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18
07
2010

Die Erziehung der Gefühle I Ein Schulprojekt für die ersten Olympischen Jugendspiele: Friends@YOG: Lernen, verstehen – und vor allem Lachen! Von Klaus Weise

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Wenn am 14. August die 1. Olympischen Jugendspiele in Singapur eröffnet werden, gibt es am Stand des St. Andrew's Junior College (SAJC) Plätzchen in Form von Berliner Wahrzeichen und in Schwarz-Rot-Gold gehalten. Die Idee dazu kam den Schülern aus Singapur beim Backen mit Schülern des Romain-Rolland-Gymnasium (RoRo) in Berlin-Reinickendorf. Die beiden Schulen sind Teil des Programms Friends@YOG, das anlässlich der Premiere der Olympischen Jugendspiele ins Leben gerufen worden ist.

Denn neben dem Sport soll die Olympische Erziehung im Mittelpunkt der YOG stehen. Ziel ist es, Werte wie Freundschaft, Respekt, Fairplay, Toleranz und Integration zu vermitteln. Dem widmen sich im Culture and Education Programm (CEP) gleich mehrere anspruchsvolle Initiativen. Eine heißt FRIENDS@YOG und hat Partnerschaften zwischen den 360 Schulen Singapurs mit Schulen der Länder der 205 teilnehmenden Nationalen Olympischen Komitees zum Inhalt.

Partner des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ist die Deutsche Olympische Akademie (DOA). In einer Grundschule aus dem thüringischen Zeulenroda (Gewinnerschule des DOA-Wettbewerbes) und dem RoRo, das 2007/08 mit dem Deutschen Schulsportpreis aus-gezeichnet worden war, sind zwei deutsche Schulen dafür ausgewählt worden. Beide Einrich-tungen haben sich seit mehr als einem Jahr in die Gestaltung des Partnerschafts-Programms eingebracht, Ideen, Kreativität, Leidenschaft für das Thema und Begeisterung entwickelt.
„Wir sind Ostern 2009 von DOSB und DOA angerufen und gefragt worden, ob wir nicht Interesse hätten, bei diesem Projekt mitzumachen“, erzählt Kerstin Deutschmann, Fachbereichsleiterin Sport am „RoRo“. Durch die Beteiligung der Schule am Schulsportpreis und deren vielfältigen Austauschaktivitäten mit Einrichtungen in Frankreich, Großbritannien, China war der DOSB auf die Berliner und ihre innovativen Konzepte aufmerksam geworden. „Die Nachfrage an sich war ja schon mal ein dickes Kompliment, und Ziele und Inhalte der Youth Olympic Games hörten sich spannend an. Mein Ja kam sofort“, sagt die 51-Jährige, die es geschafft hat, an dem sprachlich orientiertem Gymnasium den Sport zu einer Selbstverständlichkeit zu machen. Im Schulgebäude gibt es mittlerweile viele Hinweise auf das Weltsportereignis für die Jugend.

Ihre Schülerinnen und Schüler stürzten sich mit Eifer und Engagement in die Partnerschaft und fingen schnell Feuer für die Youth Olympic Games. Bereits 2009 nahm ein RoRo-Schüler am eigens initiierten Young Reporters Training Camp teil, in dem die jungen Gäste aus den Partner-schulen mehr über die Jugendspiele erfahren und vor allem Land und Leute kennenlernen sollten. Zwölftklässler Fabian Knaack ging gemeinsam mit 25 Gleichaltrigen aus aller Welt auf Entdecker-Tour und traf in Singapur Schüler aus Afrika, die vorher noch nie ihr Dorf verlassen hatten. Er erlebte in einem Mikrokosmos, was im August im Großen den Sinn der Jugendspiele ausmachen soll: voneinander lernen, einander verstehen und respektieren. Das fand in Work-shops ebenso statt wie beim gemeinsamen Tanzen und Singen.

Kerstin Deutschmann hatte auf eigene Kosten ihren Schüler nach Singapur begleitet und war angetan davon, mit welchem Engagement sich die Singapurer auf „ihre“ Spiele vorbereiteten. „Die Schüler wurden wie Staatsgäste behandelt, saßen bei der Parade am National Day am 9. August, wo jährlich der Erringung der staatlichen Unabhängigkeit 1965 gedacht wird und der in Singapur über allem steht, in der ersten Reihe. Das hat keinen kalt gelassen“, sagt die Lehrerin.

Auch der Enthusiasmus der Schüler und Lehrer des St. Andrew's Junior College ließ sie stau-nen. „Die haben alles Mögliche gemacht, ihre Schul-Webseite mit Bildern und Berichten zu den Spielen, dem Projekt und über uns bestückt und eifrig E-Mails geschickt. Dann sind sie im November 2009 mit 35 Schülern nach Berlin gekommen.“ Kerstin Deutschmann weiß nicht, wo sie anfangen soll und sagt erstmal nur kurz: „Es war einfach schön.“

Eine Woche waren die Gäste da. Zeit genug, um eine Menge zu unternehmen, aber viel zu wenig Zeit, um die geknüpften Freundschaften richtig auszuleben. „Deshalb stand spätestens danach fest, dass unsere Schulen über die YOG hinaus in Kontakt bleiben werden.“ Beim Berlin-Besuch der SAJC-Schüler gab es einen Empfang des Reinickendorfer Bezirksbürgermeisters, einen gemeinsamen Projekttag, einen Workshop über digitale Fotografie und ein Tanzprojekt, in dem jede Seite etwas Landestypisches präsentierte. „Das Schönste aber war, wie wir am Ende gemeinsam Plätzchen gebacken haben, es war ja schließlich Vorweihnachtszeit. Dabei kam unseren Gästen auch die Idee, dass sie solche Leckereien am deutschen Stand der Schule während der Jugendspiele anbieten werden. In Form der Berliner Wahrzeichen und in Schwarz-Rot-Gold“, erzählt Kerstin Deutschmann.

Im April 2010 erfolgte der Gegenbesuch von zwölf RoRo-Schülern in Singapur. Zehn Tage blieben die Berliner. Es wurden Tage, die Eindruck hinterließen, Sichten und Ansichten veränderten. „Die Schüler aus Singapur waren sehr engagiert und interessiert. Sie wollten uns praktisch keinen Moment loslassen, so neugierig waren sie im allerbesten Sinne“, berichtet Kerstin Deutschmann von Stadtführung, Tempelbesichtigung, Museumsbesuch und der Fahrt auf dem weltweit größten Riesenrad. „Sogar beim Shopping haben sie uns hingebungsvoll betreut“, sagt die Sport-, Englisch- und Ethik-Lehrerin lachend. „Zwei bis drei unserer Schüler wurden jeweils auch von zwei, drei Singapurern begleitet, die aufpassten, dass wir uns in dem Getümmel ja nicht verliefen.“

Diese praktisch erlebte Zuwendung und Freundschaft hinterließ Spuren. „Die sonst auf Coolness festgelegten, reservierten deutschen Schüler machten eine erstaunliche Wandlung durch“, sagt die Lehrerin. „Die lachen ja immer und gehen aus sich heraus, dachte ich schon nach kurzer Zeit. Sie hatten sich geöffnet und ein Stückchen Singapur-Mentalität angenommen. Das war Erziehung der Gefühle ohne Zeigefinger. Kann es was Besseres zur Bestätigung der Sinn-stiftung der Jugendspiele geben?“

Der Aufenthalt in Singapur und die Partnerschaft mit dem St. Andrew's College habe das Leben der RoRo-Schüler bereichert. „Die Leute dort waren so fröhlich, herzlich und unvoreingenom-men, dass wir sie richtig lieb gewonnen haben“, sagt Deutschmann. Freundschaften sind entstanden, bis heute werden E-Mails geschrieben. „Unsere Gastgeber haben uns spüren lassen, dass sie keine Pflichtaufgabe erledigen. Sie sind auf alles eingegangen, haben alles hinterfragt, haben ihre Wochenenden geopfert, weil es für sie nichts Schöneres gab.“
Ihre RoRo-Schüler, das hat Kerstin Deutschmann gespürt, wollten „davon selbst etwas anneh-men und etwas zurückgeben“. Und noch einmal stellt sie Fragen, die eigentlich gar keine sind: „Ist nicht genau das der Sinn der Youth Olympic Games? Die Mentalität des anderen kennen- und verstehen lernen und dabei entdecken, dass man sehr gut und zu eigenem Nutz und Frommen etwas davon auch selbst aufnehmen kann?“

So ist nur logisch, dass das Romain-Rolland-Gymnasium beim „Youth Olympic Day“ am 24. Juli vorm Brandenburger Tor in Berlin vertreten sein wird, obwohl dieses Datum inmitten der Sommerferien liegt. An diesem Tag wird das Feuer der Olympischen Jugendspiele in die deutsche Hauptstadt kommen. „Wir werden fünf bis sieben Minuten auf der Bühne sein und unserer Begeisterung freien Lauf lassen“, kündigt Kerstin Deutschmann an.
Dass mit dem Youth Olympic Day und den Spielen die Partnerschaft mit dem St. Andrew's College in Singapur nicht beendet ist, steht eh fest. Ende des Jahres wird erneut Besuch aus Asien nach Berlin kommen. Dann will man gemeinsam das traditionelle Grundschulsportfest, das RoRo organisiert, vorbereiten. Unterstützt wird das Berliner Gymnasium dabei vom Landessportbund und der Bildungsstätte der Sportjugend, die beim Programm „Young Leaders Training“ kooperieren.

Und auch gen Singapur werden RoRo-Schüler weiterhin reisen. Das SAJC baut gegenwärtig ein großes Gästehaus für 600 Personen. „Wir sind schon herzlich eingeladen, wollen dann unsere Partnerschaft zum Beispiel über den Sport hinaus auf Umweltprojekte ausdehnen“, sagt Kerstin Deutschmann.

Klaus Weise in der DOSB Presse

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