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11
07
2011

Offenbar existiert doch ein Markt für dieses laufdidaktische Segment

Kuno Hottenrott/Thomas Gronwald und Florian Reim: Laufen mit Kindern und Jugendlichen – Lehrbücher als Fundgrube für die Praxis – Die Buchrezension von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

By GRR 0

Kuno Hottenrott/Thomas Gronwald: Ausdauertraining in Schule und Verein. Hofmann: Schorndorf 2009. 176 S.; € 16.90

Florian Reim: Fitnessorientiertes Ausdauertraining. Abwechslungsreich und individuell. Hofmann: Schorndorf 2009. 156 S.; 16,90 €

So sehr viele Lehrbücher zum Ausdauertraining für Kinder und Jugendliche gibt es nicht auf dem deutschsprachigen Buchmarkt im Vergleich zum ausdauernden Laufen für Erwachsene. Moment mal: Der renommierte Sportfachbuchverlag Hofmann in Schorndorf hat kürzlich gleich zwei ähnlich lautende Titel kurz hintereinander herausgebracht.

Offenbar existiert doch ein Markt für dieses laufdidaktische Segment. Beide Werke sind zudem in einer etablierten Reihe mit „PRAXISideen. Schriftenreihe für Bewegung, Spiel und Sport“ erschienen: der eine zum „Ausdauertraining in Schule und Verein“ als Band 38, der andere mit dem Titel „Fitnessorientiertes Ausdauertraining“ als Band 40 gleich danach. Auch er wendet sich laut hinterem Klappentext explizit an Kinder und Jugendliche.

So gesehen könnte man beide Bände zuerst (und ausschließlich?) allen eine praktische Fundgrube offerieren, die hauptberuflich als Sportlehrkräfte mit Schülern und Schülerinnen zu tun haben oder ehrenamtlich im Verein oder anderswo Laufgruppen mit Jugendlichen anleiten. Trotzdem wäre zu fragen, warum sich die beiden Bände womöglich auch zur Lektüre für „normale“ Läuferinnen und Läufer eignen, die keiner lehrenden Tätigkeit im Laufsport nachgehen. Die kleine vergleichende Rezension möchte auch in dieser Hinsicht ein paar Hinweise geben, die als „apetizer“ zum selber lesen und laufen gemeint sind:

Der Band von Hottenrott und Gronwald hat insgesamt zwölf Kapitel, die sich grob in Theorie und Praxis unterteilen lassen: Zunächst werden trainings-theoretische Grundlagen verständlich erläutert: Leistungsvoraussetzungen für ein Ausdauertraining, einfache Ausdauertests (z.B. Conconi-Lauftest),

Kenngrößen der Trainingsbelastung und Beanspruchung etc. lauten demnach einige der Kapitelüberschriften. Im hinteren Teil geht es beiläufig auch um den „Einsatz der Herzfrequenzmessung im Schulsportunterricht“. Im Kern besteht das Buch aber aus einer praktischen Anleitung, nämlich um „Ausdauer verbessern in Schule und Verein“ (Überschrift von Kapitel 8). Dieses Kapitel mit rund 70 Seiten umfasst etwa die Hälfte des übersichtlich gestalteten Bandes.

In diesem Kap. 8 werden eingangs wichtige didaktische und methodische Hinweise gegeben und Angaben zum Aufbau einer Ausdauereinheit gemacht. Manche mögen diese Anleitung für banal und daher für überflüssig halten; andere erhalten gerade hier womöglich für sie wertvolle Tipps, um ihren „ausdauernden“ Übungsbetrieb möglichst attraktiv und abwechselungsreich zu gestalten.

Apropos abwechslungsreich: Die reichhaltige Übungssammlung von Kapitel 8.3.1 bis 8.3.8 hat es wirklich in sich: Hier werden nämlich allerhand „schöne“ Laufformen unter verschiedensten Aspekten beschrieben und teilweise mit Abbildungen grafisch untermalt. Da sollte für jeden etwas (Neues?) dabei sein … auch wenn die Autoren rein sprachlich immerzu von Schule bzw. Schülerinnen und Schülern sprechen, obwohl sie ihr Buch ja ausdrücklich auch für den Verein vorsehen – egal: Laufen mit Hindernissen, Laufen in Kooperation, Laufen mit Zeitvorgaben – das sind Möglichkeiten, die sogar für diejenigen interessant sein könnten, die Erwachsenengruppen betreuen. Man muss eben nur den Mut haben, Neues erstmals oder längst Vergessenes zwischendurch mal wieder auszuprobieren. Es kommt nur auf den gut durchdachten Selbstversuch an.

Apropos gut durchdacht: Ich habe mit meiner kleinen erwachsenen Vereinslaufgruppe neulich jedenfalls den „Handicap-Lauf“ (8.3.2 c) mal durchgeführt, bei dem über eine vorgegebene Strecke die langsamste Person als erste startet und alle anderen einzeln zeitversetzt dahinter, so „dass ein Zusammenschluss der Gruppe nach ca. 80% der Strecke zu erwarten ist“ (S. 97).

Das hat nach meiner Wahrnehmung auch perfekt geklappt und war mal etwas völlig anderes, als nur immerzu „monoton“ in der Gruppe nebeneinander rum zu laufen. Nur musste ich mir hinterher von einigen Beteiligten, die ganz vorn mitliefen, sagen lassen, dass das doch eine „Bestrafung“ für die vermeintlich langsamste Läuferin gewesen sei. Offenbar hatte ich die „kognitive Resonanz“ für diese Laufform bei älteren Erwachsenen etwas falsch eingeschätzt bzw. das „Warum“ dieser Laufform nicht genügend erläutert. Denn:  

Auch im Band von Reim wird eine ähnliche Trainingsform angeboten: „Massenstart und Verfolgungsrennen“ meint hier, dass zu Beginn einer Trainingsphase alle im „Massenstart“ einen Testlauf über beispielsweise 3.000 m absolvieren. Nach einer Trainingsperiode von mehreren Wochen starten dann alle im „Verfolgungsrennen“ mit Zeitgutschrift in umgekehrter Reihenfolge des Zieleinlaufs aus dem Eingangstest. Und dabei soll dann herausgefunden werden, wer die größte Leistungssteigerung erzielt hat und demzufolge als erste ins Ziel kommt. Mehr noch: „Der Handicapstart wirkt zusätzlich stark motivierend“ (S. 78). Zumindest für Kinder und Jugendliche sollte das dann zutreffen …

Die Originalität des Bandes von Reim besteht aber noch in einer ganz anderen Hinsicht: Er führt uns ein in die 7-stufige Schätzskala für das von ihm sog. Subjektive Belastungsempfinden (SBE) als Steuermittel im Ausdauersport generell (Borg und in der Nachfolge Buskies und Bechk-Behrens las-sen grüßen, auf die diese Skala zurückgeht!). Das ganze funktioniert dann praktisch etwa so: Das eigene Belastungsempfinden bei ausdauernden Bewegungsabläufen (Laufen, Schwimmen etc.) wird „belastungsgemäß“ in sieben Stufen von eins = sehr leicht bis 7 = sehr schwer individuell eingeschätzt. Das trainingspädagogische Ziel besteht darin, sich an den mittleren Bereich des SBE als Intensitätsvorgabe heranzutasten, was dann im Sinne einer Intensitätskontrolle ca. 70 bis 85 der maximalen Herzfrequenz entsprechen soll. So werden „harte“ objektive Richtwerte mit „weichen“ subjek-tiven Befindlichkeitsmaßstäben in Beziehung gesetzt.

Die wesentlichen Vorteile für den praktischen Einsatz von SBE fasst der Au-tor sinngemäß etwa so zusammen: jederzeit verfügbar, in allen Ausdauersportarten einsetzbar, auch für Einsteiger problemlos anwendbar. Zudem sind weder teuere Tests Voraussetzung noch irgendwelche technischen Hilfsmittel notwendig. Noch Fragen?

Dann bitte selber alles genau Kap. 1 im Band nachlesen, bevor im zweiten umfangreicheren Teil ebenfalls viele „schöne“ praktische Beispiele für die Dauermethode, die Intervallmethode und die Wechselmethode prägnant in Worten und mit Bildern für das Laufen und andere Ausdauersportarten vorgestellt werden.

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

Kuno Hottenrott/Thomas Gronwald: Ausdauertraining in Schule und Verein. Hofmann: Schorndorf 2009. 176 S.; € 16.90

Florian Reim: Fitnessorientiertes Ausdauertraining. Abwechslungsreich und individuell. Hofmann: Schorndorf 2009. 156 S.; 16,90 €

author: GRR

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