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17
08
2010

Die leisen Töne - Doch eines blieb. Wir konnten der Versuchung der platten Schlagzeilen widerstehen

15 Jahre „LAUFZEIT“ – die Lauf-Fachzeitschrift aus Berlin besteht seit 1990 – „Wildsau beißt Berlinerin“, titelte kürzlich die hauptstädtische Boulevardpresse … Horst Milde gratuliert …

By GRR 0
Das Wendejahr 1989/1990 brachte für die vielen Läufer aus dem „anderen Teil“ Deutschlands für ihren Sport viele Umwälzungen in positiver, wie auch negativer Art. Eine der positiven Begleiterscheinungen war, dass sich mit Klaus Weidt, Wolfgang Weising und Ulf Ringer drei Sportjournalisten fanden, die die Idee hatten, eine neue Läufer-Zeitschrift zu begründen, die es im ehemaligen Ostteil Deutschlands bisher nicht gab.

Die einschlägigen Laufzeitschriften aus dem Westen waren „heiße Ware“ und gingen unter der Hand ihren Weg. Es gehörte schon viele Enthusiasmus, Mut und Energie dazu, sich auf diesem Markt etablieren zu wollen. Kräftige Geburtshelfer waren dabei Horst Milde und der BERLIN-MARATHON. In diesem prosperierendem Lauf-Umfeld wurde LAUFZEIT „hineingeboren“ und der Laufwelt bekannt gemacht. In den vergangenen 15 Jahren hat LAUFZEIT diese Marktlücke ausgebaut – und die lange und große Lauftradition Ostdeutschlands und Berlins wiederbelebt und neue Initiativen entfacht und damit den Laufsport in den neuen Bundesländern aus dem Tief neu entwickelt.

Viele der traditionellen Läufe hätten sicherlich auf diesem schwierigen Sektor  nicht überlebt, wenn LAUFZEIT  nicht ermuntert und medienmäßig gefördert hätte.

Wie aber auch die Redaktion – jetzt unter dem Chefredakteur Wolfgang Weising – natürlich ein gestandener Läufer – mit einer Minimannschaft das derzeit schwierige Geschäft meistert, ist anerkennenswert und sollte unterstützt werden.

LAUFZEIT  hat inzwischen mit WALKING eine Schwesterzeitschrift etabliert, die sich auch sehen lassen kann.

Im folgenden geben wir dem laufenden Chefredakteur Wolfgang Weising Raum für sein Editorial der Jubiläumsnummer, gratulieren zum Geburtstag und wünschen weiterhin viel Erfolg – und natürlich das „Ohr am Läufer“!

Horst Milde

Schlagzeilen
"Wildsau beißt Berlinerin", titelte kürzlich die hauptstädtische Boulevardpresse. Ja, das sind Schlagzeilen. Die liegen noch dazu einfach so im Wald herum. Eine garstige Wildsau und ihre Frischlinge bringen Auflage. Muss man da als Vertreter eines vergleichsweise leisen Mediums nicht neidisch werden. Man erinnere sich, wie einst namhafte Gazetten in Zeiten, da noch keine Rede vom Laufboom war, mit ihren Lettern die aufstrebende Bewegung erschlugen.

Verrückte
Die "Verrückten" erfuhren aus der Zeitung von ihrer Neurose. Und wenn nur einer nah genug am Laufgeschehen das Zeitliche segnete, dann gab es kein Halten mehr für die losgetretene Medienlawine. Auch der letzte, unsportlichste Redakteur wusste dann zu berichten, wie gefährlich doch das Laufen sei. In dieses Horn zu blasen und daraus Kapital zu schlagen verbot sich für uns von Anfang an. Ach, wie bescheiden klingt da ein Satz wie: "Laufen ist gesund". Wobei das heute schon besser in die Landschaft passt.

Besser jedenfalls als noch vor Jahrzehnten, als nur eine sehr bescheidene Bevölkerungsminderheit von dem Satz überzeugt war. Ungefähr zu jener Zeit, in der die LAUFZEIT als zartes Pflänzchen in einer quirligen, gerade erst wiedervereinigten deutschen Medienlandschaft keimte. Gestandene Titel gaben gerade reihenweise ihren Geist auf, da schickten sich die LAUFZEIT-Gründer an, eine Zeitschrift in den Markt einzuführen. Und das ohne das Instrumentarium der großen Schlagzeilen-Macher, mit kleinem Budget, aber mit umso mehr entschlossenem Engagement und mit nachhaltiger Unterstützung aus der Szene.

Mai 1990 war die Premiere
LAUFZEIT erschien erstmals zum Rennsteiglauf im Mai 1990. Der damalige Rennsteiglauf-Chef Hans-Georg Kremer erinnert sich daran auf den Mittelseiten dieser Ausgabe. Es war die Zeit des Aufbruchs in den neuen Bundesländern. Heute liegen 15 Jahre hinter dem LAUFZEIT-Team. Sie halten gerade die 167. Ausgabe in Ihren Händen. Wir haben das Antlitz leicht verändert. Denn, wie heißt es so schön: Nur wer sich verändert, bleibt der Alte. Auch ein bisschen Rückblick auf LAUFZEIT-Geschichte haben wir uns gestattet, verbunden mit guten Wünschen vieler unsere Wegbegleiter.

Dankeschön
Ein Dankeschön an Sie und an alle unsere treuen Leser. Wie zum Beispiel Dieter Stabrey, der uns ein Foto von seiner vollständigen LAUFZEIT-Sammlung zusandte. Wie nahm sich die erste Ausgabe 5/1990 doch noch bescheiden aus mit 32 Seiten Inhalt, fifty-fifty zweifarbig und schwarzweiß. Heute legen wir mindestens das Doppelte in Farbe vor. Dazwischen liegt die Zeit der größten technischen Umbrüche in der Druck- und Satztechnik seit Gutenberg. Die nächsten sind im Gange. Schon wachsen virtuelle LAUFZEIT-Seiten im Internet. Und längst übertrifft die elektronische Post die herkömmliche.

Die leisen Töne
Doch eines blieb. Wir konnten der Versuchung der platten Schlagzeilen widerstehen. Bevor wir Wunder nachdrucken, suchen wir erst nach den Erklärungen. Was wir nicht wissen, versuchen wir nicht zu behaupten. Weil unsere Leser fragen, suchen wir weiter nach Antworten. Dem ehrlichen Streit räumen wir gern Platz ein, dem Kleingeist schon weniger. So pflegen wir für unsere Leser weiter die leisen Töne fernab der großen Schlagzeilen.

Bis auf die eine, zum lauten Weitersagen:
Immer ist LAUFZEIT!

Wolfgang Weising
Chefredakteur
www.laufzeit.de

author: GRR

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