Streckenrekordler und einer der Topfavoriten beim Gold Coast Airport Marathon: Yuki Kawauchi (Japan). ©Helmut Winter
Rekordjagd an Australiens Ostküste – Am Sonntag startet die 36. Ausgabe des „Gold Coast Airport Marathons“. Helmut Winter berichtet
Wenn am Sonntag an der australischen Gold Coast der Airport Marathon mit einer Topbesetzung bei Männern und Frauen über die Bühne geht, haben die Spitzenläufer eine ganze Reihe von Rekordmarken im Auge. Dabei steht vor allem die beste Zeit im Fokus, die jemals auf australischem Boden im Marathon erzielt wurde.
Der australische Altmeister Rob de Castella lief im Oktober 1982 in Brisbane 2:09:18, und für das Unterbieten dieser Zeit haben die Veranstalter eine zusätzliche Prämie von 20000 $ ausgelobt.
Diesbezüglich ist es interessant, dass diese Zeit sehr dicht an den 2:09:14 liegt, die der Dresdener Jörg Peter am 21. Juli 1984, also vor fast genau 30 Jahren, im Grünauer Forst im südöstlichen Teil Berlins lief. Fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit waren damals nur einige wenige Athleten im Rahmen des Olympischen Tages gestartet, der als Kompensation für eine Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Los Angeles gedacht war, auf die Sportler des Ostblocks wegen eines Boykotts verzichten mussten.
Aber die Leistungen in Grünau waren auf höchstem Niveau und nur unweit entfernt von den damaligen Weltrekorden bei Männern und Frauen. Dies belegt auch ein genauerer Blick in die Statistiken des Marathons mit dem interessanten Ergebnis, dass niemand im Monat Juli in der gesamten Geschichte einen Marathon schneller absolvierte als Jörg Peter, der neben dem deutschen Rekord auch diesen „Juli-Weltrekord“ besitzt.
Erstaunlicherweise hat daran auch eine Heerschar ostafrikanischer Läufer in den letzten Dekaden nichts ändern können, obwohl diese mittlerweile die Szene fast im Monopol dominieren. In allen anderen Monaten liegen die Afrikaner vorn, nur der Monat Juli ist immer noch in deutscher Hand. Und dies seit 30 Jahren!
Dabei hat bei der Flut von Weltklasse-Leistungen der Afrikaner in den für Höchstleistungen günstigeren Monaten sicher beigetragen, dass die Topevents der Szene auf der nördlichen Hemisphäre die Sommermonate meiden und generell nur wenige Marathonläufe von hohem Niveau auf der südlichen Halbkugel veranstaltet werden. Von diesen wenigen Läufen hat sich der Gold Coast Marathon in Australiens Winter (Juli!) in den letzten Jahren zunehmend in Szene gesetzt und wurde dafür von der IAAF mit dem Gold Label ausgezeichnet. Und was das Starterfeld am Sonntag anbelangt ist diese Einstufung durchaus nachzuvollziehen. Denn nicht weniger als fünf Athleten mit Bestzeiten unter 2:08 sind gemeldet.
Ein Trio kann sogar 2:06er-Zeiten aufweisen, die zudem noch in den letzten Jahren gelaufen wurden. Allen voran ist der erst 21jährige Äthiopier Gebretsadik Adihana zu nennen, der seine Bestzeit von 2:06:23 beim Amsterdam-Marathon 2012 lief. Seine gute aktuelle Form stellte er im Frühjahr beim Daegu-Marathon unter Beweis, wo er in 2:07:06 Zweiter wurde.
Er ist sicherlich ein erster Aspirant auf Zeiten deutlich unter dem aktuellen Streckenrekord von 2:10:01, den der Japaner Yuki Kawauchi übrigens im letzten Jahr exakt egalisierte. Gleiches gilt auch für die beiden Kenianer Nicholas Kamakya und Stephen Tum mit Bestzeiten von 2:06:34 (Amsterdam 2011) und 2:06:35 (Marrakesch 2013).
Der Vielstarter Yuki Kawauchi ist wie in den Vorjahren wieder am Start und will nach seinem recht erfolgreichen Überseestart in Hamburg auch an der Gold Coast überzeugen und in den Bereich seiner Bestleistung von 2:08:14 laufen. Für Yuki wird dies bereits der siebte Marathon im Jahr 2014 sein, nebenbei hat er noch neun Halbmarathons sowie einen 30 km- und 50 km-Lauf auf hohem Niveau absolviert. Mit normalen Maßstäben ist der eigenwillige Japaner sowieso nicht zu messen.
Dass aber sein Sieg aus den beiden Vorjahren eher unwahrscheinlich ist, liegt nicht nur an den bereits benannten Topläufern, auch der „Rest“ im Elitefeld kann sich sehen lassen. Erhebliche Konkurrenz wird ihm von seinem Landsmann Arata Fujiwara (2:07:48, Tokyo 2012) erwachsen, der soeben ein Trainingslager in Kenia mit seinem Trainingspartner Cyrus Njui absolviert hat. Dabei hat Njui sicher ein höheres Potential, als es seine Bestzeit von 2:09:10 (Tokyo 2012) ausweist.
Das Feld der Topathleten runden Stephen Kibiwott (2:07:54, Prag 2009), Haile Gemeda (2:08:35, Rom 2013), Hirokatsu Kurosaki (2:09:07, Tokyo 2014) sowie Erick Mose (2:09:44, Los Angeles 2013) ab. Alles andere als ein neuer Streckenrekord wäre bei diesem Starterfeld eine Überraschung, wobei die Erwartungen deutlich höher liegen und ein Anfangstempo im Bereich von 2:08 geplant ist.
Ebenfalls das Feld der Frauen ist in diesem Jahr mit fünf Läuferinnen mit Bestzeiten unter 2:27 sehr stark besetzt. Die Favoritin dürfte die Äthiopierin Mulu Seboka sein, die vor einem Jahr in Daegu 2:23:43 lief und im Januar 2014 schon den Dubai-Marathon in 2:25:01 gewann. Auch bei den Frauen ist der bereits 20 Jahre alte Streckenrekord von 2:29:29 in Gefahr, vielleicht sogar der „Juli-Weltrekord“ bei den Frauen, den Fatuma Roba (ETH) bei ihrem Olympiasieg mit 2:26:05 am 28. Juli 1996 in Atlanta aufstellte.
Insgesamt werden bei der Veranstaltung am Sonntag im Marathon sowie Halbmarathon und einem 10 km-Lauf etwa 30.000 Läuferinnen und Läufer erwartet.
Weitere Informationen zu den Elitefeldern beim Gold Coast Marathon 2014 unter dem Link: https://goldcoastmarathon.com.au/race-weekend/contenders/
Helmut Winter
Elite der Männer
|
Gebretsadik Adihana |
ETH |
2:06:23 |
Amsterdam 2012 |
|
Nicholas Kamakya |
KEN |
2:06:34 |
Amsterdam 2011 |
|
Stephen Tum |
KEN |
2:06:35 |
Marrakesch 2013 |
|
Arata Fujiwara |
JPN |
2:07:48 |
Tokyo 2012 |
|
Stephen Kibiwot |
KEN |
2:07:54 |
Prag 2009 |
|
Yuki Kawauchi |
JPN |
2:08:14 |
Seoul 2013 |
|
Haile Gemeda |
ETH |
2:08:35 |
Rom 2013 |
|
Hirokatsu Kurosaki |
JPN |
2:09:07 |
Tokyo 2014 |
|
Cyrus Njui |
KEN |
2:09:10 |
Tokyo 2011 |
|
Ahmed Baday |
MAR |
2:09:16 |
Daegu 2012 |
|
Erick Mose |
KEN |
2:09:44 |
Los Angeles 2013 |
Elite der Frauen
|
Mulu Seboka |
ETH |
2:23:43 |
Daegu 2013 |
|
Pamela Chepchumba |
KEN |
2:25:36 |
Mailand 2007 |
|
Yebrgual Melese |
ETH |
2:26:14 |
Paris 2014 |
|
Goitetom Tesema |
ETH |
2:26:21 |
Rom 2011 |
|
Emily Samoei |
KEN |
2:26:52 |
Barcelona 2012 |
Die „Monats-Weltrekorde“ im Marathon der Männer (Stand: Juni 2014)
|
Januar |
Ayele Abshero |
ETH |
2:04:23 |
27.1.2012 |
Dubai |
|
Februar |
Dickson Chumba |
KEN |
2:05:42 |
23.2.2014 |
Tokyo |
|
März |
Wilson Loyanae |
KEN |
2:05:37 |
18.3.2012 |
Seoul |
|
April |
Duncan Kibet |
KEN |
2:04:27 |
5.4.2009 |
Rotterdam |
|
Mai |
Eliud Kiptanui |
KEN |
2:05:39 |
9.5.2010 |
Prag |
|
Juni |
Patrick Tambwe |
CG |
2:08:55 |
20.6.2004 |
Mont St. Michel |
|
Juli |
Jörg Peter |
GER |
2:09:14 |
21.7.1984 |
Berlin-Grünau |
|
August |
Samuel Wanjiru |
KEN |
2:06:32 |
24.8.2008 |
Beijing |
|
September |
Wilson Kipsang |
KEN |
2:03:23 |
29.9.2013 |
Berlin (WR) |
|
Oktober |
Wilson Kipsang |
KEN |
2:03:42 |
30.10.2011 |
Frankfurt |
|
November |
Geoffrey Mutai |
KEN |
2:05:06 |
6.11.2011 |
EN