Zwar gab es keinen Weltrekord, doch darf sich Rotterdam in anderer Hinsicht als schnellstes Rennen der Welt bezeichnen.
Topzeiten, aber kein Weltrekord in Rotterdam
Der Marathon-Weltrekordler heißt nach wie vor Haile Gebrselassie. Die Veranstalter des Rotterdam-Marathons hatten vor ihrem hochklassigen Rennen darauf spekuliert, dass die Rekordzeit des Äthiopiers (2:03:59 Stunden in Berlin 2008) bei ihrem Rennen fallen könnte und hatten daher eine Prämie in Höhe von 350.000 US-Dollar versichert.
Die Marke fiel am Sonntag auf der sehr schneller Rotterdamer Strecke zwar nicht, doch gab es trotzdem zwei Weltklassezeiten: Der Kenianer Wilson Chebet triumphierte in 2:05:27 Stunden mit nur sechs Sekunden Vorsprung vor seinem Landsmann Vincent Kipruto. Dies sind die bisher schnellsten Marathonzeiten des Jahres 2011.
Auch bei den Frauen gab es eine knappe Entscheidung im Rennen um den Sieg: Hier gewann die kenianische Debütantin Philes Ongori mit sehr guten 2:24:20 Stunden vor der aus Kenia stammenden Holländerin Hilda Kibet (2:24:27). Bei Temperaturen von rund 16 Grad Celsius während des Rennens war es phasenweise etwas windig.
Zwar gab es keinen Weltrekord, doch darf sich Rotterdam in anderer Hinsicht als schnellstes Rennen der Welt bezeichnen. Was den Durchschnitt der schnellsten zehn je bei einem bestimmten Marathon erzielten Zeiten angeht, hat Rotterdam am Sonntag die Spitzenposition von Berlin übernommen. Der Schnitt der Holländer steht jetzt bei 2:05:06,1 Stunden.
Zweiter ist Berlin mit 2:05:09,6 vor London (2:05:30,6). Beim Berlin-Marathon Ende September kann sich dies allerdings auch schnell wieder ändern. Rotterdams Jahresweltbestzeit könnte schon am kommenden Sonntag in London in Gefahr geraten. In den vergangenen zwei Jahren hatte Rotterdam jeweils die schnellsten Männer-Marathonzeiten des Jahres (2:04:27 in 2009 und 2:04:48 in 2010). Doch dieses Jahr dürften die 2:05:27 eher nicht als Jahresweltbestzeit bis Ende Dezember halten.
Sieben Läufer mit Bestzeiten zwischen 2:05:13 und 2:06:33 Stunden waren in Rotterdam am Start. Noch nie war das Feld bei dem Traditionsrennen in der Breite der Spitze derart stark besetzt. In Holland sprach man von den ,Magnificent Seven'. Wie geplant wurde die Gruppe im Weltrekordtempo durch den ersten Abschnitt des Rennens geführt. Zu den Pacemakern zählte unter anderen der Weltklasse-Halbmarathonläufer Sammy Kitwara (Kenia).
Doch wahrscheinlich begannen die kenianischen und äthiopischen Topfavoriten das Rennen etwas zu schnell. Die 5-, 10- und 15-km-Zwischenzeiten wurden mit 14:38 Minuten, 29:09 und 43:49 gestoppt. Dieses Tempo lief nicht mehr nur auf die Weltrekordzeit von Haile Gebrselassie hinaus, sondern es hätte für ein Ergebnis von knapp über 2:03 Stunden gereicht – also fast eine Minute schneller als die Bestzeit des Äthiopiers!
An der 20-km-Marke lag die Gruppe von der Zwischenzeit her immer noch im Weltrekordbereich: 58:40 Minuten wurden hier gestoppt, die prognostizierte Endzeit wäre nun bei gleichbleibendem Tempo 2:03:47 gewesen. Doch die Kilometerabschnitte wurden langsamer, was bereits auf dem Weg zu der 20-km-Marke zu erkennen gewesen war. 62:07 Minuten wurden nach der ersten Hälfte gestoppt. Damit lag die Rotterdamer Spitzengruppe, in der unter anderen Wilson Chebet und Vincent Kipruto sowie die Äthiopier Feyisa Lelisa (Bestzeit: 2:05:23) und Chala Dechase (2:06:33) rannten, im Vergleich zum Weltrekordfahrplan erstmals etwas zurück.
Hinzu kam, dass bereits zu diesem Zeitpunkt – offenbar aufgrund des hohen Anfangstempos – ein paar Favoriten den Kontakt zur Spitze verloren hatten. Gilbert Kirwa (Kenia), der Gewinner des Frankfurt-Marathons 2009 in 2:06:14 Stunden, war vor der 20-km-Marke zurückgefallen, sein Landsmann Eliud Kiptanui folgte kurz danach. Besonders auf Kiptanui hatten die Rotterdamer gehofft, schließlich hatte er im vergangenen Jahr auf der nicht leichten Prager Marathonstrecke die dortige Kursbestzeit auf sensationelle 2:05:39 geschraubt. Doch auch in seinem dritten Marathon nach Prag kam er nicht annähernd an dieses Ergebnis heran. In Rotterdam wurde er am Sonntag schließlich Vierter in 2:09:08.
Nach 25 km (1:13:42) und 30 km (1:28:42) fehlten immer mehr Sekunden zu jenen Zwischenzeiten, die für einen Weltrekord nötig gewesen wären. Kurz darauf fielen die beiden Äthiopier Feyisa Lelisa und Chala Dechase aus der Spitzengruppe. Und nachdem Sammy Kitwara als letzter Tempomacher nach 35 km (1:43:44) aus dem Rennen gegangen war, ging es bei einem ,Zwischenzeit-Rückstand' auf den Weltrekord von nunmehr rund einer Minute für die beiden verbliebenen Kenianer nur noch um den Sieg.
Erst gut einen Kilometer vor dem Ziel fiel die Entscheidung: Gegen Wilson Chebets Tempoverschärfung war Vincent Kipruto machtlos. Hinter Kipruto (2:05:33) belegten Dechasa (2:08:47), Kiptanui (2:09:08) und Alemayehu Shumye (Äthiopien/2:09:36) die nächsten Plätze.
Für den erst 25-jährigen Wilson Chebet war der Sieg in Rotterdam der größte Erfolg seiner Karriere. Als sehr guter Halbmarathonläufer (Bestzeit: 59:15 Minuten) war er erst im vergangenen Oktober sein Marathondebüt gelaufen. In Amsterdam wurde Chebet damals Zweiter und lief auf Anhieb hochklassige 2:06:12 Stunden. Rotterdam war jetzt erst sein zweiter Marathon.
Wie so oft in Rotterdam war das Frauenfeld nicht so stark besetzt wie jenes der Männer. Hilda Kibet lief lange Zeit an der Spitze einer Gruppe, zu der auch Philes Ongori, Lishan Dula (Bahrain) und Shetaye Bedasa (Äthiopien) gehörten. Im Gegensatz zu den Männern liefen die Frauen jedoch die zweite Hälfte schneller als die erste, was für eine gute Renneinteilung der zwei Erstplatzierten spricht. Nach 1:12:38 Stunden hatte das Quartett die Halbmarathonmarke erreicht. Etwa nach 30 km (1:43:16) fielen Dula und Bedasa zurück.
Nun entwickelte sich ein Zweikampf, der erst auf dem letzten Kilometer entschieden wurde. Die 24-jährige Debütantin Philes Ongori, die 2009 bei der Halbmarathon-WM Platz zwei belegt hatte, war es, die sich schließlich in 2:24:20 mit sieben Sekunden Vorsprung durchsetzte. Hinter Hilda Kibet wurde Lishan Dula mit 2:26:56 Stunden Dritte. Auf Rang vier folgte Alessandra Aguilar (Spanien/2:27:00), Fünfte wurde die ehemalige Boston-Marathon-Siegerin Rita Jeptoo (Kenia/2:28:09).
race-news-service.com
Leading Results:
MEN –
1. Wilson Chebet KEN 2:05:27 PB
(splits: 14:38-29:09-43:49-58:40-:1:02:07-1:13:42-1:28:41-1:43:44-1:58:47)
2. Vincent Kipruto KEN 2:05:33
3. Chele Dechasa ETH 2:08:47
4. Elius Kiptanui KEN 2:09:08
5. Alemayehu Shumye ETH 2:09:36
6. Michael Kipyego KEN 2:11:03
7. Feyisa Lilesa ETH 2:11:42
8. Koen Raymaekers NED 2:13:41
9. Julius Kanghethe Mbugua KEN 2:14:11
10. Zemiro Zohar ISR 2:14:28 PB
11. Gilbert Kirwa KEN 2:14:29
12. Miguel Barzola ESP 2:15:00
13. Marius Ionescu ROU 2:16:11 PB
14. Brihun Weva ISR 2:17:17
15. Sean Conolly IRE 2:17:23
16. Jaume Leiva ESP 2:17:57
17. Ruben Sanca USA 2:18:47
18. Seteng Ayale ISR 2:19:32
19. Ivan Galan ESP 2:20:27 PB
20. Pablo Lopez Sanchez ESP 2:20:58
WOMEN –
1. Phils Ongori KEN 2:24:20 debut
2. Hilda Kibet NED 2:24:27 PB
3. Lishan Dula BHR 2:26:56 PB
4. Alessandra Aguilar ESP 2:27:00 PB
5. Rita Jeptoo KEN 2:28:09
6. Shetaye Bedasa ETH 2:29:52
7. Maria Jose Pueyo ESP 2:34:52
8. Xenia Luxem BEL 2:35:48 PB
9. Christina Bus Holth NOR 2:37:12 PB
10. Lindsay van Marrewijk NED 2:37:40 PB
11. Irene Limika KEN 2:38:53
12. Raquel Maraviglia ??? 2:41:23
13. Kelly Calway USA 2:44:47
14. Johanna Kykyri FIN 2:46:27
15. Loretta Kilmer USA 2:46:27 correct