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17
05
2011

Ein anderes Foto zeigt den einst schnellsten Mann der Welt: Armin Hary beim Zieleinlauf des 100m-Finales der Olympischen Sommerspiele in Rom am 3. September 1960 „knapp" vor seinen Kontrahenten aus den USA und Großbritannien.

Das XX. Jahrhundert in Fotografien – „Menschen-Orte-Zeiten“ – Momente des Sports im Deutschen Historischen Museum Berlin – Prof. Dr. Detlef Kuhlmann berichtet

By GRR 0

 Seit nunmehr 20 Jahren sammelt das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin Fotografien zur Zeitgeschichte und zum Alltagsleben. Auf über 1,7 Negative ist das Archiv inzwischen angewachsen. Unter dem Motto „Das XX. Jahrhundert Menschen-Orte-Zeiten" sind noch bis zum 3. Oktober 2011 in der Ausstellungshalle von I.M. Pei (Erdgeschoß) rund 300 fotografische Highlights im chronologischen Überblick aus dieser umfangreichen Sammlung zu sehen, die von den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der DDR 1990 reicht und eine ähnliche Präsentation des Museums aus dem letzen Jahr fortsetzt.

In Erinnerung an den 50. Jahrestag des Mauerbaus am 13. August 1961 wird jetzt sogar auf beiden Seiten einer eigens installierten Mauer mit zeithistorischen Bildern der deutschen Teilung und des Kalten Krieges gedacht. Der Sport als Massenphänomen des XX. Jahrhunderts und bedeutendes Kulturgut unserer Zeit nimmt neben Themen wie „Fotografie im Dienste der Wissenschaft" oder „Fotografie für jedermann" mit knapp 10% der Motive einen gebührenden Platz ein.

Wenn man im Ausstellungsraum links an der dunkel-blauen Porträt-Wand mit Fotos von Albert Einstein, Albrecht Schweitzer und Thomas Mann vorbeigeht, gelangt man gleich zur hell-blauen Sport-Wand mit bewegenden  Momenten des Leistungssports auf insgesamt 16 Schwarz-Weiß-Fotografien im DIN-5-Format.

Manche werden sich an die dort im Bild festgehaltenen Sportereignisse sofort erinnern, andere können auf jeden Fall mit den Namen der abgebildeten Sportlerinnen und Sportler etwas anfangen, die ihr großes sportliches Können demonstrieren oder (nur) ihrem Jubel freien Lauf über einen wichtigen errungenen Sieg wie beispielsweise Helmut Rahn mit der Weltmeistermannschaft am 4. Juli 1954 in Bern nach dem völlig überraschenden 3:2-Sieg gegen Ungarn – einem Datum, das im Nachhinein als die eigentliche „Geburtsstunde des Nachkriegsdeutschland" (Begleittext zum Foto) bezeichnet wird.

Ein anderes Foto zeigt den einst schnellsten Mann der Welt: Armin Hary beim Zieleinlauf des 100m-Finales der Olympischen Sommerspiele in Rom am 3. September 1960 „knapp" vor seinen Kontrahenten aus den USA und Großbritannien. Und wer erinnert sich noch an Rosemarie Ackermann, die als erste Frau der Welt am 27. August 1977 im Berliner Olympiastadion über zwei Meter hoch sprang?

Auf den anderen Bildern mit großen Sportlern sind beispielsweise Max Schmeling im Boxkampf gegen Steve Hamas in der Hamburger Hanseatenhalle 1935, Emil Zatopek beim 5.000 m-Finale während der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin und der brasilianische Fußballstar Pelé beim Torjubel während der Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko zu sehen. Als weitere Sportarten bzw. Sportdisziplinen mit je eigenen Exponaten sind der Radsport und der Bobsport, das Wasserspringen und das Skispringen sowie das längst „ausgestorbene" Feldhandballspiel vertreten mit einer rasanten Sprungfallwurfszene aus der Begegnung der Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) gegen die Nationalmannschaft der Schweiz im Jahre 1964.

Die meisten dieser Fotos entstammen der Sammlung der „Schirner Pressebild Agentur", die das DHM inzwischen erworben hat. Und dazu gehört auch jener kuriose Schnappschuss aus dem Jahre 1959, als der Fußballspieler Dieter Wöske von Fortuna Düsseldorf im Spiel gegen den 1. FC Köln sich plötzlich im Tornetz verfängt und deswegen von hinten vom „angreifenden" Polizeihund Ajax unsanft gebissen wird, der eigentlich nur am Spielfeldrand hinter dem Tor wachen sollte …

Und sonst? Beim aufmerksamen Rundgang durch die rund 400 Quadratmeter große Ausstellungsfläche eröffnen sich dem interessierten Betrachter noch einige weitere Motive und Momente aus der Zeitgeschichte der modernen Sportbewegung bzw. aus dem alltäglichen Bewegungsleben der Menschen in jener Zeit: Als die älteste sportbezogene Fotografie der Ausstellung kann die Aufnahme „Tanz im Freibad Wannsee" gelten, die tatsächlich freudvoll im Sand tanzende (allerdings mehrteilig bekleidete!) Paare im Freibad Wannsee (Berlin) zeigt, nachdem dort am 8. Mai 1907 das allgemeine Badeverbot aufgehoben worden war.

Mitglieder aus Vereinen der Lebensreform und der Arbeiter(sport)bewegung hatten sich dafür stark gemacht – ganz zum Entsetzen konservativer Kreise und wohlhabender Ortsansässiger, die mit dem „freizügigen Treiben" im (offenen) Wasser damals offensichtlich noch nicht soviel anfangen konnten.

Fotografien mit stimmungsvollen Spuren zum Sport im weitesten Sinne gibt es aber ebenso beim Anblick der mehrköpfigen Hochseilartistentruppe „Camilla Meyer" im Berliner Lustgarten vor der Ruine des Stadtschlosses im Sommer 1947, die gerade eine dreigeschossige Menschenpyramide zeigt … und nicht zuletzt beim Massenauflauf der Männer und Frauen anlässlich der Fahnenweihe auf dem VIII. Turn- und Sportfest der DDR im Sommer 1987 in Leipzig, deren „einheitliche" Sportkleidung bis zu jenen vier Buchstaben „DTSB" reicht, die als Stoffabzeichen auf die Jacken der Trainingsanzüge aufgenäht sind.

Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet und befindet sich im DHM, Unter den Linden 2; ein Direktzugang zum Pei-Bau ist über die Straße Hinter dem Gießhaus 3 möglich.

Weitere Informationen im Internet unter: www.dhm.de.

 Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

 

author: GRR

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