Spagat zwischen Fußball-WM und Fitness-Test beim Darmstädter Stadtlauf – Tag der Leichtathletik am Sitz des Deutschen Leichtathletik-Verbandes mit DLV-BewegungsCamp und dem zweitältesten deutschen Stadtlauf
Leah Malot vor fünftem Sieg in Darmstadt? 33. Stadtlauf in Darmstadt am 22. Juni 2010 – Ludwig Reiser berichtet
Am 22. Juni geht es rund in der Darmstädter Innenstadt. Am Vormittag wird das DLV-BewegungsCamp am Luisenplatz Station machen, am Abend steht die 33. Auflage des Stadtlaufes auf dem Programm – für Jung und Alt somit eine hervorragende Mitmachgelegenheit.
„Darmstadt erlebt damit ein einmaliges Bewegungsfest, das mit Sprint, Sprung, Wurf und Lauf alle Facetten der Leichtathletik an einem Tag für die Bevölkerung angeboten werden kann“, so David Deister, der Projektleiter des Deutschen Leichtathletik-Verbandes für das BewegungsCamp. „Wir sind stolz, dass wir in Darmstadt diese außergewöhnliche Gelegenheit haben, Jung und Alt mit einer Vielzahl von Leichtathletik-Disziplinen zum Mitmachen anzusprechen“, ergänzt Wilfried Raatz, der Stadtlauf-Chef und Zweiter Vorsitzender des ASC Darmstadt. „Und das Besondere ist daran, dass dieser Leichtathletiktag mitten in der Innenstadt stattfindet!“
10 Module zum Mitmachen am Luisenplatz
Während am Morgen rund 1000 Schüler der Darmstädter Schulen an insgesamt 10 Modulen ihre Fitness unter Beweis stellen können, steigt am Abend die Läuferparty mit knapp 2000 Hobby- und Freizeitläufern mit insgesamt acht Wettbewerben über Strecken zwischen 1300 und 7 600 Metern.
Die leichtathletischen Grundelemente Laufen, Sprung und Wurf haben am Darmstädter Luisenplatz Hochkonjunktur: Beim Speed-Biathlon treten dabei mehrere Staffeln gegeneinander an und sprinten und werfen um die Wette. Beim Speerwurf wird auf einer Wurfanlage ein am Seil geführter Speer geschleudert, eine Luftkissenkonstruktion dient beim Weitsprung als Sprunggrube, während beim Bungy Running auf einer Luftkissenkonstruktion im Duell gesprintet wird.
Aber auch Geschicklichkeit ist gefragt. Zum Beispiel beim SMS-Hüpfen, bei dem es darum geht, auf einer nachgebauten Handy-Tastatur Begriffe durch Springen auf die entsprechenden Buchstabenfelder zu schreiben.
„Natürlich wird dieses eine große Herausforderung für alle Mitarbeiter werden“, gesteht Wilfried Raatz, „doch ich bin mir sicher, dass es für die Leichtathletik in Darmstadt und Südhessen wichtig ist, dass wir hier alle Kräfte bündeln und Leichtathletik von morgens bis abends in der Innenstadt bieten können. Für mich ist Darmstadt die sportlichste Stadt, denn mit dem DLV-BewegungsCamp und dem Stadtlauf ‚bewegen’ wir über 2 500 Menschen in den unterschiedlichsten Disziplinen der Leichtathletik!“
Drei der Module werden auch während des Stadtlaufes zur Verfügung stehen, um auch den Läuferinnen und Läufern die Möglichkeit zu geben, ihre Geschicklichkeit zu testen.
Zieht Leah Malot mit Charlotte Teske gleich?
Mit einem Drittel junger Lauftalente zwischen drei und fünfzehn Jahren geht es abends ab 19.00 Uhr weiter – und wird sein sicherlich wiederum furioses Finale nach 21.00 Uhr mit den beiden Elite-Rennen über die gerade einmal 1000 m lange Stadtlaufrunde haben. Dabei steht die inzwischen 38jährige Leah Malot vor ihrem vielleicht spektakulärsten Erfolg bei den inzwischen unzähligen Straßenläufen hierzulande: Wenn die frühere Mannschafts-Cross-Weltmeisterin bei der 33. Auflage des legendären Pizzalaufes, wie der Darmstädter Stadtlauf unter Insidern gerne liebevoll genannt wird, erneut als erste Läuferin die Ziellinie am Luisenplatz überquert, dann hätte sie den „Cup da Franco“ zum fünften (!) Male gewonnen. 1997, 1998, 2008 und 2009 hat Leah Malot bereits in Darmstadt gewonnen – mit dem fünften Sieg würde sie übrigens mit Charlotte Teske gleichziehen, der großen Darmstädter Läuferin, die in den achtziger Jahren auf heimischem Pflaster fünfmal die Konkurrenz im Griff hatte.
Allerdings wird es kein leichtes Spiel für die Kenianerin, die seit vielen Jahren auf allen Parcours der Welt zu Hause ist und dabei dem Afro-Sport-Management von Sylvia und Walter Abmayr die Treue hält. Die Paderborner Osterlauf-Siegerin Fate Tola oder Leahs Landsfrau Caroline Chepkwony, die am Samstagabend den Kasseler Citylauf für sich entscheiden konnte, werden alles versuchen, um ihrer berühmte Landsfrau den großen Triumph zu vermasseln.
Die wenigen europäischen Läuferinnen gehen (natürlich) chancenlos ins Rennen, zumal mit Petra Kaminkova der laufstarke tschechische Stammgast wegen der Vorverlegung des Stadtlaufes auf den Dienstagabend nicht rechtzeitig von ihrem Einsatz von den Mannschafts-Europameisterschaften anreisen kann. „Da wir nach wie vor keine Antrittsgelder bezahlen, haben wir natürlich unsere Chancen auf einen Start von leistungsstarken europäischen Läuferinnen minimiert“, wirkt Stadtlaufchef Wilfried Raatz etwas resigniert.
Aus eher anderen Gründen sind die Starts von Ingalena Heuck oder Julia Viellehner in Darmstadt gescheitert, Ingalena muss aus Studiengründen passen, Julia ist erneut wegen Verletzung nicht einsatzfähig. „Aber nächstes Jahr komme ich!“ signalisierten die beiden unisono.
Witaly Shafar und Said Azouzi gegen die Kenia-Dominanz
Bei den Männern trägt der Kenianer Patrick Kimeli die Nummer eins, denn er ist der Vorjahressieger. Der inzwischen 21jährige darf sich allerdings auf einen harten Kampf über die sieben Stadtlauf-Runden gefasst machen. Schließlich sind mit Daniel Chebii als (zeitgleicher) Zweiter des Paderborner Osterlaufes in 27:51 Minuten, dem 1:01-Halbmarathonmann Joseph Kiptum, der Kassel-Sieger Hosea Tuei oder John Mutai Kipkorir gleich vier Landsleute auf dem Sprung zum Sieg. Eine große Unbekannte ist der Äthiopier Bane Tola, der gute Bahnleistungen aufzuweisen hat, aber auch eine 1:01 Stundenzeit über Halbmarathon rennen kann.
Von den (wenigen) weißen Läufern kann Witaly Shafar erneut eine wichtige Rolle spielen. 2006 war er bereits Vierter und ärgerte dabei gleich ein halbes Dutzend Kenianer mit einem mutigen Tempolauf. Said Azouzi kennt Darmstadt bei seinem vierten Start allerdings ebenso, auch die mannschaftsdienliche Weise der Ostafrikaner, die den spurtstarken Marokkaner Jahr für Jahr ausgetrickst hatten.
Doch der Stadtlauf ist (nicht ausschließlich) ein Eliterennen. Sondern vielmehr ein Laufspektakel für die vielen Hobby- und Freizeitläufer. Diese geben im Minutentakt den Rhythmus in der engen Fußgängerzone mit der legendären Treppenpassage – und begeistern die Freude und Bekannte und das Darmstädter Sportpublikum.
Aber es gibt auch hier Prominenz: So wird bei den Frauen über 5000 Meter die Berglauf-Junioren-Vize-Europameisterin Kerstin Straub ihren letzten Test vor der Berglauf-EM Anfang Juli im bulgarischen Sapareva Banya bestreiten, auch die Triathlon-Bundesliga-und Berglauf-WM-Starterin Natascha Schmidt möchte in Darmstadt antreten. Das sind natürlich nur zwei von vielen lokalen Größen, die sich den Stadtlauf-Termin immer wieder gerne freihalten, auch wenn es wegen des WM-Kick der Deutschen gegen Ghana diesmal ein Dienstag ist.
Immer mehr wird der Darmstädter Stadtlauf auch vom Teamgedanken geprägt, zahlreiche Darmstädter Unternehmen und Firmen aus der Umgebung haben den Stadtlauf für sich entdeckt.
Ludwig Reiser
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