Vor einem Jahr rannte der frühere 3.000-m-Hindernis-Weltklasseläufer Günther Weidlinger sein Marathondebüt in Wien.
Weidlinger peilt in Wien Rekord an: Marathon ist kein Kindergeburtstag
Günther Weidlinger und Andrea Mayr wollen beim Wien-Marathon am Sonntag österreichische Leichtathletik-Geschichte schreiben. Beide jagen bei dem Rennen ihre Landesrekorde und sollten sie erfolgreich sein, wäre es das erste Mal, dass beide nationale Marathon-Bestzeiten in einem Rennen gebrochen werden.
Doch nicht nur darum geht es den zwei österreichischen Topläufern: Weidlinger und Mayr können als erste Athleten ihres Landes Zeitbarrieren über die 42,195 km durchbrechen. Es geht um Ergebnisse unter 2:10 beziehungsweise unter 2:30 Stunden.
Vor einem Jahr rannte der frühere 3.000-m-Hindernis-Weltklasseläufer Günther Weidlinger sein Marathondebüt in Wien. Mit 2:12:39 Stunden verpasste er dabei jedoch den gleich beim Debüt avisierten Landesrekord von Gerhard Hartmann (2:12:22 im Jahr 1986 in Wien). Doch damals konnte Weidlinger nicht sein 100-prozentiges Leistungsvermögen abrufen. Er lief mit einem Verletzungsproblem, das zudem nicht richtig diagnostiziert worden war. Zunächst nahm man an, es handele sich um einen Leistenbruch. Umsonst wurde er nach dem Marathon an der Leiste operiert. Diagnostiziert wurde dann ein Ermüdungsbruch im Becken, doch auch das war falsch. Es handelte sich um eine Muskelansatzentzündung im Becken.
Als die Verletzung schließlich ausgeheilt war, wurde die Zeit für die Vorbereitung auf den Frankfurt-Marathon im Oktober schon wieder knapp. Trotzdem brach Günther Weidlinger den 23 Jahre alten Landesrekord und steigerte sich am Main auf 2:10:47. Im Europameisterschaftsjahr ist Günther Weidlinger damit einer der hoffnungsreichsten Marathonläufer in Europa.
Obwohl ihn ein Wadenmuskelproblem im März zu einer zehntägigen Trainingspause gezwungen hatte, liefen Günther Weidlingers Vorbereitungen für den Wien-Marathon insgesamt sehr gut. Im November hatte er bereits mit dem Training für seinen dritten Marathon begonnen. Dabei erhöhte er die wöchentliche Kilometerzahl teilweise auf über 200 km. „Meine Trainingswerte sind besser als vor einem Jahr. Ich kann bei gleichem Puls schneller laufen. Auch das Laufgefühl ist besser“, sagt Günther Weidlinger, der sich auf den Start in Wien freut: „Der Marathon wird ein Heimrennen für mich. Es war ein Wahnsinn, was letztes Jahr an der Strecke abgegangen ist und wie mich die Leute angefeuert haben. Vor heimischem Publikum bin ich besonders motiviert. Natürlich ist auch eine Portion Nervosität dabei. Aber ohne dieses Kribbeln wird es kein gutes Rennen.“
In seinem dritten Marathon ist Günther Weidlinger bereit, einiges zu riskieren. Der 32-Jährige peilt eine Zeit von unter 2:10 Stunden an: „Mein Motto für Sonntag lautet: No risk, no fun! Ich werde das probieren und ein gewisses Risiko gehen. Die erste Hälfte möchte ich etwa in 64:30 bis 64:45 Minuten anlaufen. Vielleicht stellt sich das als zu schnell für mich heraus, dann wird es am Schluss sehr hart, ein gutes Ergebnis ins Ziel zu bringen. Aber ein Marathon ist kein Kindergeburtstag. Wenn ich nicht auf 2:09 anlaufe, werde ich es nie wissen. Es ist das gewisse Etwas beim Marathon, dass man es vorher nicht probieren kann. Mein Minimalziel ist, dass ich schneller bin als im Vorjahr. Aber richtig zufrieden werde ich wohl nicht sein, wenn mir das knapp gelingt.“
Während Günther Weidlinger bestätigte, dass er auch bei den Europameisterschaften in Barcelona im Sommer Marathon laufen möchte, hat sich Andrea Mayr dahingehend noch nicht festgelegt. „Ich will das am Montag entscheiden“, sagte die 30-Jährige, die in Wien als Titelverteidigerin an den Start geht. In ihrem ersten und bisher einzigen Marathon kam sie vor einem Jahr nach 2:30:43 Stunden ins Ziel. Das ist nach wie vor auch der österreichische Landesrekord.
Ähnlich wie Günther Weidlinger lief auch sie 2009 mit einer Verletzung den Wien-Marathon. „Dieses Mal gibt es keinen Ermüdungsbruch und auch keine gerissene Sehne“, antwortete sie auf die Frage nach einem Vergleich zum vergangenen Jahr. „Meine Vorbereitung war genauso gut wie vor einem Jahr.“ Ohne Fußverletzung sollte Andrea Mayr in der Lage sein, schneller zu rennen als 2009.
„Natürlich ist es mein Ziel, die 2:30 Stunden zu unterbieten. Dahingehend habe ich trainiert und meine Zwischenzeiten entsprechend ausgerechnet. Wenn alle Bedingungen am Sonntag gut sind, dann will ich dieses Tempo angehen“, sagte Andrea Mayr, die zu den besten Bergläuferinnen der Welt gehört und auch die aktuelle österreichische Meisterin über 3.000 m Hindernis ist. Um Österreichs erste Läuferin zu werden, die den Marathon unter 2:30 Stunden absolviert, wird sich Andrea Mayr am Sonntag auf ihr eigenes Rennen konzentrieren.
„Mit der Konkurrenz will ich mich erst einmal gar nicht beschäftigen – wenn, dann im letzten Viertel des Rennens. Ich hoffe, dass es mich kalt lässt, wenn die anderen schneller loslaufen.“
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