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03
07
2011

Blanka Vlasic könnte an diesem Donnerstag ihren hundertsten Mal die Zwei-Meter-Marke überspringen. All die großen Sprünge der vergangenen Jahre haben ihren Anfang in einem finsteren Tief genommen. Nun ist die Kroatin hungriger denn je.

Hochspringerin Blanka Vlasic – Hundert mal zwei reicht nicht – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

Aus ihrer Lebensfreude macht Blanka Vlasic kein Geheimnis. Ob sie auf der Hochsprungmatte tanzt, Küsschen ins Publikum wirft oder darüber spricht, wie fabelhaft sie das Tief von 2008 überwunden hat, stets lässt die 1,92 Meter große Kroatin ihre Umgebung teilhaben an dem, was sie als Glück empfindet: sich scheinbar mühelos in die Luft zu katapultieren und zu den besten Athleten der Welt zu gehören.

Mit 16 Jahren qualifizierte sich die Tochter des ehrgeizigen Zehnkämpfers Joschko Vlasic zum ersten Mal für die kroatische Olympiamannschaft. Zwölf Jahre später, in London, will sie endlich Olympiasiegerin werden. An diesem Donnerstagabend wird die 27-jährige Kroatin in Lausanne voraussichtlich wieder einmal beweisen, dass sie die beste Hochspringerin der Welt ist und die beständigste dazu: Wenn sie zwei Meter überspringt, wie beim Sieg in ihrer Heimatstadt Split am Freitag, wird das ihr hundertster Sprung über diese oder eine größere Höhe sein.

“Als die Motivation zurückkehrte, war ich hungriger denn je“: Blanka Vlasic
 
Die Höhenflüge der vergangenen beiden Jahre – der Gewinn ihrer dritten Weltmeisterschaft in Berlin mit 2,04 Meter, die Steigerung ihrer Bestleistung auf 2,08 Meter in Zagreb zehn Tage darauf, der Sieg bei der Hallen-Weltmeisterschaft in Doha 2010 mit glatten zwei Metern, die ununterbrochene Siegesserie in der Diamond League, der Sieg bei der Europameisterschaft von Barcelona mit 2,03 Meter und die 2,05 Meter zum Triumph vor Familie, Freunden und Fans beim Continental-Cup zu Hause in Split – all die großen Sprünge haben ihren Anfang in einem finsteren Tief genommen.

„Das war die schlimmste Zeit in meinem Leben“

Bei den Olympischen Spielen in Peking musste sich die hoch favorisierte Blanka Vlasic, obwohl sie 2,05 Meter übersprungen hatte, Tia Hellebaud aus Belgien geschlagen geben, weil sie einen Versuch mehr brauchte. Dann unterlag sie in Brüssel Ariane Friedrich und verlor den Anspruch auf eine halbe Million Dollar aus dem Jackpot der Golden League; von der Hallen-Europameisterschaft in Turin verabschiedete sie sich, Fünfte mit einer Höhe von 1,92 Meter, wie ein Häufchen Elend. Erst als sie zurück aus Kalifornien war, verriet sie, dass sie drauf und dran gewesen war, den Hochsprung aufzugeben: „Das war die schlimmste Zeit in meinem Leben.“
 
Mit neu modellierter Nase stellte sich auch der Kampfgeist wieder ein. „Als die Motivation zurückkehrte“, erinnert sie sich, „war ich hungriger denn je.“ Leichtigkeit dürfte ihrem von Verzicht und Training geprägten Leben geben, dass Vater Joschko, Trainer Bojan Marinovic und ihre drei jüngeren Brüder nicht mehr die einzigen Männer darin sind. Auffallend häufig besucht Handball-Star Nikola Karabatic Sportfeste, an denen sie teilnimmt, auffallend häufig ist sie zu sehen, wo Montpellier HB spielt, das Team des Franzosen mit kroatischen Wurzeln.

Die Zukunft? Hochsprung. Sobald sie die Chance dazu hat, wird Blanka Vlasic wieder 2,10 Meter auflegen lassen. Das ist ihre Devise: Warum sollte sie sich zufrieden damit geben, den bald 25 Jahre alten Weltrekord von Stefka Kostadinova, 2,09 Meter, einzustellen?

Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Donnerstag, dem 30. Juni 2011

author: GRR

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