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06
01
2013

Matthias Fink: Das NOK der DDR – Zwischen Olympia und Politik. Die Olympische Bewegung der DDR im Spannungsfeld der deutsch-deutschen Geschichte 1945-1973. Göttingen 2012: Verlag Die Werkstatt. 386 Seiten; 29,90 € ©Verlag Die Werkstatt.

Matthias Fink: Das NOK der DDR – Zwischen Olympia und Politik – Studie über die Rolle des NOK der DDR – die Buchbesprechung von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

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Über den Sport in der DDR ist schon vieles, aber noch längst nicht alles geschrieben, geschweige denn sportwissenschaftlich erforscht worden: Welche Rolle spielte das Nationale Olympische Komitee (NOK) der DDR in zeiten des Kalten Krieges?

Mit dieser Frage beschäftigt sich die Studie „Das NOK der DDR – Zwischen Olympia und Politik“ des Hannoveraner Sporthistorikers Dr. Matthias Fink, die in diesen Tagen als Buch im Göttinger Verlag „Die Werkstatt“ erschienen ist. Dafür konnte erstmals u. a. der gesamte Aktenbestand des damaligen NOK der DDR inspiziert werden, der inzwischen im Bundesarchiv Berlin lagert und ca. 55 laufende Meter umfasst.

Fink bearbeitet die Forschungsfrage nach der Rolle des NOK der DDR unter verschiedenen Perspektiven – zumal das Internationale Olympische Komitee (IOC) damals wie heute ein von staatlichen Einflüssen autonomes NOK auf nationaler Ebene einfordert: Wie stellte sich also diese Entscheidungsautonomie für das NOK der DDR dar?

Und: Wie stand das NOK der DDR personell und strukturell zur politischen Führung der DDR allgemein bzw. zum Politbüro und zum Deutschen Turn- und Sportbund (DTSB) speziell? Unter zeithistorischer Perspektive erhält die Studie insofern weiteren Nährboden, als der ostdeutsche Staat bis in die Mitte der 1970er Jahre sich meist (noch) vergeblich um nationale Anerkennung bemühte, andererseits aber die unabhängige olympische Bewegung sehr wohl als eine geeignete Bühne für eine selbständige Außenpolitik genutzt werden konnte.

Dieser Zugang rechtfertigt auch den Zeitrahmen, den Fink besonders in Augenschein nimmt: „Die Olympische Bewegung der DDR im Spannungsfeld der deutsch-deutschen Geschichte 1945-1973“ lautet demzufolge der Untertitel der Arbeit. Dazu muss man auch in Erinnerung rufen, dass die Olympischen Spiele 1972 in München ein einschneidendes Datum darstellten, weil hier erstmals zwei eigenständige (bzw. getrennte) deutsche Olympiamannschaften vertreten waren.

Der Mythos der Sportnation DDR nahm fortan seinen Lauf.

Wie muss man sich den Gang dieser sporthistorischen Arbeit vorstellen? Das knapp 400 Seiten umfassende Werk gliedert sich nach einer längeren Einleitung, die das Konzept und Methode der Studie vorstellt, in insgesamt sechs tragende Kapitel, in denen zunächst die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen bei der Gründung des NOK der DDR und die ersten sportpolitischen Handlungsschritte innerhalb des IOC beschrieben werden, bevor die (auch fehlgeschlagenen) Anläufe bis zur vorläufigen Anerkennung des NOK der DDR detailliert nachgezeichnet und in den Kontext der deutschen Nachkriegsgeschichte gestellt werden.

Wichtige Ankerpunkte sind dabei stets die Olympischen Spiele selbst: die Nicht-Teilnahme der ostdeutschen Mannschaft in Helsinki 1952 und die deutsch-deutsche olympische „Zwangsehe“ bis 1964, die in zwei weiteren Kapiteln behandelt werden, bevor die endgültige Anerkennung (Kapitel fünf) des NOK der DDR durch das IOC erreicht werden konnte und sich neues Selbstbewusstsein für die Spiele von München breit macht.

Damit endet Finks historische Studie. Im Exkurs charakterisiert er danach noch „die Eigenarten und Abhängigkeiten der olympischen Funktionäre“.

Bleibt als Fazit, dass das NOK der DDR damals einerseits als eine Art Verbindungsglied der DDR zur internationalen Welt und zum westdeutschen Bruderstaat fungierte, anderseits über das NOK die staatliche Selbständigkeit der DDR „olympisch“ vorgespurt werden konnte.

 

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

 

Matthias Fink: Das NOK der DDR – Zwischen Olympia und Politik. Die Olympische Bewegung der DDR im Spannungsfeld der deutsch-deutschen Geschichte 1945-1973. Göttingen 2012: Verlag Die Werkstatt. 386 Seiten; 29,90 € 

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