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22
03
2012

Timo Zeiler läuft bei frühlingshaftem Wetter mit über zwei Minuten Vorsprung ins Ziel - Wilfried Raatz berichtet ©wus-media - Wilfried Raatz

Schneller Sprint auf die Platte – Timo Zeiler läuft bei frühlingshaftem Wetter mit über zwei Minuten Vorsprung ins Ziel – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

„Es ist durchaus vorstellbar, dass wir den Berglauf zukünftig immer samstags durchführen werden", sagt Petra Diels, die Organisationsleiterin innerhalb der kleinen Arbeitsgruppe, die sich mit dem kleinen, aber feinen Berglauf auf Wiesbadens Jagdschloss „Platte" beschäftigt.

Der Grund für die Verlegung ist ein einfacher, denn die Johannes-Maaß-Schule veranstaltete am angestammten Event-Sonntag einen Flohmarkt. Deshalb musste der Traditionslauf einen Ausweichtermin suchen – und hatte diesen auch fix gefunden. „Die Teilnehmerzahlen sind wie in den vergangenen Jahren. Für unsere Helfer ist es sicherlich vorteilhaft, dass nicht das komplette Wochenende durch die Veranstaltung blockiert ist, wir müssen allerdings alles in einem engen Zeitfenster am Samstag auf die Beine stellen!"

Gesagt, getan, einen besseren Kaltstart hätten sich die LC-Macher kaum vorstellen können. Frühlingshaftes Wetter, eine reibungslose Abwicklung und mit 192 Finishern eine leicht verbesserte Beteiligung gegenüber den beiden voran gegangenen Austragungen. Argumente, die für eine künftige Fixierung auf einen Samstagnachmittag sprechen. Und dazu die zweitschnellste Siegerzeit bislang in den 16 Auflagen des Berglaufes „Auf die Platte".

Für die schnelle Siegerzeit jedenfalls können die Organisatoren am wenigsten, denn diese ist eher einem Zufall geschuldet. „Für mich ist dieser Start eine willkommene Abwechslung im Training, denn bis zu den wichtigen Bergläufen ist es noch eine Zeit", kommentierte Timo Zeiler seinen spontanen Abstecher in die hessische Landeshauptstadt. Und für den vierfachen deutschen Berglaufmeister lief es gut, denn von Beginn an hatte er reichlich Platz für seinen Sprint hinauf zum Jagdschloss im gepflegten Areal auf der „Platte".

Denn die keineswegs schwache Konkurrenz hatte nicht die Spur einer Chance, mit dem für die LG Brandenkopf startenden Timo Zeiler mithalten zu können. Mit 31:43 Minuten legte der 31jährige eine Spitzenzeit vor, die eine dreiviertel Minute schneller war als die Vorjahres-Siegerzeit des Nationalmannschaftskollegen Ulrich Benz. Alleine der Kenianer Anderson Chirchir war 2007 auf einer veränderten Strecke mit 30:48 Minuten schneller.

Schon direkt nach dem Start führte der in Landau in der Pfalz lebende Schwabe das Feld an und verabschiedete sich auf Nimmer-Wiedersehen zunächst einmal in Richtung Neroberg, dem Hausberg der Kurstädter. „Wer international bestehen will, der muss auch einmal flott bergab laufen können", sagte sich Timo Zeiler und hatte schon nach knapp drei Kilometern einen Vorsprung von fast einer Minute auf die Verfolger mit dem M 50-Allroundläufer Joachim Katzer von der LG Fulda, dem Darmstädter Mittelstreckler Axel Dietrich und dem einheimischen Andreas Heimel.

Denn nach dem Neroberg folgte eine Bergabpassage zur Leichtweißhöhe, dem Verstecke eines Wilderers, bevor es auf eher breiten Forstwegen hinauf zur Platte ging. „Ich konnte heute von Beginn an Druck machen. Schade, dass die schon recht steile Rodelbahn nicht noch länger war, denn das hat mir schon sehr gut gefallen!"

Die Lauffreude jedenfalls war dem seit 2008 bei nationalen Titelkämpfen ungeschlagenen Zeiler deutlich anzumerken. Er jedenfalls konnte nach 31:43 Minuten kaum außer Atem die Ziellinie überqueren und gab schon die ersten Interviews, als Joachim Katzer nach 34:08 als Zweiter die Ziellinie überquerte. Der Mastersläufer der LG Fulda war in der Vorwoche deutscher Cross-Vizemeister seiner Altersklasse geworden und richtet seine Vorbereitungen nach einer Straßenepisode auf die Masters-Weltmeisterschaften im Berglaufen, die am 19. Mai in Bühlertal stattfinden.

Ebenso ungefährdet der dritte Platz für Andreas Heimel, der zudem auch Sieger seiner Altersklasse wurde. Der 40jährige Software-Entwickler kam über den Radclub RSV Osthelden zum LC Olympia nach Wiesbaden und schaffte in der Vorwoche beim Bienwald-Marathon über die Halbmarathon-Distanz mit dem AK-Sieg in 1:13:31 Stunden sogar einen neuen Hausrekord. „Eigentlich laufe ich nur Straße", bekannte der frühere Duathlet, „aber für meinen Verein wollte ich hier schon starten!"

Diese Verpflichtung hatte auch Kerstin Stephan. Die 37jährige Neu-Wiesbadenerin, die übrigens aus Landau in der Pfalz stammt, wusste sich an der Leichtweißhöhe von der Darmstädterin Nora Jägemann zu lösen und lief zu einem ungefährdeten Sieg in 40:53 Minuten auf die Platte. Auch sie war in der Vorwoche in Kandel Halbmarathon gelaufen – und mit 1:25:21 Stunden ebenfalls Bestzeit erzielt. Übrigens unter Mithilfe von Timo Zeiler, der ihr bei seinem auf dem Trainingsplan stehenden 20 km-Trainingslauf unbekannter Weise als Pacemaker gedient hatte. „Ich habe mich gefreut, dass ich Timo heute wieder getroffen habe, so konnte ich ihm wenigstens für seine Unterstützung in Kandel bedanken!"

Die Sales- und Marktanalystin eines Spiele- und Konsolenanbieter stand übrigens erstmals bei einem Berglauf am Start, sieht aber ihre läuferische Zukunft eher auf der Marathondistanz, denn hier war sie im Herbst des vergangenen Jahres knapp über der Drei-Stunden-Marke geblieben. „Wenn es bergauf geht, habe ich eher das Gefühl, dass ich rückwärts laufe!" Aber so schlimm konnte es mit dem „Rückwärtslaufen" nicht sein, denn sie lag immerhin zwei Minuten vor Nora Jägemann, die sich von Platz fünf in 2011 auf nunmehr Platz zwei verbessern konnte.

Nicht nur Joachim Katzer hat den 19. Mai mit den Masters-Berglauf-Weltmeisterschaften im Schwarzwald im Kalender rot angestrichen, sondern auch Karin Risch, die W 60-Siegerin von der LG Biebesheim-Eschollbrücken-Crumstadt BEC). „Der Berglauf auf die Platte ist eine schöne Vorbereitung auf die WM, auch wenn ich von Jahr zu Jahr das Gefühl habe, dass die Strecke immer länger wird!" scherzte die 66jährige aus der Nähe von Darmstadt, die übrigens in ihrer Biografie Masters-Weltmeistertitel über Marathon und Halbmarathon vorweisen kann, und in Wiesbaden als Elfte auf 48:23 Minuten kam. Einen Rang zuvor kam die W 50-Siegerin Annette Straub (SSC Hanau-Rodenbach/ 47:09) ins Ziel.

Glückwünsche gab es aber auch für Edmund Schepp vom TuS Rambach, einem Vorort von Wiesbaden. Der 81jährige lief nach 55:07 Minuten auf Platz 144 ein und ließ damit praktisch noch eine halbe Hundertschaft von Bergläufern hinter sich. „Mit 81 auf die Platte hochlaufen, das ist schon hart!" sagte der bei vielen Veranstaltungen als Dienstältester finishende Oldie und kündigte fest entschlossen an:

„Das war mein Abschiedsrennen am Berg!"

 

Wilfried Raatz          

 

 

author: GRR

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