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2013 European XC Championships Belgrade, Serbia December 8, 2013 Photo: Giancarlo Colombo@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-291-3409 www.photorun.NET

Deutsche Licht- und Schattenspiele in Belgrad – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Was lässt sich von der mit 32 Läuferinnen und Läufern bislang größten Mannschaft des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) bei den Cross-Europameisterschaften in Belgrad erwarten? Unter Wolfgang Heinig, dem Leitenden Bundestrainer Langstrecke, hat das Primat „Endkampfchance“ eine neue Bedeutung erhalten – und die Messlatte bei dem neuen starken Mann der deutschen Laufszene hochgelegt.

Die U20-Juniorinnen holten die mit Bronze die sehnlich erwartete Medaille, das war es allerdings leider schon im Vergleich zum Vorjahr, als man dreimal einen Podestplatz zählen durfte. Aber dennoch liest sich die Mannschaftsbilanz durchaus passabel: die Männer auf Rang fünf, ebenso wie die U23-Juniorinnen, die U23-Junioren auf Rang sieben, die U20-Junioren auf Rang acht, auf ein Frauenteam hatte Heinig mangels geeigneter Läuferinnen verzichtet.

Unter dem Strich bedeutet dies, dass Deutschland unter den dreizehn Nationen mit zumindest einem Medaillengewinn war, allerdings in bester Gesellschaft mit beispielsweise den Läufernationen Italien oder Portugal. Um Längen enteilt allerdings Groß-Britannien, das mit fünfmal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze mehr als doppelt so viele Medaillen hamsterte als das zweitbeste Team Frankreich mit vier Podestplätzen.

Und der Cheftrainer Langstrecke, zog zeitnah nach dem letzten der sechs Wettbewerbe ein erstes, allerdings nüchternes und überaus treffendes Fazit: "Mit der Bronzemedaille der U 20-Juniorinnen hat es sehr schön angefangen, mit Rang fünf bei den Männern hat es ebenso schön aufgehört. Aber wo Licht ist, da ist auch verständlicher Weise Schatten. Und daran müssen wir in der Zukunft arbeiten!" Und verhehlte nicht die Schwachstellen – beim männlichen U20- und U23-Nachwuchs.

Vergaß aber auch nicht in seine Kritik die Frauen einzubeziehen, wo es aus Terminnähe zum Saisonfinale auf der Straße keine Mannschaft zu nominieren gab.

Mit über 500 Teilnehmern aus 36 Nationen gab es bei den 20. Spar European Cross Country Championships in Belgrad zwar eine neue Rekordmarke, aber die Anstrengungen des serbischen Leichtathletik-Verbandes gingen vor Ort ins Leere. Praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurden die Titelkämpfe ausgetragen, denn das weiträumig abgesperrte Terrain mit dem zahlenmäßig großen Sicherheitspersonal erinnerte in seiner Sterilität an die stets willkommene Leistungsschau der sozialistischen Staatssysteme – mit dem Unterschied, dass es keine zum Zuschauen delegierten Besucher gab, die zumindest eine Kulisse für hochrangige Sportanlässe liefern können.

Ein Blick in die Seitenstraßen der serbischen Millionenstadt offenbarte freilich die Kluft zwischen den Glas- und Metallfassaden und der blanken Armut, die sprichwörtlich auf Schritt und Tritt zu sehen war. Für teure Eintrittskarten jedenfalls haben diese Menschen keinen Dinar übrig.

Irgendwie musste es European Athletics-Präsident Hansjörg Wirz schien schon bei der samstäglichen Pre-Event-Pressekonferenz geahnt haben, was sich am Folgetag auf dem schnellen Parcours im „Park der Freundschaft“ abspielen würde, nämlich die Dominanz von Athleten, deren Wurzeln augenscheinlich nicht in Europa liegen.

Nämlich mit Alemayehu Bezabeh (Männer), Ali Kaya (U 23), Sifan Hassan (U 23) aus Äthiopien und Sophie Duarte (Frauen) aus dem französischen Übersee-Departement Guadeloupe sind dies alleine schon vier (!) von sechs Siegern, unberücksichtigt dabei die Vielzahl weiterer LäuferInnen auf Spitzenplätzen. „Da ist der Sport gefordert“ gibt Wirz zu verstehen, angesichts der zunehmenden Flüchtlingsströme vornehmlich in Südeuropa eine allerdings schwere, um nicht zu sagen, unlösbare Aufgabe.

Integration in die Gesellschaft und Akzeptanz der kulturellen Werte des aktuellen Heimatlandes sind dabei allerdings eher Worthülsen, wenn es letztlich um eine möglichst starke Medaillenbilanz im Wettstreit der Nationen geht.  

Wilfried Raatz

 

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U 20-Juniorinnen holen einzige Cross-Medaille in Belgrad – Richard Ringer wird Siebter – Team schafft mit Rang fünf das beste Resultat bislang – Europäer mit afrikanischen Wurzeln bestimmen die Männer-Konkurrenz – Wilfried Raatz berichtet

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