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Die Vorstellung der schönsten Schweizer Läufe aus dem Heft „Swiss Runners 2012“ – Mühen eines Olympiasiegers – Bieler Lauftage vom 7.6 bis 9.6.2012
Mittelstreckler war er zuerst. Die 1500 m lief er in 3:33,51 Minuten. Seine grössten Erfolge feierte er aber über 5000 m. Olympiazweiter wurde er 1988 in Seoul, gar Olympiasieger 1992 in Barcelona. 12:54,70 Mi-nuten nennt er als Bestzeit. Europarekord bedeutete diese Marke für Jahre, und nach wie vor stellt dies eine Klassezeit dar. Dieter Baumann verstand es, klug und clever zu laufen und seine Finisher-Qualitäten gewinn-bringend einzubringen.
Tempi passati. 2003 trat er mit 38 Jahren zurück. Weit zurück liegt auch die später ins Zentrum gerückte Zahnpasta-Doping-Geschichte. Jetzt ist Baumann nicht mehr Leistungssportler. Herausforderungen als Läufer aber reizen ihn noch immer. Und so kam es letztes Jahr auch zur Teilnahme am 100-km-Lauf von Biel. Auslöser, so sagt er, war das Buch von Werner Sonntag gewesen: «Irgendwann musst du nach Biel». Vor vielen Jahren hat er das Buch gelesen. Die Grundaussage dieses Werkes blieb ihm stets im Kopf hängen.
Neuland
«Völliges Neuland» betrat er in Biel. Und dieser 100er war eine harte Erfahrung. Auf die Frage nach beglückenden Augenblicken schüttelt Baumann den Kopf: «Nein, die gab es nicht.» Hart wars, zu hart – «nur hart». Und hinzu kam eine Erkenntnis, von der er im Grunde schon zuvor gewusst hatte: «Ich bin kein Marathon- und schon gar kein Ultra-Läufer. In meiner Natur liegt es, auch mal schnelleren Schrittes zu laufen.» Bei einem 100er geht das nicht.
Trotzdem handelte es sich für Baumann um spannende und herausfordernde Stunden, die er nicht missen möchte. Mit sich selber war er beschäftigt. Ein «neues und seltsames Erleben der Zeit» entwickelte sich. Von der Nacht, der Dunkelheit bekam er überraschend wenig mit. Sie war kaum ein Thema. «Ich war mit dem Laufen und mit mir derart beschäftigt, sodass die Nacht sehr schnell vorüber war», sagt er. Noch genau erinnert er sich daran, wie ihm beim Hellerwerden der Gedanke durch den Kopf schoss: «Was, schon Morgen …»
Die Mutter auf dem Fahrrad
Als einzigartig beschreibt Baumann die Stimmung unter den Läufern: «Die war aussergewöhnlich, einzigartig, vor allem auf den ersten 60 Kilometern. Sodann wurde es ruhiger, war jeder stärker mit sich beschäftigt.» Unterschiedlich hat er auch das Publikum entlang der Strecke wahrgenommen. Während der ersten Stunde empfand er eine «intensive Unterstützung vom Streckenrand». Sodann wurde es «dunkler und dunkler und nass und nässer (wegen dem schlechten Wetter im 2011). Als störend empfunden hat er diese Tatsache aber keineswegs. Es ging ihm nicht darum. Auf Zuschauerunterstützung hatte er nicht gebaut.
Und was hat Dieter Baumann am stärksten beeindruckt? Seine Antwort verblüfft durch das Persönliche: «Dass es meine Mutter geschafft hat – ohne zu Murren wohlgemerkt.» Baumanns Mutter begleitete ihn während der ganzen Nacht auf dem Fahrrad.
Es war letztes Jahr von den Witterungsbedingungen her eine besonders harte «Nacht der Nächte» gewesen. Die andauernden Niederschläge erforderten viel zusätzliche Energie – nicht zuletzt auch mentaler Energie. Auf die Probe gestellt waren Läuferinnen und Läufer, aber auch die Helfer und Organisatoren. Und auf die Probe gestellt wurden nicht zuletzt die massgeblichen Neuerungen. «Das war ein Crash-Test», sagte OK-Chef Jakob Etter. An der Überzeugung, dass der Gang ins Stadtzentrum mit dem Start-/Zielgeände auf dem Expo02-Gelände ein richtiger Schritt gewesen ist, ändere sich aber nichts. Bei schönem Wetter dürften die ersten fünf Kilometer und die letzten Kilometer wirklich zu einem weiteren Höhepunkt punkto Stimmung werden. Mehr Beachtung, eine stärkere Anziehungskraft und somit auch für die Medien und Sponsoren attraktiver dürfte so der Ultra-Klassiker avancieren.
Mehr Informationen zu den Bieler Lauftagen: www.100km.ch