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05
08
2013

Touristisches Highlight im Vinschgau - Überraschung nach der Seeschleife über 15,3 km: Simone Raatz schlägt die vierfache Siegerin Renate Rungger - Wilfried Raatz berichtet ©wus-media - Wilfried Raatz

Touristisches Highlight im Vinschgau – Überraschung nach der Seeschleife über 15,3 km: Simone Raatz schlägt die vierfache Siegerin Renate Rungger – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Der Vinschgau ist uns in erster Linie bekannt durch die lukullischen Genüsse dieser von der Sonne verwöhnten Region. Bissfeste Äpfel, (die es übrigens auch beim München-Marathon alljährlich zu kosten gibt), Weine der erlesenen bis süffigen Art, würziger Speck – das sind nur einige markante Aspekte dieser Natur- und Kulturlandschaft zwischen dem Reschenpass und Meran bzw. Bozen.

Man spricht deutsch wie italienisch, die Gastfreundschaft ist sprichwörtlich nett. Und sportlich hat der Vinschgau einiges zu bieten. Neben vielfältigen Freizeitangeboten zu Fuß oder per Bike gibt es auch einige Laufangebote. Weniger bekannt, weil klein und restriktiv behandelt durch den italienischen Leichtathletik-Verband FIDAL, sind die Bergläufe.

Seit wenigen Jahren mausert sich nun allerdings der Reschenseelauf zu einem attraktiven internationalen Anlass, der bei einer tendenziell eher flachen Seerunde von 15,3 km auf allerdings 1500 Meter ü. M. bei der 14. Auflage immerhin schon bei 3.400 Teilnehmern aus 15 Nationen angekommen und damit zu einem attraktiven Anlass für den Tourismus geworden ist.

Dreh- und Angelpunkt des Laufspektakels ist Graun, eine kleine Ortschaft, die vornehmlich wegen des im Wasser des Reschensees stehenden Kirchturms berühmt ist. Bei heißen 30° zur (Haupt-)Startzeit um 17.00 Uhr war es beängstigend eng wie bei jedem mittelgroßen Marathon oder Stadtlauf hierzulande. Vorgeschaltet hier bereits neben einem Handbike-Wettbewerb die "Corsa Bambini-Läufe" für die Kids zwischen fünf und fünfzehn Jahren mit Streckenlängen zwischen 300 und 1600 Metern, der sportliche Auftakt für den Läufernachwuchs der Region wie auch für die Läufer aus dem In- und Ausland, die mit ihren Familien im Vinschgau urlauben.

Mit ein Grund, weshalb der Reschenseelauf ein attraktiver Anlass für die ganze Familie ist, dürfte freilich die Softvariante des 15,3 km-Laufes sein, die sich als "Just for Fun-Lauf" ohne Zeitmessung und ohne "sportärztliches Zeugnis" zum Mitmachen ohne Zeitdruck neben dem Nordic Walking-Angebot anbietet.

Um selbst die Walker bei der Siegerehrung nicht "leer" ausgehen lassen zu müssen, haben die Macher beim ASV Rennerclub Vinschgau Raiffeisen um Rennleiter Gerald Burger eine besondere Wertung erfunden. Hierbei wird der der Mittelwert der Ergebnisse des schnellsten und des langsamsten Walker als Richtwert ermittelt. Die zehn Teilnehmer, die diesem Richtwert am nächsten kommen, werden bei der Siegeehrung ausgezeichnet.

Auf dem 15,3 km-Rundkurs entlang des Sees, der zu achtzig Prozent aus Asphalt besteht, lässt sich erwiesener Maßen auch schnell laufen. So gewann die slowenische Cross-Europameisterin Helena Javornik 2004 mit der bislang schnellsten Frauenzeit von 54:44 Minuten, die bislang meisten Siege haben Renate Rungger und Maja Gautschi mit bislang vier Erfolgen zu verbuchen.

Bei den Männern ist "natürlich" Hermann Achmüller, der hierzulande als Sieger des München-Marathon gut bekannt ist, mit sechs Siegen das Ass am Reschensee, den Kursrekord fixierte bis zur 14. Auflage dessen Südtiroler Laufkollege Reinhard Harrasser seit 2006 mit 49:07 Minuten.

Fixierte – denn mit der Austragung vom 3. August müssen die Rekordlisten umgeschrieben werden: Der Tscheche Milan Kocourek stürmte bereits nach 48:17 Minuten über die Ziellinie und demonstrierte seine läuferische Klasse auch nahe der schweizerisch-italienischen Grenze.
Der tschechische Cross-und Hindernisspezialist mit WM-Erfahrungen absolvierte eine Höhenmaßnahme im von Graun abgehenden Vallelunga und hatte keine Mühe, die Konkurrenz mit dem Vorjahressieger Peter Lanzinger auf Distanz zu halten. Dieser holte sich dann auch den zweiten Platz in 49:38 Minuten vor einem weiteren Tschechen, Jiri Homolac (49:51).

Es war gewiss nicht der Tag der Südtiroler, denn auch Hannes Rungger, mehrfach Platzierter auf dem Podium, musste als Vierter seine Podesthoffnungen schon früh aufgeben. Er fiel schon früh dem Tempodiktat der beiden Tschechen zum Opfer, übrigens wie auch der deutsche Berglaufmeister Timo Zeiler, die fortan ein Großteil der Strecke zusammen liefen. Am Ende wurde Timo Zeiler mit 52:48 Minuten Achter.

Wenige Minuten nach dem Zieleinlauf von Timo Zeiler überschlugen sich die beiden mehrsprachig moderierenden Sprecher Sylvia und Bernhard geradezu. Sie hatten sich schon nach den Streckenmeldungen auf den fünften Sieg für Renate Rungger, die zuletzt bei den Berglauf-Europameisterschaften in Borovets als Einzelfünfte und Mannschafts-Europameisterin überzeugen konnte, eingestimmt.

Doch dann kam wie die Feuerwehr im von Zuschauern dicht gesäumten Zieleinlauf zur Überraschung aller die Karlsruherin Simone Raatz angestürmt. "Ich habe Renate nach 12 km eingeholt und konnte mich gleich absetzen", freute sich die Badenerin, die erst vor Wochenfrist beim Schlickeralmlauf im Stubailtal die Kurzdistanz über 7,5 km und 650 Höhenmetern gewinnen konnte. "Dabei habe ich mich zu Beginn des Rennens nicht einmal gut gefühlt, aber im welligen Gelände nach acht oder neun Kilometern ging es schlagartig besser!" Mit 58:15 Minuten lief die dreifache Oberelbe-Marathon-Siegerin die viertschnellste Endzeit in der nunmehr 14jährigen Geschichte des Reschenseelaufes – und darf sich nun auf der monumentalen Siegerliste direkt am Ufer des Reschensees eingraviert wiederfinden.

Nach 58:48 kam die sichtlich enttäuschte Bozenerin ins Ziel. "Nach der Berglauf-EM und dem Sieg beim Berglauf im Val Ghardeina habe ich mich nur schwer erholt und musste etwas Pause machen. Ich habe heute nach zehn, elf Kilometern gemerkt, dass es sehr schwer werden würde!" Mit einem weiteren dreißig minütigenen Abstand kam mit Kathrin Hanspeter (59:14) eine weitere Läuferin noch unter die Ein-Stunden-Marke.

Gegen 21.30 Uhr folgte eine eindrucksvoll inszenierte Siegerehrung, die, wie Timo Zeiler mit Hochachtung anerkannte, "WM-würdig" war. Das Gewitter, das unmittelbar nach dem Einlauf der letzten Läufer im oberen Vinschgau niedergegangen war, hatte zwar das Outdoor-Fest vor dem knackevollen Festzelt (in dem eine gute Rockband die Oldie-Hitparade der 70er und 80er Jahre durchspielte) mit einem Schlag beendet, keineswegs jedoch die imposante Siegerehrung.

Die Tagesbesten (aller Kategorien) und die Top ten des Gesamteinlaufes erhielten neben einem reich bestückten Freßkorb auch noch ein imposantes Feuerwerk im Nachthimmel über dem illuminierten Reschensee geboten – so ganz nach dem Motto "Ehre, dem Ehre gebührt". 

 

Wilfried Raatz  

author: GRR

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