„Die Menschen wollen Helden sehen und Teil ihres Erfolges werden“
Stiftung Deutsche Sporthilfe – Anlagetipp: Drei Euro für Olympiahelden – Michael Reinsch, Berlin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
18. Januar 2010 Bevor er gehe, solle er sich ehrlich machen, rief Johannes B. Kerner Thomas de Maizière zu, und drei Euro zahlen. Zwar finanziert das Bundesinnenministerium mit 140 Millionen Euro ganz überwiegend den Spitzensport in Deutschland. Doch was der Fernsehmoderator in Berlin so direkt von dem Politiker einforderte, war ein handfestes Bekenntnis zu der neuen Kampagne der Stiftung Deutsche Sporthilfe.
„Dein Name für Deutschland“ heißt sie und geht jeden Sportfreund in Deutschland direkt um seinen Beitrag zur Förderung von Spitzensportlern an. Die freundliche Präsenz des Innenministers bei ihrer Vorstellung am Montag in Berlin war Kerner, Aufsichtsratsmitglied der Sporthilfe, nicht genug.
Drei Euro reichen, um wie de Maizière eine Handvoll Postkarten und eine Urkunde zu erhalten, auf denen namentlich belegt ist, dass man Sponsor des deutschen Sports sei. Und helfe, wie es Sporthilfe-Vorstand Werner E. Klatten es nannte, „die gesellschaftspolitische Aufgabe für jedermann“ zu lösen. Nur drei Euro? Nun ja, drei Euro pro Monat. Und gern darf es auch etwas mehr sein. Zum Dank soll, mit Glück und scharfem Blick, der Name des Spenders im Fonds von schwarzrotgoldenen Anzeigen zu finden sein.
„Wir bieten keine Gegenleistung an, sondern Gemeinschaftsgefühl“
De Maizière ließ sich nicht lumpen und zückte hundert Euro. Damit wird der konservative Minister, der beruflich den größten Förderer des deutschen Sports vertritt, den Bund, Teil einer Basisbewegung, die nach dem Vorbild der Präsidentschaftskampagne von Barack Obama entworfen ist. „Wir bieten keine Gegenleistung an“, sagte Sporthilfe-Geschäftsführer Michael Ilgner, „sondern Gemeinschaftsgefühl.“
20.000 Spender wollen Klatten und er bis Jahresende gewinnen. Das ist sehr bescheiden. Zum einen würden diese in zwölf Monaten eine Summe von 720.000 Euro aufwärts erbringen – zu wenig beim Einsatz von (kostenlos geschalteter) Werbung im Wert eines zweistelligen Millionenbetrags. Darüber hinaus wäre eine so bescheidene Zahl eine mehr als ernüchternde Antwort auf die Frage nach der Identifikation mit dem olympischen Spitzensport, die die Kampagne implizit stellt.
Der Sport und seine Helfer haben deshalb zunächst einmal nach allen Regeln der Kunst Alarm geschlagen. Prekär sei die Lage von Spitzensportlern in Deutschland, wiederholte der von der Sporthilfe beauftragte Wirtschaftswissenschaftler Christoph Breuer von der Sporthochschule Köln. Mit einem Durchschnittseinkommen von 1919 Euro liegen seiner Erhebung nach Top-Athleten zwischen Köchen und Wachschützern.
„Die Menschen wollen Helden sehen und Teil ihres Erfolges werden“
Da sie für Sport plus Beruf oder Studium 59 Stunden pro Woche aufwenden müssten, sei ihre Unzufriedenheit überdurchschnittlich groß. „Die Situation des Spitzensports beruht auf einem brüchigen Fundament“, warnte Breuer. Mehr als jeder zweite Athlet (51,9 Prozent) habe schon ernsthaft über den Ausstieg nachgedacht. „Schlimmer als die Wirklichkeit“ nannte de Maizière die Lage der Athleten; der Durchschnittswert bilde die Lage der Habenichtse noch gar nicht ab.
Breuers Studie erwähnt auch nicht den überdurchschnittlich hohen Anteil von Zeitsoldaten, Polizisten und Zöllnern in der Olympiamannschaft für Vancouver, deren Leistungen im Februar die Sporthilfe-Kampagne befeuern sollen. „Die Menschen wollen Helden sehen und Teil ihres Erfolges werden“, hofft Ilgner. Olympiasiegern zahlt die Sporthilfe aus ihrem Etat von elf bis zwölf Millionen 15.000 Euro Prämie.
Das entspricht dem Jahresbeitrag von 417 Kleinst-Sponsoren.
Michael Reinsch, Berlin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Montag, dem 18. Januar 2010
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