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07
02
2012

Die Gesamtsiegerin der Frauen in Rheinzabern Julia Wagner (Start-Nr 3) ©wus-media - Wilfried Raatz

Tiefgefrorenes Laufvergnügen in Rheinzabern – Dritter Lauf der 30. Rheinzaberner Winterlaufserie bei Minus 12 Grad – Wilfried Raatz berichtet

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Es ist zweifellos eine besondere Erfolgsgeschichte, die der Turnverein 1890 Rheinzabern Sonntag mit Bravour abschließen konnte. 30 Jahre Winterlaufserie im pfälzischen Rheinzabern – Traditiongefühle und uneingeschränkter Beifall der Stammkundschaft und Gelegenheitsgästen allenthalben. 10 km, 15 km und 20 km, drei Distanzen, deren Stellenwert unterschiedlicher kaum sein kann.

Schließlich sind alleine noch die 10 km-Strecke eine Bestenlistenstrecke, die beiden anderen Strecken sind nette Spielarten, die im deutschen Laufkalender unter den knapp 4000 Veranstaltungsterminen kaum noch zu finden sind. Für die einen ein Leistungstest im Winter, für die anderen ein wichtiger Meilenstein zu einem der zahlreichen Frühjahrsmarathonläufen.

Denn nach der von Ernst van Aaken und Manfred Steffny propagierten Hochrechnung ergibt dieser ungewöhnliche Dreikampf das aktuelle Marathon-Leistungsvermögen.

Das tief gefrorene Laufvergnügen beim abschließenden 20 km-Lauf wollten immerhin noch 626 LäuferInnen mitmachen, schließlich bei minus 12 Grad fast atemlos durch die Gegend zu laufen, das ist gewiss nicht jedermanns Sache. So galt ausgerechnet bei der Jubiläumsveranstaltung die Faustformel: Je länger die Strecke, desto geringer die Temperatur, desto kleiner die Startfelder. Von 1289 Finisher Mitte Dezember über 10 km über 1016 Finisher über 15 km verdeutlichen sicherlich eher den Stellenwert, den Rheinzabern in der südwestdeutschen Lauflandschaft genießt. Die 626 Finisher beim Zwanziger sind keinesfalls eine realistische Messgröße, denn die gefühlten zwanzig Grad Minus haben doch so manchen der lauffleißigen Läufergemeine von einem Start in der Verbandsgemeinde abgehalten.

„In der Sonne war es sehr angenehm, aber bei Gegenwind waren es im Schatten schon gefühlte zehn Grad kälter“, sagte dann auch Manfred König aus Önsbach, der aber dennoch die Bedingungen als „in Ordnung“ empfand. Dagegen wetterte Albert-Eugen Vetter „Das macht keinen Spaß. Da läuft man völlig steif durch die Gegend und kriegt kein Bein hoch!“ Adam Falk hingegen befand sein Sonntag-Laufvergnügen in Ordnung. „Es war ein flotter Trainingslauf. Nicht mehr, nicht weniger. Aber gesund ist das wohl nicht!“ Und Rosi Martin belohnte sich mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen von der landauf-landab hinreichend bekannten Kaffee & Co-Theke: „Bei einer derartigen Kälte bin ich noch nie gelaufen. Mit dem 5er-Schnitt bin ich aber sehr zufrieden!“

Andere Maßstäbe setzten zumindest viele der 20 km-LäuferInnen, denn sie wollten mit einem flotten Ergebnis möglichst weit vorne in der Gesamtwertung platziert sein. 406 jedenfalls dürfen für sich ein Marathonergebnis erwarten, das zwischen 2:31:58 bzw. 2:51:16 Stunden (Sven Perleth bzw. Julia Wagner) und 5:09:36 bzw. 5:29:56 Stunden (Ralf Reichert bzw. Ulrike Biehn-Keipp) liegen wird. Das zumindest die Momentaufnahme Anfang Februar 2012.

Seit 1983 veranstaltete Werner Roth, rühriger Motor der Rheinzaberner Leichtathleten, die Winterlaufserie, die zunächst im Zwei-Wochen-Rhythmus durchgeführt wurde, ehe diese nun den Vier-Wochen-Turnus in der heutigen Form aufweist. „Wir haben eine sehr gute Organisation und ein Umfeld geschaffen, das nach vielen Rückmeldungen als besonders läuferfreundlich gilt“, begründet der heute 77 Jahre alte Werner Roth, der vor zwei Jahren das Veranstaltungszepter an Daniel Hochmuth weitergegeben hat.

„Früher wurde wenig Sinnvolles auf der Straße angeboten. Das hat sich als unser Plus erwiesen – und seitdem ist unsere Veranstaltung nicht nur in der Pfalz gesetzt!“ Ein riesiges Kuchenbuffet („Roth: „Bei uns können die Frauen noch Kuchen backen!“), originelle (zusätzliche) Preise für die Serienschnellsten wie der 8 kg schwere Schinken des Haus- und Hofmetzgers des Turnvereins Dieter Zapp oder die 100 Schneckennudeln, die Werner Roths Frau Elisabeth erstmals anstelle der großen Sahnetorte kreierte, oder schlichtweg die besondere Teemischung für die Läufer im Ziel – Kleinigkeiten, die sicherlich zum (dauerhaft) großen Erfolg der Winterlaufserie über die Jahre hinweg beigetragen haben.

Mit Daniel Hochmuth hat Werner Roth allerdings auch einen engagierten Nachfolger aufgebaut, der die Veranstaltung über die Jahre hinweg als Helfer in unterschiedlichen Aufgabenfeldern kennen gelernt hat. „Ich muss schon zugeben, dass ich beim ersten Mal als Hauptverantwortlicher schon mächtig nervös war, das hat sich allerdings schnell gelegt, schließlich kenne ich alles und weiß ein großen Helferstamm von 100 bis 120 Helfern um mich herum!“

Doch nun zu den sportlichen Entscheidungen im Kühlschrank Rheinzabern. Kälte hin oder her, nach 34:00 Minuten für die erste Streckenhälfte des 20 km-Laufes löste sich die sechsköpfige Spitze allmählich auf. Dafür war weitgehend Axel Büchler verantwortlich, dem offensichtlich die Startnummer 1 Flügel verliehen hatte. Während der in der Gesamtwertung mit einem Vorsprung auf Fabian Rahn von knapp eineinhalb Minuten führende Sven Perleth mit Blick auf die Uhr eher kontrollierend die Konkurrenten beäugte, wollte Matthias Müller den Tagessieg in seinem Trainingskalender verbuchen.

„Für die Gesamtserie hat es sich nicht so recht ergeben. Die 20 km wollte ich aber als Testlauf unbedingt absolvieren. Ich habe gewonnen, das stimmt mich schon zufrieden, auch wenn ich meine Oberschenkel schon nach drei Kilometern ganz schon gemerkt habe!“ Der für das Team Exotenwald der TSG Weinheim startende, inzwischen aber in St. Wolfgang bei Hanau als Journalist arbeitende Langstreckler, zog den Schlusskilometer flott durch und gewann in 1:07:44 Stunden vor dem eigentlichen Triathlon-Langdistanzler Florian Dunst (1:07:58) und dem im Spurt knapp unterlegenen Axel Büchler (1:08:00).

Sven Perleth kam als Fünfter in 1:08:47 Stunden direkt hinter Fabian Rahn (1:08:25) ins Ziel und durfte über seinen Coup jubeln. Mit der Gesamtzeit von 2:31:58 Stunden hatte er 62 Sekunden Vorsprung vor Fabian Rahn behalten und ist nach den zuletzt erfolgreichen Timo Zeiler (2010/ 2:29.24) und Luca Bongiovanni (2011/ 2:29:20) der Gesamtsieger 2012. Der für den TSV Ostheim/ Rhön laufende angehende Gesundheitsmanager im Dualen Studium sorgte mit seinem Sieg im Trikot von Stimmel Sports für einen der wichtigsten Erfolge des 2010 gegründeten Wormser Vereins.

„Ich gebe zu, dass ich im Rennen heute weitgehend taktiert habe. Aber wegen einer leichten Verletzung, wohl eine Art Überlastung im Schien- und Wadenbein, musste ich vorsichtig sein!“ Der Erfolg gibt Sven Perleth recht – und blickt zugleich nach vorne, denn im Verbund mit den starken Berg- und Straßenläufern Manuel und René Stöckert möchte vor allem auf der Halbmarathondistanz bei den „Deutschen“ in Griesheim auftrumpfen. Das hat übrigens auch Matthias Müller vor, der vor allem als exzellenter Tempomacher für Susanne Hahn beim Frankfurt-Marathon aufgefallen war, schließt allerdings auch einen „eigenen“ Marathon für den Herbst nicht aus.

Bei den Frauen fiel schon vor dem Startschuss eine gewisse Vorentscheidung, denn die hinter Julia Wagner (1:33:54 Stunden nach zwei Wettbewerben) auf Rang zwei des Zwischenklassements liegende laufstarke Triathletin Nicole Leder (1:36:22) fehlte, sodass Josefa Matheis (1:37:13) und die nur vier Sekunden dahinter mit 1:37:17 stunden rangierende Marion Jakobs als schärfste Verfolgerinnen für die Schriesheimer Langstrecklerin aufrückten. Und Julia Wagner ließ zu keiner Phase des Rennens erkennen, dass sie den bevorstehenden Gesamtsieg noch herschenken möchte. Als 33. des Gesamteinlaufes lief sie nach 1:17:22 Stunden über die Ziellinie an der Integrierten Gesamtschule und konnte den spannenden Kampf um Rang zwei beobachten.

Nur eineinhalb Minuten später war dieser zugunsten der bereits 46jährigen Josefa Matheis entschieden. „Es lief heute sehr gut, obwohl ich wegen einer Verletzung kaum trainieren konnte!“ Mit 1:18:54 Stunden verwies sie ihre Saarbrücker Konkurrentin klar auf Rang drei. In der Gesamtaddition der drei Wettbewerbe liest sich dies so: Gesamtsiegerin und damit Nachfolgerin von Simone Maissenbacher (2010/ 2:47:22) und Eve Rauschenberg (2011/ 2:49:44) Julia Wagner in der Gesamtzeit von 2:51:16 Stunden, Zweite Josefa Matheis (2:56:07), Dritte Marion Jakobs (2:57:11) und Vierte Nadine Bucci (2:58:38).

Vor allem die Schriesheimerin freute sich über ihren vierten Rang besonders, denn die in Mannheim in der Pharma-Forschung arbeitende Nadine Bucci war wegen einer langwierigen Verletzung eher im Radlager als bei den Läufern anzutreffen.

 

Wilfried Raatz

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