Paul Frommeyer: Lasse Laufen. Von Joggern, Möpsen und inneren Schweinehunden. Göttingen 2012: Verlag Die Werkstatt. 128 S.; 8,90 € ©Verlag Die Werkstatt.
Paul Frommeyer: Lasse Laufen. Von Joggern, Möpsen und inneren Schweinehunden. Die Buchbesprechung von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in Spiridon
Lasse Laufen – das klingt so ein bisschen wie Achim Achilles. Tatsächlich haben beide außer der schönen Alliteration einiges gemeinsam, und trotzdem sind sie zugleich völlig verschieden. Gemeinsam ist beiden Namen nämlich, dass es sich jeweils um Pseudonyme handelt, wobei sich hinter Lasse Laufen im richtigen Leben ein gewisser Paul Frommeyer (Jahrgang 1957) verbirgt.
Das ist zugleich jener hoch springende Paul Frommeyer von der DJK Arminia Ibbenbüren im Kreis Steinfurt (Nordrhein-Westfalen), der später für den TV Wattenscheid startete und 1983 dritter der Weltrangliste war mit seiner persönlichen Bestmarke von 2,34 m. Aus dem ehemaligen Weltklasse-Hochspringer Paul Frommeyer, der heute als freier Journalist (u.a. für die Frankfurter Allgemeine Zeitung) arbeitet, wird im Buch dann der Nicht-Weltklasse-Läufer Lasse Laufen.
Doch bis es soweit ist, vergeht einige Zeit – anders: Die Texte im Buch beschreiben somit die Entwicklung des Lasse Laufen vom ursprünglichen Laufmuffel zum fortwährenden Dauerläufer. Insofern (nomen est omen!) verrät Lasse Laufen erstmal seine Einstellung zum Laufen (lassen). Aber Lasse Laufen erweist sich alsbald lern- und lauffähig.
Doch jetzt erstmal der Reihe nach:
Bei dem Buch handelt es sich um insgesamt 34 gebündelte kurze Glossen, die von Lasse Laufen seit 2006 in einem deutschsprachigen Laufmagazin alle zwei Monate erschienen sind. Alle Texte sind demnach fast immer gleich lang – zwischen zwei und drei Seiten.
Wer von vorn zu lesen beginnt, erfährt zunächst allerhand über den laufinfizierten Nachbarn von Lasse Laufen, der (welch blöder Zufall!) mit seinem Mops („Spiridon") ständig vor seinem Grundstück herläuft – laufende Begegnungen am Jägerzaun. Für Lasse Laufen sind das zugleich „schlaue Vorträge. Übers Laufen, Joggen, Rennen, die ganze Palette.
Und ich als ausgewiesener Unsportler, stehe meist da wie ein vom Lehrer beim Rauchen ertappter Pennäler" (S. 28/29), so beschreibt Lasse Laufen an einer Stelle seinen Gemütszustand, wenn der Nachbar (der „Rennfanatikus") mit „Spiridon" (seinem „Schweinehund") mal wieder vorbeiläuft und Lasse Laufen ihm eine seiner Ausreden entgegen hält („Laufen ist die langweiligste aller sportlichen Betätigungen überhaupt").
Doch Lasse Laufen wird seine Ansicht noch gehörig ändern, schließlich muss er auch mit ansehen, wie seine Ehefrau (die „holde Gattin") mit dem Nachbarn „immer wieder samstags" laufen geht – und „mit Spiridon, seinem Mops, im Schlepptau". Eines Tages führt sogar eine Laufveranstaltung – natürlich vom Nachbarn organisiert – am Grundstück von Lasse Laufen vorbei, wo er bereitwillig den „Posten als Volkslaufgetränkestationsausschankhelfer" übernimmt. Irgendwie wird Lasse Laufen von all dem Geschehen um ihn herum dann doch inspiriert. Der Nachbar schickt ihn zum Lauftreff in der Gemeinde, schlägt sogar einen Barfußlauf am Ostseestrand vor.
Dann ist es nur noch ein Frage der Zeit, wann sich der Traum vom Laufen für Lasse Laufen erfüllt: „Alle Gesetzmäßigkeiten, die mir die Leibesertüchtigung mein halbes Leben lang zur Qual gemacht haben, sind wie aufgehoben. Traumhaft. Es strengt mich nicht die Bohne an. Ich laufe und laufe und werde nicht müde. Es gibt nichts Schöneres, als zu laufen." Der Traum wird wahr.
Klar, dass sich dadurch das Verhältnis zum Nachbarn intensiviert: endlich ein Dialog auf Augenhöhe von Läufer zu Läufer, einmal sogar schriftlich fixiert als Brief, den Lasse Laufen erhält voller Anerkennung als „lieber Wunderläufer"! So nehmen die Glossen schließlich ihren Lauf, sind überschrieben u.a. mit „Der Vogel des Herrn Nachbarn", „Vom Rennen in der Kälte", „Laufen macht echt sexy" und enden mit „Der Masterplan des Nachbarn".
Zum Schluss noch einmal zurück an den Anfang. Da war davon die Rede, was Lasse Laufen und Achim Achilles verbindet und trennt. Gemeinsam ist beiden die flotte Feder, doch während Achilles eher kräftig ausholt und auf die derbe und direkte Wortmacht setzt, bevorzugt Laufen eher den zarten Ton, der lieblich und leise daherkommt. Man könnte das auch so übersetzen: Achim Achilles schreibt über das Laufen wie die Rolling Stones rocken, Lasse Laufen formuliert wie ein Bob Dylan musiziert.
Den Inhalt seines Buches kann man auch so zusammenfassen: Lasse Laufen lässt uns Zeuge werden, wie er dank der Unterstützung seines Nachbarn und dessen Schweinehund (wie hieß der noch?) allmählich zum Laufen findet … beide sind so gesehen immer mit „Spiridon" laufend unterwegs!
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann in SPIRIDON 9/2012
Paul Frommeyer: Lasse Laufen. Von Joggern, Möpsen und inneren Schweinehunden. Göttingen 2012: Verlag Die Werkstatt. 128 S.; 8,90 €