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09
04
2013

2005 Kimbia Camp Iten, Kenya Febuary 17-22, 2005 Photo: Victah@Photo Run Victah1111@aol.com 516-909-8082

Müssen in einem „Internationalen“ 10 Afrikaner weiterhin vornweg laufen? Europas Veranstalter sollten gedopte Kenianer nicht länger finanzieren*. Ein Kommentar von Lothar Pöhlitz

By GRR 0

Mit dem Beitrag von Jürg Wirz direkt aus dem aktuellen „Zentrum in Erklärungsnot“ – in Condition 4/2013 – zu KENIAS GROSSEM DOPING-PROBLEM wird sicher nicht nur mir die Ehrfurcht vor den genetisch Bevorteilten, viel härter als die Welt trainierenden Läufern aus den Höhen des Rift Valley, mit den vielen sensationellen Leistungen im letzten Jahrzehnt, verloren gegangen sein.

Auch ich habe lange bezweifelt dass Maisbrei Ugali, Milch und viel Schlaf reichen um die hohen Belastungen – von Einigen über Jahre –  einschließlich mehrerer Wochen Jetlag im Jahr rund um die Welt, so bravourös zu bewältigen. Die Offenlegung der Doping-Problematik und die Ergebnisstatistik nicht nur aktuell im Beitrag durch Jürg Wirz sondern auch immer öfter durch die Medien zeigt das es schon 1993 mit John Ngugi – den 5- fachen Crossweltmeister – begann und es seitdem fast jährlich einen oder eine von den Großen „erwischt hat“ wie Wirz es formuliert.

22 Namen – in allen Disziplinen von 400 m bis zum Marathon – Männer und Frauen – enthält die Liste bisher und trotzdem verneint der berühmte, in der Welt verehrte, seit Jahren erfolgreiche Pater Colm O’Connell,  u.a. Rudisha–Coach: „Kenianische Athleten brauchen kein Doping, ja nicht einmal erlaubte Supplemente!“ Einer von mehreren europäischen Coaches in Diensten Kenias.

Jetzt bin ich überzeugt dass demnächst noch mehrere Bomben explodieren werden, vorausgesetzt die Dopingjäger und die WADA wollen es wirklich, wie rückwirkend gerade in der Wurf-Welt, demnächst sicher in einigen Sprinthochburgen weltweit! Auch im Zusammenhang mit dem Freispruch vom Doping mit dem Wachstumshormon HGH des estnischen Skiweltmeisters von 2001 Andrus Veerpalu ist ja die WADA gerade wieder einmal in Erklärungsnot.

Neben bekannten gibt es sicher auch noch unbekannte UM´s

Die genannten Mittel der Wahl nennt Wirz: EPO – Norandrosteron – Clenbuterol – Salbutanol und Nandrolon, sicher in Abhängigkeit von den Ärzten die sich zum Zwecke des Geldverdienens rund um die Trainings-zentren Eldoret, Iten und Kapsabet angesiedelt haben, wie der genannte Dr. Sammy Too der wohl ansonsten Hausarzt ist. Offensichtlich wusste er nicht, wie eigentlich bekannt, das ein gespritztes anaboles Steroid zur Depotbildung neigt und nicht wie er seinen Klienten versicherte, „wie bei den meisten anderen die dies auch tun würden“, schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachweisbar sei.

Das macht klar: Vorsätzlicher Betrug. Die Hoffnung des erwischten Matthew Kisorios auf Strafmilderung, mit der er seine Problematik auch in einem ARD–Interview ohne Erfolg für sich öffentlich machte, zeigt die Naivität mit der auch der Kenianische Leichtathletik–Verband voller Verblendung ob der überragenden Erfolge im letzten Jahrzehnt mit dem Dopingproblem umgegangen ist. So muß man davon ausgehen das neben den bekannten unterstützenden Mitteln (UM) mit weiteren bisher unbekannte Mittelchen in den Hütten „streng geheim“ – wie auch anderswo – experimentiert wird.

WADA – eine große teure Firma mit nur geringen „Erfolgen“

Eine solche Entwicklung in Afrika bis dahin war auch möglich weil die WADA (Welt-Doping-Agentur) sie ja offensichtlich lange in Ruhe gelassen hat. Dabei muß man ja bei solchen Informationen davon ausgehen das dies auch für die anderen Länder rund um die Höhen des Rift Valley gilt, weil es auch dort zu bestimmten Zeiten des Jahres recht warm ist.

Zwar wurden sie getestet, aber Blutkontrollen um dem Blutdoping auf die Spur zu kommen oder zur Aufdeckung moderner Dopingpraktiken (wie sie in ihrer ganzen Komplexität gerade im Zusammenhang mit dem Fall Armstrong bekannt wurden) gab es nicht –"hört, hört", weil in Afrika das Blut nicht innerhalb 36 Stunden ausreichend gekühlt in einem akkreditiertes WADA-Labor untersucht werden konnte. Arbeiten dort keine Profis?

So wurden im Dezember 2012 erstmals Blutkontrollen – aber mit einer Woche Voranmeldung / also Vorwarnung durchgeführt. Dabei soll es Dopingmittel geben die schon nach Stunden nicht mehr nachweisbar sind, wie damals die Präparate rund um das Schildkrötenblut in China. Da kann man Jürg Wirz nur folgen, der die Leistungsverdichtung und Verjüngung in den Langstrecken und vor allem im Marathonlauf in den letzten zwei, drei Jahren als suspekt bezeichnet.

Auch wenn die Genetik, die große Armut, das Leben von Kind an mit viel aktiver Bewegung in 2000 – 3000 m profilierten Höhen, eine Vergangenheit ohne die Ablenkung durch die moderne Zivilisation, die gegenüber „steifen Europäern“ bevorteilte schlanke Körperkonstitution für das Laufen, die Vorbilder die es durch Laufen zu Reichtum gebracht haben, die Trainingszentren um Eldoret und Iten wo es viele Hundert Läufer zum gemeinsamen Training hinzieht, Trainer aus aller Welt, alles Argumente für gute Leistungen sind.

Das bekanntgewordene Training oft 3 x am Tag in seiner ganzen Komplexität und Härte, die Belastungs-überhöhungen, die Belastbarkeit gegenüber auch fleißigen Europäern ist jetzt, auch für Trainer im Hochlei-stungstraining, einfacher nachzuvollziehen.

Wir finanzieren ihre Wettkämpfe in Europa, das Doping auch – und beschämen unsere Läufer

Sie laufen in Europas Stadien im Dutzend vornweg und beschämen wieder und wieder die Europäer ob ihrer Unfähigkeit. Wie bei den Hallen-Events in Karlsruhe und Düsseldorf, Langstrecken als Zweiklassen-gesellschaft oder ganz ohne deutsche Beteiligung.

Europäische Trainer im Dienste Kenias – die „von allem“ bestimmt auch nichts wissen und sich deshalb nicht äußern – haben dafür gesorgt dass das KEN in den Langstrecken–Weltbestenlisten dominiert. Trotzdem hegen und pflegen und feiern wir sie – anstatt unseren eigenen Talenten die notwendigen Bedingungen für ein professionelles Training zu finanzieren.

Dafür sollten wir weniger solche wie gerade den 17-jährigen Halbmarathon-Sieger des Paderborner Osterlaufs Ghirmay Ghebreslassie aus Eritrea auf das Bewunderungspodest heben. Zu den abgelieferten 60 Minuten kommt er nur wenn er die 10 km in etwa bei 28:30 Minuten passiert! Diese Leistung wird als seine persönliche Bestleitung (28:33) 2012 in den IAAF-Bestenlisten geführt. Der Deutsche Rekord stammt aus dem Jahre 1993 und wird mit 1:00:34 von Carsten Eich gehalten. Man sollte den 17-Jährigen vielleicht besser auch fragen wann und wie oft die WADA in den letzten Monaten bei ihm vorbeigekommen ist oder ob demnächst vor Ort gezielte Dopingkontrollen organisiert werden.

In einem Interview vom 2.4. 2012 für die LCA von Christophe Chayriguet sorgte sich Kip Keino – Präsident des Nationalen Olympischen Komitees und IOC–Mitglied – um die Zukunft des Mittel- und Langstreckenlaufs in Europa, weil das mediale Interesse bereits spürbar nachgelassen hat und sich die Zuschauer und Veranstalter demnächst abwenden könnten, wenn immer öfter bei den großen Stadion-Events die ersten 10 Plätze oder mehr von Afrikanern belegt werden.

Nun hat er ein Problem vor der eigenen Haustür. Dem könnte ein weiterer Schub  Richtung Fanflucht folgen, weil die Offenlegung und das in der ganzen Welt diskutierte offensichtlich „flächendeckende Doping“ (das Interview von Matthew Kisorios im Deutschen Fernsehen lässt auf eine größere Dunkelziffer schließen)  die Zuschauer aus den Stadien treiben könnte.

In einem ersten Schritt sollten deshalb alle deutschen und europäischen Veranstalter in den Startverein-barungen mit Ausländern verankern, dass bei internationalen Veranstaltungen gezielte Dopingkontrollen üblich sind. Das würde auch dem Gedanken des FAIRPLAY gegenüber unseren eigenen Läufern die regelmäßig und ganzjährig kontrolliert werden, mehr gerecht werden.
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*Quelle: Jürg Wirz in Condition 4 /2013

 

Lothar Pöhlitz

author: GRR

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