Die Nada ist oft und lange von Sportfunktionären angegriffen worden. Nun zeigt sich: Der gefährlichste Gegner sitzt im eigenen Haus.
Sport-Kommentar – Der Feind im eigenen Lager – Ist Anja Berninger Opfer einer Intrige? Es gibt Insider, die das behaupten. Die hohe fachliche Akzeptanz der Nada steht in krassem Gegensatz zu ihrer chaotischen Personalpolitik. Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Die Nachricht ist: Nun hat auch Anja Berninger hingeschmissen. Sie ist nur noch bis nächste Woche kommissarisch Nachfolgerin von Göttrik Wewer, der wiederum vor knapp fünf Monaten Knall auf Fall die Geschäftsführung der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) aufgab.
Die Mitteilung allerdings, welche die Nada aus ihrer Villa im ehemaligen Regierungsviertel von Bonn verschickt, trägt die Überschrift: „Grünes Licht für neue Stiftungsverfassung“. In Wirklichkeit sollte sie lauten, dass die Nada mit ihrer Personalpolitik in einer tiefen Krise steckt. Obwohl unterbesetzt und schlecht finanziert, ist es ihr gelungen, immer mehr Verbände davon zu überzeugen, ihr neben den Trainings- auch die Wettkampfkontrollen zu übertragen und der Nada als Kompetenzzentrum der Dopingbekämpfung darüber hinaus die Behandlung von positiven Fällen bis zu Sperren anzuvertrauen.
Das alles geschah während einer heftigen politischen Diskussion um Datenschutz und Persönlichkeitsrechte von Spitzensportlern, die nicht wenige durch das Kontrollregime unzulässig beeinträchtigt sehen.
Anja Berninger schweigt
Die hohe fachliche Akzeptanz der Nada steht in krassem Gegensatz zu ihrer chaotischen Personalpolitik. Schon Wewers Abschied ließ deutlich werden, dass die Trennung von Haupt- und Ehrenamt, die Grenze zwischen Tagesgeschäft und Aufsicht nicht funktioniert. Nun ist die Reform beschlossen, doch der starke Mann ist immer noch derselbe: Hanns Michael Hölz, im Hauptberuf als Managing Director für vielfältiges bürgerschaftliches Engagement der Deutschen Bank zuständig. Er will vom Vorsitz des Kuratoriums in den Vorsitz des Aufsichtsrates wechseln – und mehr.
Am Dienstag bot er seinen Kollegen im sogenannten Präsidialausschuss an, zwischenzeitlich auch die Geschäftsführung der Nada zu übernehmen. Das Gremium nahm sich die Freiheit, dankend abzulehnen. Mancher Geschäftsführer konnte sich der fürsorglichen Einmischung des Kuratoriumsvorsitzenden nicht so leicht erwehren.
Unter Eingeweihten macht die Runde, dass der 59 Jahre alte Hölz der 31 Jahre alten Anja Berninger den Eindruck vermittelt haben soll, dass sie den Rückhalt der Politik verloren habe, den des Innenministeriums ebenso wie den des Bundestages. Hölz will das nicht kommentieren, Anja Berninger schweigt. Mehrere Quellen bestätigten den Umstand. Ministerium und Sportausschuss haben der Geschäftsführerin inzwischen ihr Vertrauen ausgesprochen. Doch da hatte sie schon auf die Fortsetzung ihrer Arbeit und die Weiterleitung ihrer Bewerbung verzichtet. Im Volksmund nennt man so etwas Intrige.
Die Nada ist oft und lange von Sportfunktionären angegriffen worden. Nun zeigt sich: Der gefährlichste Gegner sitzt im eigenen Haus.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 22. Febraur 2011