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Doping im Spitzensport – Aus den Augen aus dem Sinn
Seit dem aufsehenerregenden Aufstieg von Bernhard Kohl zum umjubelten Liebkind der österreichischen Öffentlichkeit und dem anschließend umso tieferen Fall nach der positiven Dopingprobe bei der Tour de France 2008 ist es ruhig geworden um österreichische Dopingsünder, die ans Licht gezerrt werden. Und genau dieser Mangel an Zündstoff, der die Volksseele erzürnt, drängt das Thema Doping per se etwas in den Hintergrund.
SPECTRA hat sich 2007 zum ersten Mal mit der Frage beschäftigt, ob und wie die Österreicher Doping im Spitzensport wahrnehmen: Vor vier Jahren war die Stimmungslage der Österreicher noch stark von den Vorkommnissen um die heimischen Nordischen Sportler bei der Winterolympiade in Turin (2006) oder dem Skandal um die Sperre des damaligen Tour de France Führenden Michael Rasmussen (Juli 2007) geprägt.
Seit damals gab es alleine in Österreich immer wieder aufsehenerregende „Dopingfälle“ (der Aufstieg und Fall des Bernhard Kohl, die Humanplasma Affäre, das Dopingnetzwerk um Stefan Matschiner, der verweigerte Dopingtest von Dinko Jukic, die Verfahren gegen Walter Mayer und einige Ex-Profisportler … usw.). Trotz der medialen Präsenz dieser Vorfälle scheint Doping etwas aus dem Fokus der (sportinteressierten) Österreicher zu rücken.
Generell macht das Zielpublikum für Spitzensport fast die Hälfte aller Österreicher über 15 Jahren aus. 46% – und damit um % mehr als 2007 – interessieren sich zumindest etwas für die Darbietungen der Profisportler. Wenig überraschend ist die Faszination für (den passiven Konsum von) Spitzensport bei Männern weitaus stärker ausgeprägt als bei Frauen.
Die Verknüpfung von Wirtschaft und Profisport, die „Unterhaltungsindustrie“ Spitzensport und ihr Postulat „schneller, höher, stärker“ bzw. die daraus resultierenden, nicht immer ganz natürlich zu Stande kommenden Höchstleistungen, haben ein ambivalentes Bild vom Spitzensport geprägt:
Die spontanen Assoziationen der Österreicher mit „Spitzensport“ sind nämlich auf der einen Seite die Anerkennung und Bewunderung für die sportliche Leistung, die Entbehrungen, die Belastung des sozialen Umfeldes durch die Lebensumstände eines Profisportlers und die Anstrengungen des harten Trainingsalltages, aber auch negative Aspekte wie Dopingaffären, Dopingsperren und die Gefahren für die körperliche und geistige Gesundheit der Sportler auf der anderen Seite. Es fällt auf, dass die Assoziationskette „Spitzensport = Doping“ nach wie vor besteht, allerdings in deutlich schwächerer Form (-9%) als noch vor vier Jahren.
Die überwiegende Mehrheit der Österreicher (58%) folgt dem Ansatz, dass „… noch strenger kontrolliert werden muss. Jeder gedopte und überführte Spitzensportler soll für eine bestimmte Zeit gesperrt werden. Dopt der Sportler dann weiter, soll eine lebenslange Sperre erfolgen“.
Für eine de facto Legalisierung unter ärztlicher Aufsicht – „… die Möglichkeit des Dopings soll ganz offiziell bestehen. Allerdings soll Doping unter ärztlicher Aufsicht stattfinden, damit das Risiko für die Sportler minimiert wird und sie nicht in die Illegalität getrieben werden“ – spricht sich immerhin fast ein Fünftel aller Befragten aus, egal ob selbst sportlich aktiv, spitzensportinteressiert oder nicht.
Das Augenzudrücken und die Konzentrtion auf das Ergebnis , ohne das Zustandekommen zu hinterfragen („… alles soll so weiterlaufen wie bisher. Es zählt nur die sportliche Leistung, egal ob sie mit oder ohne Doping zustande kommt“), kommt nur für jeden zehnten Österreicher als Lösung in Frage.
Diese Grundeinstellungen haben sich bereits 2007 in ähnlicher Deutlichkeit abgezeichnet. Allerdings sind die Befürworter der harten Linie gegen „Dopingsünder“ deutlich weniger (-9%) als noch vor vier Jahren.
Quelle: SPECTRA MarktforschungsgesmbH, Brucknerstraße 3-5, 4020 Linz,
Kompletter Bericht: https://www.spectra.at/archiv/Aktuell_10_11_Doping.pdf