36. Kitzbüheler Horn Bergstraßen-Lauf: Der Kenia-Express rollt und rollt… run2gether-Läufer Francis Wangari Muigai gewinnt nach Belieben Wilfried Raatz berichtet ©wus-media - Wilfried Raatz
36. Kitzbüheler Horn Bergstraßen-Lauf: Der Kenia-Express rollt und rollt… run2gether-Läufer Francis Wangari Muigai gewinnt nach Belieben Wilfried Raatz berichtet
Der Blick auf die Ehrentafel zeigt den internationalen Charakter des traditionsreichen Bergstraßenlaufes zum Kitzbüheler Horn auf 1996 m Höhe. Es ist unschwer zu erkennen, dass zwischen dem Hauptplatz in der Fußgängerzone und dem hoch hinausragenden Fernsehturm am Horn das Who is Who bereits unterwegs war.
„Natürlich“ hält mit Jonathan Wyatt der bekannteste Läufer der Berglaufzunft auch den Streckenrekord auf der 12,9 km langen Asphaltstrecke mit 1234 Höhenmetern, der im Jahr 2000 das Maß der Dinge auf 55:58 Minuten herunterschraubte.
Trotz des Sturmlaufes von Andrea Mayr im vergangenen Jahr gehört die Streckenbestmarke bei den Frauen auch einer Läuferin vom fünften Kontinent: 2001 setzte die Weltmeisterin Melissa Moon die Bestmarke auf 1:07:31 Stunden. Eine Marke, die die aktuell weltbeste Bergläuferin Andrea Mayr um schlappe fünf Sekunden verpasste.
Nach dem Premierensieger Peter Reiher aus Konstanz folgten bereits mit Stefan Soler (Schweiz), Pablo Vigil (USA), Kurt König (Mittenwald), Helmut Stuhlpfarrer (Österreich), Zdenek Mezulianik (Tschechien) und Helmut Schmuck (Österreich) überaus namhafte Sieger.
Ähnlich sieht dies bei den Frauen mit Christiane Fladt (Deutschland), Gudrun Pflüger (Österreich), Izabela Zatorska (Polen) und Anna Pichrtova (Tschechien) aus. Sie allesamt sorgten für schnelle Zeiten auf einer Strecke, die sowohl für Berg- als auch für Straßenläufer überaus attraktiv ist.
Davon war man allerdings bei der 36. Auflage sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen weit entfernt, ohne jedoch die Leistung der Spitze angesichts des vorherrschenden miesen (Regen-)Wetters im Ort oder nahezu winterlichen Bedingungen am Horn schmälern zu wollen. Rekorde sind nämlich nicht alles. Weder in der Geschwindigkeit, noch hinsichtlich der teilnehmenden Läuferzahl.
Organisator Franz Puckl gilt als Urgestein der österreichischen Berglaufszene, macht sich aber angesichts der gerade einmal 124 Finisher keinen Kopf, denn der Trend des einstmals sogar im knappen vierstelligen Bereich befindlichen Bergstraßenlaufes geht Jahr für Jahr weiter nach unten. Auch wenn sein „Es ist halt so!“ allerdings schon etwas resignierend klang.
Einen Blumentopf lässt sich damit allerdings in der Sportstadt Kitzbühel nicht gewinnen, denn die bodenständige Disziplin Berglauf hat in „Kitz“ trotz aller Tradition in der (Sport-)Konkurrenz zu Tennis, Skisport und neuerdings auch Triathlon keinen Stellenwert mehr. Es sei denn, der Puckl Franz lässt vielleicht die Hahnkamm-Abfahrt nach oben laufen oder stellt den Kitzbühel-Trail auf die Beine. Eine Erfolgsgarantie gibt es freilich für diese Ideen keinesfalls.
Spannend war es dennoch bei der 36. Auflage des Bergstraßenrennens auf das Horn, hoch droben über dem mondänen Kitzbühel. Fahnenschmuck am Hauptplatz kündigt allenfalls das Filmfestival an, am Gasthaus Alpenhaus direkt an der Bergstation der Hornbahnen jedoch ist der Ausdauersport Zuhause, denn hier hängt das große Ankündigungsplakat zum Hornlauf neben dem Horn-Radrennen auf „Österreichs steilstem Radberg“.
Wie seit einigen Jahren Standard bei den alpinen Bergläufen, so bestimmten die „Kenianer von der Turracher Höhe“ auch den Hornlauf. Allen voran Francis Muigai Wangari, der zuletzt beim Tegelberglauf in Füssen siegreich war – und nun am Kitzbüheler Horn aus dem Schatten seines ungleich schnelleren Landsmanns Isaak Kosgei Toroitich herauslaufen konnte. Nachdem der 24jährige beim Gröden Mountain Run in Südtirol, beim Grintovec Mountain Race in Slowenien oder beim Karwendellauf in Mittenwald noch das Nachsehen hatte, lief er auf der schnellen Asphaltstrecke schon nach vier Kilometern Isaak und zwei weiteren Landsleuten auf und davon.
Auf der durch die insgesamt 19 Kehren bis zum Alpenhaus bestens zu kontrollierende Strecke ließ Francis nichts anbrennen und kam nach letztlich 1:00:26 Stunden zum Erfolg. Damit stellt Kenia zum vierten Mal in der langen Tradition des Horn-Bergstraßenlaufes den Tagessieger. Isaac Kosgei Toroitich folgte diesmal fünfzig Sekunden später als Zweiter.
Eine weitere Minute dauerte es, bis mit Robbie Simpson der erste weiße Läufer eintraf, der damit nicht unerwartet in die Kenia-Phalanx einbrechen konnte. Der 23jährige Brite mit temporärem Wohnsitz in Leutasch musste allerdings eines zugestehen: „Die Saison ist schon sehr lange und mir fehlte etwas die Kraft!“ Kein Wunder, denn in den Beinen des Briten stecken unter anderem die schweren 31 Kilometer von Sierre nach Zinal.
Nach diversen Verletzungen und Erkrankungen ist Gerd Frick wieder zurück in der Berglaufszene. Hinter den beiden Kenianern Francis Njoroge (1:03:36) und Robert Surum Panin (1:03:44) wurde er Sechster in 1:04:51 Stunden. „Es ist schwierig wieder einzusteigen!“ gestand der inzwischen wieder in Meran lebende Südtiroler. Am Karwendel habe ich auf Kosgei zehn Minuten verloren, diesmal fehlen mir noch drei Minuten. Das stimmt mich schon etwas zufrieden“, so der Sieger des Jahres 2007.
Im Vorjahr gab mit Andrea Mayr die aktuell weltbeste Bergläuferin am Kitzbüheler Horn erstmals ihre Visitenkarte ab und verpasste um fünf Sekunden die Kursbestzeit der Neuseeländerin Melissa Moon. Heuer setzte sich mit Karin Freitag erneut eine österreichische Läuferin durch. „Endlich ist mein Traum in Erfüllung gegangen!“ jubelte die 34jährige von der LG Decker Itter, „denn der Hornlauf ist mein absoluter Lieblingslauf!“
Bei ihrem fünften Start lief die Allroundläuferin Karin Freitag im dichten Nebel ein glänzendes Rennen – und wurde zudem auch mit neuer Bestzeit belohnt. „Ich habe mich allerdings zu früh abgesetzt, denn gegen Ende musste ich ganz schön büßen“. Dennoch reichte es nach 1:12:44 zum klaren Sieg vor der Lienzerin Susanne Mair (1:13:28). „Ich hoffe, dass wir jetzt auch für die Berglauf-WM nominiert werden“ formulierte Karin Freitag sogleich weitere Erwartungen und blickte dabei zu ihrer Nationalmannschaftskollegin Susanne Mair.
Überraschend spielten die beiden Britinnen Julie Briscoe (1:14:34) und Sarah Tunstall (1:15:28) als Dritte und Vierte im Rennen um den Tagessieg keine Rolle. Auf Rang fünf lief übrigens mit Silvia Olejarova (Slowakei) die letztjährige Siegerin des Hochfelln-Berglaufes ins Ziel.
Es war schon paradox. Während das Gros der Läufer bei empfindlicher Kälte und dichtem Nebel den beschwerlichen Aufstieg zum Kitzbüheler Horn mit Steigungen bis 23 Prozent hinaufstiefelte, schien für die „Schlusslichter“ wie Irina, Richella oder Ilse schon die Sonne. Für die Ältesten – und Jüngsten gab es übrigens mit dem „Masters Run“ bzw. Nachwuchslauf einen entschärften Hornlauf, der vom Alpenhaus über 2,4 km und 326 Höhenmeter zum Ziel führte.
Dabei hat der inzwischen 79jährige Puckl Franz natürlich seine treuen Weggefährten im Auge, denen die 12,9 km lange Bergstraße fast schon wie ein Marathonlauf erscheint. Belohnt wurden übrigens viele am Nachmittag im Alpenhaus, denn bei der Siegerehrung warteten über einhundert Pokale auf neue (stolze) Besitzer…
Wilfried Raatz