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2013

Yuki Kawauchi gewann den Beppu-Oita Marathon in 2:08:15. ©Helmut Winter

62. Beppu-Oita Mainichi Marathon/Japan am 3. Februar 2013: Yuki Kawauchi gewinnt souverän mit Streckenrekord in 2:08:15 – Helmut Winter berichtet

By GRR 0

Dass der japanische Topläufer Yuki Kawauchi sehr eigene und in der Tat unkonventionelle Wege geht, ist mittlerweile auch jenseits der Grenzen Japans bekannt. In seiner Heimat kommt diese „Rebellion“ gegen das (Lauf-)Establishment und seine fast aberwitzigen Marotten immer besser an, Yuki geniest – bei aller zur Schau getragenen Bescheidenheit – den Status eines Medienstars.

Und dabei ist er mit seinen Eskapaden derart erfolgreich, dass selbst Fachleute nur irritiert ins Staunen geraten.

Anders kann man Kawauchis neusten Streich auch nicht bezeichnen. Überraschend gewann er in 2:08:15 die 62. Auflage des Beppu-Oita Marathons, mit dem die Serie der japanischen Topmarathons des Jahres traditionell beginnt, Ende Februar folgt mit Topbesetzung Tokyo und eine Woche danach der Lake Biwa Marathon in Otsu. Damit verbesserte er nicht nur seinen persönlichen Rekord (2:08:37, Tokyo 2011) sondern auch den Streckenrekord von 2:08:30, den Gert Thys bereits 1996 aufstellte und der in der Tat überfällig war.

Überraschend war Yukis Leistung aber schon insofern, als er erst vor 14 (!) Tagen den Marathon in Luxor gewann und dort beim Streckenrekord von 2:12:24 wieder an sein Limit gehen musste. Somit war der Lauf in Ägypten mehr als ein verschärftes Training, zumal die Anreise mit vergessenem Pass, Kauf eines neuen Tickets und abenteuerlichen Abläufen sicher kaum erholsam gewesen war.

Die Medien taten bei der Aufarbeitung dieser Story ein Übriges dazu.

Dabei wird Yuki kaum regeneriert seine beiden letzten Einsätze bestritten haben, im Dezember lief er in Fukuoka als Sechster 2:10:29 und gewann 14 Tage später in Hofu in 2:10:46, was für diese Zeitspanne eine Bestleistung darstellen dürfte. Zuvor war er schon im Februar 2012 in Tokyo mit 2:12:51 Marathon gelaufen, es folgten im April Düsseldorf (2:12:58), im Juli Brisbane (2:13:6), im August Sapporo (2:18:38), im September Sydney (2:11:52) und dazwischen etliche Halbmarathons mit Vollgas bis zur Bestzeit von 1:02:18.

Mit diesem „Training“ zählte er in Beppu nicht unbedingt zu den Topfavoriten eines Feldes, das schon früh erkennen ließ, dass man die guten Bedingungen von 11°C und wenig Wind zu einem Angriff auf den Streckenrekord nutzen wollte. Mit flotten 15 Minuten für die ersten 5 km ging es über 30:18 bei 10 km und 45:25 bei 15 km in 1:04:07 zur Halbmarathon-Marke, bei der noch 13 Läufer zusammenlagen.

Diese Gruppe reduzierte sich bis 25 km in 1:16:00 auf 6 Läufer und sah nach 28 km (1:25:10) eine Attacke der Japaners Kentaro Nakamoto, der sich im letzten Jahr am Lake Biwa auf 2:08:53 steigerte und sich für das japanische Olympiateam für London qualifizierte, wo er sehr überraschend guter Sechster wurde.

Nur Kawauchi konnte diese Tempoverschärfung mitgehen, die nach 30 km in 1:31:16 zu einem Vorsprung von 15 Sekunden des Duos vor einer vierköpfigen Verfolgergruppe führte. Durch km-Abschnitte von 2:59 und 2:58 setzten sich Kawauchi und Nakamoto immer mehr von den Verfolgern ab und passierten 35 km in 1:46:37, womit man nicht nur deutlich schneller als die Durchgangszeit im Vorjahr (1:47:23) war, wo Harum Njoroge in 2:09:38 gewann. Auch ein neuer Streckenrekord wurde im realistischer.

Der folgende Abschnitt bis zur 40 km Marke (2:01:43) war durch einen stetigen Wechsel von Antritten der beiden Führenden geprägt, bei der Kawauchi traditionell sichtbar am Limit kämpfte. So kam kurz nach 40 km die entscheidende Attacke von Yuki recht überraschend, mit der er sich entscheidend von Nakamoto absetzten konnte und in Kursrekord von 2:08:15 gewann. Auch Nakamoto lief als Zweiter in 2:08:35 eine persönliche Bestzeit.

Danach musste man lange warten.

Während Kawauchi zwei perfekt gleiche Hälften lief, brachen die weiteren Verfolger gewaltig ein, fast vier Minuten später folgten seine Landsleute Higashino in 2:12:13 und Otsuka in 2:12:51 auf den Plätzen. Die eingeladenen ausländischen Läufer enttäuschten auf ganzer Linie, als Bester wurde der Australier Michael Shelly in 2:13:12 nur Fünfter.

Dass Beppu-Oita trotz einer langen Tradition nicht unbedingt zu den Topmarathons der Marathonszene zu zählen ist, zeigt schon die Tatsache, dass dort mit dem heutigen Lauf erst 7 Läufer unter 2:09 blieben. Mit einem Zehnermittel von 2:08:47,0 liegt man hinter Mailand auf Platz 25 (Platz 1: Berlin 2:04:36,8).

Yuki Kawauchi kann sich nun von seinem unerwarteten Erfolg ausruhen und wird nicht am Ende des Monats beim Tokyo-Marathon an den Start gehen. Er startet er eine Woche später in Otsu beim Lake Biwa Marathon.

Damit hat er diesmal immerhin vier Wochen Zeit, um sich von seinen Anstrengungen zu erholen.

Für Yuki sollte das reichen!

 

Helmut Winter

 

62. Beppu-Oita Mainichi Marathon/Japan am 3. Februar 2013

Ergebnis: Marathon der Männer

 

1.

Yuki Kawauchi

JPN

 

2:08:15

2.

Kentaro Nakamoto

JPN

 

2:08:35

3.

Kenji Higashino

JPN

 

2:12:13

4.

Yoshiki Otsuka

JPN

 

2:12:51

5.

Masanori Ishida

JPN

 

2:13:07

6.

Michael Shelly

AUS

 

2:13:12

7.

Yu Chiba

JPN

 

2:13:19

8.

Naoya Hashimoto

JPN

 

2:14:36

9.

Masonari Sakai

JPN

 

2:14:44

10.

Tomoyuki Sato

JPN 

 

2:16:05

  

Splits der Spitze

 

5 km

15:00

15:00

10 km

30:19

15:19

15 km

45:26

15:07

20 km

1:00:47

15:21

  HM

1:04:08

 

25 km

1:16:00

15:13

30 km

1:31:17

15:17

35 km

1:46:27

15:10

40 km

2:01:43

15:16

  Ziel

2:08:15

  6:32

 

 

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author: GRR

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