Kein Schweizer Volkslauf zieht derart viele Läuferinnen und Läufer an wie der Grand-Prix von Bern. Die meisten kommen aus dem Kanton Bern, fast 95 Prozent sind Schweizer und dennoch laufen fast 700 Deutsche und je rund 100 Italiener und Franzosen sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 60 Nationen. Einige reisen in Gruppen an.
Die Vorstellung der schönsten Schweizer Läufe aus dem Heft \“Swiss Runners 2010\“ – Internationale Ausstrahlung – 29. Grand-Prix von Bern am 22. Mai 2010
Der GP-Samstag ist ein langer, ein anstrengender Tag», sagt Mauro Destro. Morgens vor 5 Uhr beginnt dieser für ihn und seine Kolleginnen und Kollegen des Laufvereins Robbio Pavia in der Lombardei. Zu dieser frühen Morgenstunde steigen die begeisterten Läufer in den Car und treten die Reise in die Schweiz an, genauer gesagt nach Bern an den Grand-Prix. Bilder vergangener Jahre tauchen dann jeweils wieder auf. Anekdoten werden erzählt. «Wir mögen die besondere Ambiance dieser wunderschönen Stadt», sagte Mauro Destro, der Organisator der Reise. Der Charme von Bern allein ist es aber nicht: «Was uns seit rund zehn Jahren immer wieder für diese Reise an dieses Rennen motiviert, ist die Warmherzigkeit der Leute.» Die grossen Zuschauermassen in der Altstadt, die Stimmung, für die sie sorgen, das motiviert.
In diesem Rahmen kamen schon etliche Gruppenmitglieder zu Spitzenklassierungen. Erwähnt sei hier das Quartett aus Robbio, welches vor fünf Jahren die Team-Wertung des Altstadt-GP für sich entschieden hatte. Oder letztes Jahr Vito Pocorobba, der bei den 55-Jährigen auf Platz 2 lief. «Da konnte ich meinen Ehrgeiz befriedigen und gleichzeitig meinen Erlebnishunger stillen», formulierte er. Und da spielt es auch nur eine untergeordnete Rolle, dass die Tage elend lang werden. Zurück in der Heimat sind die Italiener jeweils in den frühen Morgenstunden am Sonntag – müde, aber um eine wertvolle Erfahrung reicher und daher grösstenteils glücklich.
Die Memler fahren aus Deutschland an
Weniger leistungsorientiert, aber nichtsdestotrotz unternehmungslustig und zielorientiert sind die «Memler». Sie tragen ihren Namen nach dem Lauftreff in Karlsruhe (D). Gebildet hat sich die Gruppe aus ehemaligen Teilnehmern eines Vorbereitungskurses «mein erster Marathon». Der Lauftreff ist locker und ohne feste Strukturen organisiert. 150 bis 200 Läuferinnen und Läufer jeden Alters beteiligen sich an den wöchentlichen Trainings. Gemeinsam fahren sie zu den Läufen. Zu jenen zählt auch der Grand-Prix von Bern. Jeweils zwischen 20 und 50 Memler zieht es nach Bern – oft als «Wiederholungstäter». «Der GP hebt sich durch eine famose Stimmung und eine abwechslungsreiche Strecke ab», begründen sie. Übrigens: Die Memler sind nicht die Einzigen, welche aus der fast 300 000-Einwohner-Stadt in Baden-Württemberg aus der Oberrheinischen Tiefebene nach Bern fahren.
Erfolgsgeschichte weiterführen
Nicht nur aus Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich, Liechtenstein und den weiteren nahe gelegenen europäischen Staaten reisen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Regelmässig kommen auch Weithergereiste. Etwa aus Indien, Thailand, Vietnam, China, Japan, Australien, den USA, Kanada, Uruguay, Mexiko, Südafrika und natürlich Kenia, Äthiopien und Eritrea, den Läuferländern. Seine grösste Anhängerschaft hat der Grand-Prix von Bern aber nach wie vor in der näheren Umgebung. Über 60 Prozent aller Teilnehmer kommen aus dem Kanton Bern. Mit gut sieben Prozent folgt der bevölkerungsreiche Kanton Zürich, vor Solothurn, Freiburg und Aargau. Regelmässig vertreten sind aber auch die kleinen Ostschweizer Kantone Appenzell und Glarus. Die Ausstrahlung des GP in der Schweiz ist beachtlich.
Kein anderer Volkslauf in der Deutschschweiz lockt derart viele Laufbegeisterte an. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Die anspruchsvolle Strecke fordert nicht nur in Sachen Distanz (10 Meilen: 16,1 km/ Kurzdistanz: 4,7 km), sondern auch topografisch. Die Strecke führt an zahlreichen Sehenswürdigkeiten wie Bärengraben, Zytglogge, Münster, Tierpark oder Bundeshaus vorbei. Geschätzt wird der Wechsel zwischen Einfallstrassen, historischer Altstadt, Aareufer, Dählhölzliwald oder Villenquartieren. Da entsteht ein willkommener Wechsel zwischen frenetischen Anfeuerungsrufen aus Tausenden von Kehlen und stillen Abschnitten. Der Erfolg des Grand- Prix von Bern beruht nicht zuletzt auch auf den ständigen Anpassungen in Sachen Infrastruktur, Expo und Rahmenprogramm.