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08
07
2012

Shizo Kanaguri/Japan - Der Sieger des olympischen Marathonlaufes von Stockholm1912 benötigte für die 40,200 Kilometer 2:36:54,8 Stunden, der 35. und Letzte - 54 Jahre, acht Monate, sechs Tage und 8:32:20,3 Stunden. Jetzt läuft sein Enkel ... durch! ©ASICS Stockholm Marathon Organisation

Stockholm: 14 July: Jubilee Marathon 1912 – 2012 – Marathonlauf: Der Letzte brauchte über 54 Jahre … The myth of „The Japanese who disappeared“ – grand grandson will run the Jubilee Marathon

By GRR 0

Am 14. Juli 2012 wird es in Stockholm den "Jubilee Marathon 1912 – 2012" aus Anlaß der Jubiläumsveranstaltung "100 Jahre Olympische Spiele in Stockholm" geben. 1912 war die Marathon allerdings nur 40.200 Kilometer lang, man läuft die Originalstrecke – kann dann aber noch einen "normalen" Marathon zu Ende laufen. Das Jubiläum wird in Stockholm festlich begangen, insbesondere der Marathonlauf.

Im Marathonprogrammheft des Berlin-Marathon 1981 publizierten wir den Ablauf des Marathonlaufes in Stockholm –  geschrieben vom Berliner Leichtathletik-Experten Ekkehard zur Megede – mit der reizenden Geschichte des Japaners Shizo Kanakuri, der dafür 54 Jahre benötigte. Die Geschichte geht jetzt weiter … am 14. Juli 2012 wird sein Groß-Groß-Enkel Yoshiaki Kurado den ganzen Marathon laufen …

Leider soll aber die Geschichte vom "The Japanese who disappeared" gar nicht stimmen!

Horst Milde

PS: Auf unserer englischen GRR-website haben wir schon mehrere Beiträge über den "Jubilee-Marathon 1912 – 2012"  am 14. Juli in Stockholm publiziert.

Der Sieger des olympischen Marathonlaufes von Stockholm 1912  benötigte für die 40,200 Kilometer 2:36:54,8 Stunden, der 35. und Letzte – 54 Jahre, acht Monate, sechs Tage und 8:32:20,3 Stunden. Aber dieser 35. wurde natürlich nicht gewertet.

Sein Abenteuer aber ist schon ein paar Zeilen wert. Der Mann heißt Shizo Kanakuri und stammt aus Japan. Es herrschte damals während des Marathonlaufes in der schwedischen Hauptstadt eine unbarmherzige Hitze. Kanakuri, irgendwo im hinteren Drittel des Feldes liegend, sah plötzlich am Straßenrand einen Zuschauer in aller Ruhe ein Glas Orangensaft trinken.

Das gab dem erschöpften Japaner den Rest. Die glühenden Sonnenstrahlen hatten ihm mächtig zugesetzt, er war müde und sehnte sich nach Ruhe. Dazu kam der quälende Durst. Da gab er auf. Instinktiv trugen ihn seine Füße zu dem Haus, vor dem er den Zuschauer den Saft trinken sah. Obwohl man sich nicht verständi- gen konnte, verstand man sich doch sehr schnell. Der Olympiakämpfer aus dem fernen Osten bekam seinen Saft und ein Quartier, wo er sich erst einmal gründlich ausschlief.

Im Olympiastadion von Stockholm war längst die Entscheidung gefallen. Der aus Irland stammende Südafrikaner Kennedy Kenneth MacArthur hatte die Goldmedaille gewonnen, der Norweger Ole Olsen als 34. und Letzter das Ziel passiert.

Jene Läufer, die unterwegs aufgegeben hatten, waren fein säuberlich in die Liste eingetragen worden. Im Krankenhaus kämpfte der Portugiese Francisco Lazaro vergeblich um das fliehende Leben; ein Hitzschlag hatte ihn zu Boden geworfen. Stunden später starb er.

Von Shizo Kanakuri aber fehlte jede Spur. Die Polizei wurde eingeschaltet. Eine Vermißtenmeldung ging durch die Presse. Währenddessen schlief der Japaner den Schlaf des Gerechten. Tags darauf aber erschien er dann wohlbehalten bei der japanischen Mannschaft. Doch das ist nicht das Ende dieser Geschichte.

Über 54 Jahre später kehrte der nunmehr 76jährige Shizo Kanakuri nach Schweden zurück. Sein erster Weg führte ihn dorthin, wo man ihn 1912 vergeblich erwartet hatte: Ins Stockholmer Olympiastadion. Als er das Imaginäre Ziel erreichte, waren genau 54 Jahre, acht Monate, sechs Tage, acht Stunden, 32 Minuten und 20,3 Sekunden vergangen, seit er mit den anderen 67 Teilnehmern am olympischen Marathonlauf 1912 eben dieses Rennen aufgenommen hatte.

Schwedische Journalisten beglückwünschten den Japaner zu seiner „Rekordleistung", aber Kanakuri wehrte alle Huldigungen ab: „Es war in der Tat ein sehr langer Lauf. Aber ein Lauf, der sich gelohnt hat. Denn auf diesem Weg über 54 Jahre fand ich meine Frau. Inzwischen habe ich sechs Kinder und zehn Enkel. Und so etwas braucht eben seine Zeit."

 

Auf die Frage, ob eines Tages einer seiner Enkel in seine Marathon-Fußtapfen treten werde, antwortete Shizo Kanakuri nur mit einem undurchdringlichen asiatischen Lächeln.

Dann — nach einer Weile — sagte er: „Irgendwann kommt jeder zum Ziel. Ganz gleich, um welches Ziel es sich auch handeln mag."

 

Das Ziel in Stockholm erreichte als erster der Südafrikaner Kennedy Kenneth MacArthur (geboren am 10. Februar 1883 in dem Dorf Dervock in Nordirland, 1,88 m groß). Zum ersten Mal wurde der Marathonlauf mit Wendepunkt gelaufen, der im Norden Stockholms, in der Nähe der Sollentuna-Kirche lag.

Start und Ziel waren im Stadion. Auf halber Strecke führte der Südafrikaner Christopher Gitsham vor dem Finnen Tatu Kolehmainen, der später erschöpft aufgab, und MacArthur, der immer mehr Boden gutmachte, je näher es dem Ende zuging, und an Gitsham in dem Augenblick mühelos vorbeizog, als der stehenblieb und um ein Glas Wasser bat.

So errang Südafrika den bis auf den heutigen Tag einzigen Doppelsieg im Marathonlauf.

 

Marathonlauf über 40,200 km (14. Juli 1912) in Stockholm

 

1. Kenneth McArthur (Südafrika) 2:36:54,8
2. Christopher Gitsham (Südafrika) 2:37:52,0
3. Gaston Strobino (USA) 2:38:42,4

4. Andrew Sockalexis (USA) 2:42:07,9
5. James Duffy (Kanada) 2:42:18,8
6. Sigge Jacobsson (Schweden) 2:43:24,9
7. J. J. Gallagher (USA) 2:44:19,4
8. Joseph Erxleben (USA) 2:45:17,2
9. Richard Piggott (USA) 2:46:40,7
10. Joseph Forshaw (USA) 2:49:49,4

11. Edouard Fabre (Kanada) 2:50:36,2, 12. Clarence de Mar (USA) 2:50:46,6,
13. Bolsslere (Frankreich) 2:51:06,6, 14. Henry Green (Großbritannien) 2:52:11,4,
15. William Forsyth (Kanada) 2:52:23,0, 16. Lewis Tewanima (USA) 2:52:41,0,
17. Harry Smith (USA) 2:52:53,8, 18. Thomas Lilley (USA) 2:59:35,4,
19. Arthur Townsend (Großbritannien) 3:00:05,0, 20 Felix Kwieton (Österreich) 3:00:48,0,
21. Fred Lord (Großbritannien) 3:01:39,2, 22. John Westberg (Schweden) 3:02:05,2,
23. Axel Simonsen (Norwegen) 3:04:59,4, 24. C. Andersson (Schweden) 3:06:13,0,
25. Edgar Lloyd (Großbritannien) 3:09:25,0, 26. H. Sakelloropoulos (Griechenland) 3:11:37,0,
27. Hjalmar Dahlberg (Schweden) 3:13:32,4, 28. Ivar Lundberg (Schweden) 3:16:35,2,
29. Johannes Christiansen (Dänemark) 3:21:57,4, 30. Olof Lodal (Dänemark) 3:21:57,6,
31. Ödön Karpati (Ungarn) 3:25:21,6, 32. Calle Nilsson (Schweden) 3:26:56,4,
33. Emmerich Rath (Österreich) 3:27:03,8, 34. Ole Olsen (Norwegen) 3:36:35,2.

Aufgegeben: Poulter (Australien), Honzatko, Penc, Slavik (all Böhmen), Corkery (Kanada), Kallberg, Tatu Kolehmainen (beide Finnland), Pautex (Frankreich), Ryan, Reynolds (beide USA), Sperino, Ruggero (beide Italien), Kanakuri (Japan), Fonbaek (Norwegen), Kapmal, Kruglin, Rasso, Reimann, Upmal (alleRußland), Tomaschevic (Serbien), Barrett, Beale, Francom, Kelloway (alle Großbritannien), Ahlgren, Bergvall, Grüner, Guttmann, Löhnberg, Törnros (alle Schweden), Norman (Südafrika), Jun (Ungarn), Hack (Österreich), Francisco Lazaro (Portugal) erlitt auf der Strecke einen Hitzschlag und starb bald darauf. –

Zwischenzeit am Wendepunkt: 1:12:40 Gitsham, 1:12:55 Tatu Kolehmainen, 1:13:15 MacArthur, 1:14:30 Lord, 1:14:55 Speroni.

 

Ekkehard zur Megede – Die Geschichte der Olympischen Leichtathletik – Band 1. – Bartels & Wernitz – publiziert im Programm des Berlin-Marathon vom 27. September 1981

 

Stockholm: 14 July: Jubilee Marathon 1912 – 2012 – The myth of "The Japanese who disappeared" – grand grandson will run the Jubilee Marathon

 

Shizo Kanaguri was one of the 34 runners who dropped out of the very warm Marathon race during the 1912 Olympic Games in Stockholm. Some decades later the myth of him as “The Japanese who disappeared” was created.

Now his grand grandson Yoshiaki Kurado will come to Stockholm to run the Jubilee Marathon on the 14th of July.


Shizo Kanaguri.

To the day 100 years after the Olympic Marathon 1912 Kurado is aiming to fulfill the race which is run on the classical Olympic course.

Yoshiaki Kurado is a 24 years old bank clerk from the town Tamana in the south of Japan. He has finished a full marathon race once, but consider himself to be a “ordinary runner”.

Kurodo comes to Stockholm together with Tamanas’ mayor Tetsuyeva Tagasaki who is invited to attend some memorial ceremonies in connection with the 100 years memory of the marathon race in the Olympics 1912.

Among other things a memory sign of Shizo Kanaguri will be unveiled. Yosihaki Kurado is supposed to stop at this sign when he passes the spot after 14,5 km during his race in the Jubilee Marathon.

Shizo Kanaguri lived in Tanama the longer part of his life. He was appointed to Honorary Citizen of this town as an acknowledgement for his important efforts for Japanese long distance running.

Shizo Kanaguri dropped out of the marathon race in 1912, had a glass of lemonade in the garden of family Petré in Sollentuna, took the train back to Stockholm and a few days after started the long way back to Japan.

Some decades afterwards the Swedish sport journalist Oscar Söderlund created the story of “The Japanese who disappeared”. He developed a story about how Shizo Kanaguri disapparead without leaving a single trace during the marathon race and that he never had been seen again.

The story was absolutely not true, but it was a good story that survived and was spread even outside of Sweden.

In 1967 was the 76 year old Shizo Kanaguri invited to Stockholm to symbolically finish his suspended marathon race.

This year Yoshiaki Kurado will come to Stockholm to run the Jubilee Marathon.

The myth of “The Japanese who disappeared” is still going on living.

 

Stockholm Marathon Organisers

author: GRR

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