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04
01
2010

Sein jüngstes Werk (zusammen mit den beiden anderen nun eine Art Triologie) hat er übrigens persönlich erstmals der Öffentlichkeit beim diesjährigen 4. internationalen literaturfestival berlin (ilb) vorgestell

Bücher zum Laufen – laufend neu … Schlaf und Strecke – das neue Buch von Günter Herburger – Dr. Detlef Kuhlmann stellt vor

By GRR 0

Der neue Herburger ist da. Der mittlerweile 72-jährige Günter Herburger gilt als prominentester und profiliertester deutschsprachiger Autor, der sich seit vielen Jahren buchstäblich dem Laufen verschrieben hat. Die beiden Bände „Lauf und Wahn“ (Frankfurt 1988) sowie „Traum und Bahn“ (München 1994) geben ein reichhaltiges Textzeugnis davon ab.

Immer sind es – wie Günter Herburger selbst schreibt – lange Laufstrecken draußen unterwegs und lange Strecken drinnen am Schreibtisch, die ihm gut tun: „Liefe ich nicht, das sagte ich schon vorher, wäre ich tot. Wahrscheinlich“, hat er einmal in einem Interview erklärt. Diese Devise galt gestern, sie gilt heute und sie wird vermutlich auch morgen noch für den in München lebenden Günter Herburger gelten.

Sein jüngstes Werk (zusammen mit den beiden anderen nun eine Art Triologie) hat er übrigens persönlich erstmals der Öffentlichkeit beim diesjährigen 4. internationalen literaturfestival berlin (ilb) vorgestellt, in das zwei Tage vor dem 31. real,- BERLIN-MARATHON auch der 15. Literatur-Marathon integriert war, wo Herburger (zusammen mit Dieter Baumann, Tom Ockers und Alan Sillitoe) das Kapitel „Comrades“ vorgetragen hat.

Was bringt der neue Herburger? Nüchtern betrachtet sind es „nur“ 32 Kapitel auf rund 350 Seiten, allesamt mit knappen Überschriften, die meistens auf jene Orte und Regionen deuten, an denen Günter Herburger als Läufer unterwegs war: Apeldoorn, Riga, Jungfrau sind die ersten drei; Bad Füssing, Turin und Husum liegen mittendrin. Die Läufe, von denen „Schlaf und Strecke“ handelt, sind in der Mehrzahl Marathonläufe oder noch länger, noch beschwerlicher, noch ungewöhnlicher, noch weiter weg, noch strapaziöser.

Kurzum: Sie fordern Günter Herburger in besonderer Weise heraus – zum Laufen und zum Schreiben. Denn genau das ist sein Markenzeichen: uns mitzunehmen auf die Strecke, ganz nah bei ihm zu sein wie ein unsichtbarer Weggefährte, der immer auf Höhe Herburgers Schritt für Schritt (besser noch: Zeile für Zeile) mitläuft, aber dann plötzlich und immer wieder aufs Neue weggeführt wird von der Laufstrecke in die feinsinnige und fein geordnete Gedankenwelt des laufenden Literaten, wo unentwegt die Gefahr des Sichverlierens lauert: „Verwinkelte Gedanken können Teil eines Laufs sein, sobald Vorsicht und Ehrgeizenergie sich verflüchtigen“ (212).

Aus lokaler Berliner Sicht sei darauf hingewiesen, dass es (selbstverständlich?!) auch ein Kapitel über den BERLIN-MARATHON im neuen Herburger gibt: Er hielt aus Anlass des 25. BERLIN-MARATHONS 1998 dort im „Roten Rathaus“ vor über fünfhundert geladenen Gästen den Festvortrag: „Die Rede schien zum Schmunzeln zu sein“ (202). Herburger hatte sich auch für den Marathon selbst drei Tage später angemeldet. Wie es ihm dort erging? Bitte selbst nachlesen! Die Passage auf Seite 207 beginnt mit „Plötzlich …“

Fazit: Für Herburger-Fans ist die Lektüre von „Schlaf und Strecke“ sicher ein Muss. Und seine Fans werden zuweilen auch das Älter-, Müder- und Langsamer-Werden des Autors nicht überlesen („Verdruss und Öde meldeten sich, die Kräfte schwanden“, 10) und mit Blick auf die eigene Laufkarriere bilanzieren: „Hatte das Alter begonnen, vor dem ich seit Jahren davonlaufen wollte? Das Gleichgewicht zwischen Leben und Schreiben war verloren gegangen“, (13).

Diejenigen, die von Herburger bisher noch nichts gelesen haben, sollten sich behutsam an seine „Schreibe“ herantasten, vielleicht mit Paris, Amsterdam oder Prag beginnen, um ihm dann später nach und zu durchdringen: „Die Begegnung der Seele mit dem Körper war zu Ende. Sie gelang immer nach langem Training im Verlauf des Marathons“ (173). Das ist nämlich das Gute an diesem und den anderen Büchern von Herburger: Die Inhaltsübersicht am Ende erlaubt uns, überall einzusteigen, zwischendurch auch mal auszusteigen, um am Ende dann womöglich doch ganz bei Herburger … und bei uns selbst anzukommen.

Günter Herburger: Schlaf und Strecke. München: A 1 Verlag 2004. 356 S.; ISBN 3-927743-74-7; 19,80 €.

Dr. Detlef Kuhlmann

Die Serie „Bücher zum Laufen – laufend neu“ wurde konzipiert und zusammengestellt von Dr. Detlef Kuhlmann, dem langjährigen Ressortleiter Kultur beim real,- BERLIN-MARATHON, im Hauptberuf Sportwissenschaftler an der Freien Universität Berlin und natürlich selbst aktiver Läufer. Die Reihe wird fortgesetzt.

Weitere Buchpräsentationen im Rahmen unserer Serie „Bücher zum Laufen – laufend neu“ finden sich auf folgenden Internetseiten:

author: GRR

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