins Ziel. „Ich weiß nicht, woran es heute gelegen haben könnte. Im Training jedenfalls läuft es derzeit sehr gut. Nun muss ich es eben in Roeselare packen!“

In einem packenden Spurt bezwang die eigentliche Triathletin Rebecca Robisch die Langstreckengarde des DLV bei den Juniorinnen über 6 700 m mit den beiden kämpferisch starken Anna Hahner und Mareike Schrulle an der Spitze. „Natürlich würde ich gerne in Dublin laufen“, gestand die Fürther Überraschungssiegerin, die praktisch die komplette Saison wegen Pfeifferschem Drüsenfieber und Borreliose-Erkrankung ausgefallen war, „aber wir sind zu dieser Zeit im Trainingslager auf Lanzerote. Das wird sehr schwierig!“

Im Finish gewann Tom Gröschel den A-Jugend-Wettbewerb vor Julian Kreibisch und dem überraschend starken Yannik Duppich wie zuvor schon Jana Sussmann vor Corinna Harrer und Maria Heinrich bei der Weiblichen A-Jugend.

Starke Schülerfelder sind ein weiterer Trumpf des Darmstadt-Cross, der bei der 25. Auflage mit knapp 800 Teilnehmern einmal mehr seine Ausnahmestellung in Deutschland unterstreichen konnte. Dabei gefielen vor allem die 15jährigen Zwillinge Johannes und Lukas Motschmann vom SC Magdeburg, aber auch die B-Schüler-Ersten Clara Foshag und David Zawadzki mit leichtfüßigem Laufschritt.

Wilfried Raatz

author: GRR

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