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04
12
2010

In den letzten Jahren wurden die anderen japanischen Elite-Marathons (Beppu-Oita, Lake Biwa, Tokyo) durch ungünstige Witterungsbedingungen bei den Spitzenzeiten stark in Mitleidenschaft gezogen.

Fukuoka Marathon/Japan – Siegt diesmal der andere Kebede? Am Sonntag startet die 64. Auflage des Fukuoka-Marathons – Helmut Winter berichtet

By GRR 0

Mit dem Fukuoka-Marathon gibt es am Ende eines ereignisreichen Jahrs in der internationalen Marathonszene einen letzten Höhepunkt, denn dieser Lauf in der südjapanischen Metropole hat neben einer langen Tradition auch einen hohen Leistungsanspruch, dem man insbesondere in den letzten Jahren immer wieder entsprechen konnte.

Bereits zum 64. Mal wird am Sonntag pünktlich um 12:10 Uhr im Heiwadai-Stadion der Lauf durch die Straßen Fukuokas und Hakatas gestartet, der Lauf existiert somit bereits genauso lange wie in unseren Landen der Paderborner Osterlauf.

Und so ist es kaum überraschend, dass Tradition in Fukuoka eine besondere Rolle spielt. Der Fukuoka-Marathon war vor 1980, bevor sich durch eine Welle neuer Stadtmarathons auch vom Leistungsniveau her eine Ablösung vollzog, einmal das Nonplusultra des Marathonlaufs und hatte den Rang inoffizieller Weltmeisterschaften. Mehrere Weltrekorde wurden hier aufgestellt und in der Regel fünf Läufer der absoluten Weltklasse nach Fukuoka eingeladen, um sich mit der japanischen Elite zu messen.

Dieser Tradition fühlt man sich bis heute verpflichtet, obwohl es über die Jahre immer schwieriger wurde, angesichts der weltweiten Konkurrenz um die Läufer der Weltelite. Dazu kommt noch, dass am Ende einer ereignisreichen Saison viele Topathleten bereits bei den vielen hochkarätigen Herbstmarathons an den Start gegangen sind, was das Feld potentieller Starter stark reduziert.

Trotzdem gelang es den Veranstaltern in Fukuoka aber immer wieder, ein Feld von hoher internationaler Klasse an den Start zu bringen. So waren in den letzten Jahren neben dem Star der Szene, Haile Gebrselassie (2006), auch alle Medaillengewinner der letzten Olympiade in Beijing 2008 am Start: Wanjiru, Gharib, Kebede sowie der Vierte Merga. Die Veranstaltung zur Mittagszeit wird live von Asahi TV landesweit übertragen und erzielt beste Einschaltquoten. Vier Tempomacher unterstützen die Elite im ersten Teil des Rennens, wobei aber die Intention der Veranstalter, möglichst lange auch japanische Läufer an der Spitze zu zeigen, dazu führte, die Tempojagd erst jenseits der 25 km zu beginnen.

Im letzten Jahr wich man früh durch Absagen der stärksten einheimischen Läufer von diesem Konzept ab, und Tsegaye Kebede bedankte sich sofort mit einer deutlichen Verbesserung des Streckenrekords auf auch international hochwertige 2:05:18. Der extrem flache Kurs durch die Hafenstadt im Süden Japans ist allerdings für noch schnellere Zeiten prädestiniert, wenn alle Randbedingungen stimmen. Ein erster Kandidat für ein solches Vorhaben wird aber in diesem Jahr fehlen, der Sieger der letzten beiden Jahre, der kleine Äthiopier Tsegaye Kebede, folgte in diesem Jahr dem Ruf der Marathon Majors und wurde in einem packenden Duell mit Sammy Wanjiru (KEN) – der gewann gleichfalls in Fukuoka bei seinem beeindruckenden Marathondebut – Zweiter. Das war am 10.10.2010, ein Start Anfang Dezember in Fukuoka war damit ausgeschlossen.

Somit konnte man schon gespannt sein, wer nach der Flut von überragenden Leistungen im Jubiläumsjahr „2500 Jahre Marathon“ von der internationalen Elite noch für den Lauf in Fukuoka „übrig“ blieb. Wie eng es beim Kampf um die schnellsten Beine mittlerweile wird, veranschaulicht die Tatsache, dass keine Kenianer der absoluten Spitze in diesem Jahr am Start ist, obwohl Kenia im Jahr 2010 die internationalen Marathonszene eindeutig dominiert. Die Spitzenläufer kommen in diesem Jahr aus Marokko, Äthiopien, Osteuropa und dem Land der Gastgeber.

Der Topstar der Veranstaltung ist Jaouad Gharib. Der Marokkaner gehört ohne Zweifel der Weltelite an, wobei er sich in der Regel während der Läufe kaum in den Vordergrund drängt, am Ende aber mit einer beeindruckenden Konstanz auch bei den großen Läufen, wie London oder Chicago, immer wieder auf Spitzenplätzen landet. 2003 und 2005 war er Weltmeister im Marathon, 2008 gewann er Silber bei den Olympischen Spielen in Beijing.

Gharib ist mit 38 Jahren am Ende einer langen und überaus erfolgreichen Karriere, hat aber immer noch ein beeindruckendes Leistungsniveaus. Seine Bestleitung stammt aus dem letzten Jahr, wo er beim London-Marathon Dritter in 2:05:27 wurde, eine Weltklassezeit. Er kündigte im Vorfeld ein schnelles Rennen am Sonntag an, er möchte möglichst unter 2:06 bleiben; dann würde es auch schon in Richtung Streckenrekord gehen.

Dabei trifft er mit Dimitro Baranovskyy (UKR) auf einen Mitstreiter um den Sieg, mit dem er sich 2006 bereits an gleiche Stelle einen spannenden Kampf auf der Schlussrunde im Hewedei-Stadion lieferte, den der Ukrainer am Ende knapp gewann, bevor er durch einen Krampf im Oberschenkel hinter der Ziellinie zusammenbrach. Baranovskyy ist in der Tat kein Unbekannter in Fukuoka, er gewann völlig überraschend den Lauf 2005 in 2:08:29, das ist bis heute seine Bestzeit.

Nach seinem zweiten Platz 2006 mit Bestzeit von 2:07:15 (hinter Haile) plagten ihn diverse Verletzungen, im letzten Jahr konnte er aber mit seinem dritten Platz in Fukuoka in guten 2:08:13 wieder überzeugen. In Europa ist er damit einer der Spitzenläufer, der aber nur in Fukuoka gute Leistungen zeigen konnte.

Falls allerdings 2010 am Ende wieder Kebede vorne sein sollte, verträgt sich das durchaus mit dem Fehlen des Siegers des Vorjahres, denn als bester Ostafrikaner im Feld ist der Äthiopier Tekeste Kebede (ETH) gemeldet. Der 29 jährige Athlet war lange Zeit Mittelmaß, hat sich aber in den letzten Jahren stetig verbessert und ist mittlerweile in der breiteren Weltspitze angekommen. Im letzten Jahr wurde er nur vom anderen Kebede in Fukuoka geschlagen. Und seine Bestzeit vom letzten Jahr von 2:07:52 konnte er in diesem Jahr als Zweiter auf der schwierigen Stecke in Boston mit 2:07:23 noch einmal steigern.

Als weitere eingeladene ausländische Läufer sind Adam Draczynski (POL) (Bestzeit 2:10:49), Dmitry Safronov (RUS) (Bestzeit 2:11:51) sowie Luis Feiteira (POR) (Bestzeit 2:11:57) dabei. Eine vordere Platzierung dieser Läufer wäre aber angesichts deren Leistungspotentials eine Überraschung.

Von japanischer Seite hat eigentlich nur Satoshi Irifune realistische Aussichten auf eine vordere Platzierung. 2008 wurde Irifune in Fukuoka hinter Tsegaye Kebede Zweiter in 2:09:23. Von den Bestzeiten sind seine Landleute Tomoaki Kunichika, Toshinari Suwa und Tsuyoshi Ogata noch höher einzuschätzen. Diese Zeiten wurden aber alle bereits 2003 in Fukuoka erzielt und sagen wenige über das aktuell noch vorhandene Leistungspotential. Aber vielleicht überrascht auch ein Läufer aus dem Nachwuchs, der in Japan schier unerschöpflich ist, und es unverständlich macht, warum die japanischen Männer aktuell der Weltspitze so deutlich hinterherlaufen.

In den letzten Jahren wurden die anderen japanischen Elite-Marathons (Beppu-Oita, Lake Biwa, Tokyo) durch ungünstige Witterungsbedingungen bei den Spitzenzeiten stark in Mitleidenschaft gezogen. Und es war stets der Fukuoka-Marathon, der die „Ehre“ der Samurais hochhielt. Das dürfte auch in diesem Jahr nicht anders sein. Zeiten im Bereich von 2:12 wie im Februar beim Regenrennen von Tokyo wären schon eine große Enttäuschung. Hinsichtlich der Tempogestaltung baut man schon seit vielen Jahren auf die Erfahrung von Samson Ramadhani (TAN), der von Eluid Kiptanui (KEN) und Nicholas Kiprono (UGA) unterstützt wird. Am Anfang hilft in guter Tradition auch ein Japaner mit, Kohei Matsumura.

Aktuell sind die Wetterdaten für den Lauf recht günstig, es herrscht fast Frühling in Fukuoka. Falls die Temperaturen die gemeldeten 18°C nicht übersteigen und der Wind sich zurückhält, steht einem schnellen Rennen nichts entgegen.

Helmut Winter

 

Liste der Topathleten beim 64. Fukuoka-Marathon am 5.12.2010

 

1

Jaouad Gharib

MAR

02:05:27

2

Dmitro Baranovskyy

UKR

02:07:15

3

Tekeste Kebede

ETH

02:07:23

4

Adam Draczynski

POL

02:10:49

5

Dmitry Safronov

RUS

02:11:51

6

Luis Feiteira

POR

02:11:57

7

Andrew Lemoncello

GBR

02:13:40

21

Tomoaki Kunichika

JPN

02:07:52

22

Toshinari Suwa

JPN

02:07:55

23

Tsuyoshi Ogata

JPN

02:08:37

24

Satoshi Irifune

JPN

02:09:23

25

Tomoya Shimizu

JPN

02:09:23

26

Takayuki Matsumiya

JPN

02:10:04

27

Atsushi Ikawa

JPN

02:11:04

61

Yuki Kawauchi

JPN

02:12:36

62

Kenta Oshima

JPN

02:12:54

63

Tomonori Onitsuka

JPN

02:12:48

70

Tomohiro Seto

JPN

02:12:21

72

Masatoshi Oike

JPN

02:12:15

41

Kohei Matsumura

JPN

Pace

42

Eliud Kiptanui

KEN

Pace

43

Samson Ramadhani

TAN

Pace

44

Nicholas Kiprono

UGA

Pace

 

Japanese:   
Tomoaki Kunichika, 2:07:52
Toshinari Suwa, 2:07:55
Tsuyoshi Ogata, 2:08:37
Satoshi Irifune, 2:09:23
Tomoya Shimizu, 2:09:23
Takayuki Matsumiya, 2:10:04
Atsushi Ikawa, 2:11:04

Other Notable runner:  
Masato Imai, 2:18:34

Pace Makers:
Eliud Kiptanui (KEN)
Samson Ramadahni (TAN)
Nicholas Kiprono (UGA)
Kohei Matsumura (JPN)

 

 

 

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author: GRR

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