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22
06
2010

Der längste Trainingslauf am Stück misst in der Regel 38 km.

Robert Kiprono Cheruiyot – schon als Kind lief der Boston-Marathon-Gewinner täglich 28 km – Große Straßenlauf-Sieger des Frühjahrs im Portrait (Teil 2)

By GRR 0

Dass beim Boston-Marathon der Streckenrekord auf eine Zeit von unter 2:06 Stunden gesteigert wurde, das hätte vorher kaum einer für möglich gehalten. Jener Mann, der auf der schweren, hügeligen Strecke für diese Überraschung sorgte, heißt Robert Kiprono Cheruiyot. Der erst 21-Jährige krönte mit seinem sensationellen Kursrekord von 2:05:52 die 114. Auflage des Boston-Marathons im April. Es war allerdings nicht die erste Marathon-Sensation, für die der Kenianer sorgte.

Robert K. Cheruiyot wuchs in Bomet auf. Die Kleinstadt liegt im südlichen Teil des Great Rift Valley, aus dem so gut wie alle kenianischen Weltklasseläufer stammen. Die Gegend ist für ihre Teeplantagen bekannt. Wie Cheruiyot erzählte, hatte er einen Schulweg von sieben Kilometern, den er viermal am Tag absolvierte. Denn zum Mittagessen kam er zwischendurch nach Hause. Mit täglichen Läufen von insgesamt 28 km wird er schon als Kind beziehungsweise Jugendlicher unbewusst die Grundlage gelegt haben für seine leistungssportliche Entwicklung. Als Schüler erreichte er über 5.000 m bereits 14:30 Minuten, dann lief er über 10 km 30:33.

Zunächst trainierte er nach der Schule in Iten, einem bekannten Trainingscamp in der Nähe von Eldoret (der Läufer-Stadt im Great Rift Valley). Dort hatte er sich einem erfolgreichen kenianischen Marathonläufer angeschlossen: Christopher Cheboiboch war 2002 sowohl beim Boston- als auch beim New York-Marathon Zweiter. „Aber ich hatte das Gefühl, dass ich keine Fortschritte machte“, erzählte Robert K. Cheruiyot, der sich deswegen einer anderen Gruppe anschloss. Seitdem wird er von William Kiplagat in Eldoret betreut, dessen eigene Marathon-Bestzeit bei 2:06:50 Stunden steht.

„Nach zwei Monaten Training wusste ich, dass Robert stark ist und das Training ernst nehmen würde. Auch wenn ich nicht selbst bei der Gruppe war, trainierte er diszipliniert nach meinen Vorgaben“, sagte William Kiplagat. Bei einem Halbmarathon in Nairobi erreichte Cheruiyot 2007 eine 63er-Zeit, was angesichts der Höhenlage ein gutes Ergebnis war. Kiplagat überredete ihn dann, zusammen mit ihm beim Frankfurt-Marathon 2008 an den Start zu gehen.

Das Problem war jedoch zunächst, dass der Eliteetat des Rennens bereits ausgeschöpft war. Doch Kiplagat überzeugte auch seinen Manager, den Holländer Jos Hermens, davon, Cheruiyot eine Chance zu geben. Hermens bezahlte das Flugticket aus eigener Tasche. Die Verabredung mit den Frankfurtern war: läuft Cheruiyot unter 2:14 Stunden, bekommt der Manager die Kosten erstattet.

Nie zuvor war der damals gerade 20-jährige Cheruiyot einen Marathon gelaufen und noch nie war er vor dem Rennen durch die Bankenmetropole außerhalb Kenias an den Start gegangen. Bei seinem ersten Europa-Trip nutzte der Youngster die Chance seines Lebens. Dabei sah man beim Rennen, dass er über keinerlei Erfahrung bei solchen Läufen verfügt. Statt hinter den Tempomachern zu rennen, lief Robert Kiprono Cheruiyot locker neben der Gruppe her. Schließlich machte er sich aus dem Staub und triumphierte mit einer Kursrekordzeit von 2:07:21 Stunden.

Seinen zehntplatzierten Trainer William Kiplagat hatte er um gut dreieinhalb Minuten hinter sich gelassen. „Ich bin völlig überrascht, dass ich hier gewonnen habe, daran hatte ich während des Rennens gar nicht gedacht“, erklärte Robert Kiprono Cheruiyot, der mit diesem Sieg in Frankfurt für die größte Überraschung in der Geschichte des ältesten deutschen City-Marathons sorgte und sich sofort einen Namen in der internationalen Laufszene machte. 50.000 US-Dollar verdiente er damals und sein Manager bekam das Flugticket erstattet.

„Dieser Sieg hat mein Leben verändert“, sagte Robert Kiprono Cheruiyot, der mit den Prämien seiner Familie aus einer Notlage heraus half: 2007 war sein Vater verstorben. Seine Mutter, die noch vier weitere Kinder hat, übernahm die kleine Farm mit drei Kühen. „Ich habe ihr ein neues Haus gebaut und sieben weitere Kühe gekauft – jetzt hat sie zehn“, erzählte Cheruiyot, der seit seinem Frankfurter Rennen 2008 gut vom Laufsport leben kann.

Im Frühjahr 2009 ging der Kenianer zum ersten Mal beim hochkarätigen Boston-Marathon an den Start und belegte einen beachtlichen fünften Platz in 2:10:06 Stunden. „Damals hatte ich leichte Probleme mit der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur.“ Im Herbst kam er als Titelverteidiger zurück nach Frankfurt und lief wiederum ein starkes Rennen. Als Zweiter verbesserte sich der inzwischen 21-Jährige auf 2:06:23 Stunden.

Dann gewann er den Boston-Marathon im zweiten Anlauf. „Ich hatte wieder Probleme mit der Oberschenkelmuskulatur als ich nach Boston kam, jedoch hatte ich dieses Mal jeden Tag eine Massage“, erzählte der Kenianer nach dem Rennen, das er mit einem halben Kilometer Vorsprung gewann. 175.000 Dollar erhielt er für diesen Triumph. „Ich werde meiner Mutter jetzt noch ein paar Kühe und Schafe kaufen.“

In der Marathon-Vorbereitung läuft Robert Kiprono Cheruiyot – er ist weder mit dem mehrfachen Boston- und Chicago-Marathon-Sieger Robert Kipkoech Cheruiyot noch mit dem Chicago-Gewinner 2008, Evans Cheruiyot, verwandt – wöchentlich bis zu 250 Kilometer.
Der längste Trainingslauf am Stück misst in der Regel 38 km. Zu den Trainingspartnern von Cheruiyot, der zurzeit bei William Kiplagat auch wohnt, gehört unter anderen Vincent Kipruto. Er gewann den Paris-Marathon 2009 mit 2:05:47.

Wer in Boston unter 2:06 läuft, sollte diese Zeit auf einem schnellen Kurs noch deutlich unterbieten können – Robert Kipkoech Cheruiyot ist ein Name, von dem man noch hören wird.

race-news-service.com

author: GRR

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