Blog
21
10
2014

Training beim Bottwartal-Marathon - Foto: Wilfried Raatz - wus media

Der Lauf der Urmenschen und Jetzt-Zeit-Genossen – Beim 11. Bottwartal-Marathon, bei dem die Startnummern Mangelware wurden – berichtet Wilfried Raatz

By GRR 0

Die Medaillenserie hat Seltenheitswert. Die Stammgäste dürfen sich nach neun Auflagen und ebenso vielen Zieleinläufen mit einem kompletten Medaillen-Set schmücken, denn Jahr für Jahr kommt eine andere Gemeinde in die Prägung.

Von Steinheim über Murr ist im dritten Jahr der jungen Medaillenauflage Kleinbottwar an der Reihe. Die Medaillensammler müssen also bis zum kompletten Satz eine satte Kilometerleistung vollbringen, das sollte aber im malerischen Bottwartal das geringste Problem sein.

Zumal es eine Fülle von Wettbewerben gibt, die wie ein bunter Strauß zur Auswahl stehen. Urmensch-Ultralauf, Marathon, 3/4-Marathon, halbmarathon, Teamlauf, Staffellauf, 10 km-Lauf…

Steinheim, Murr, Klein- und Großbottwar, Hof und Lembach, Oberstenfeld, Beilstein, Schmidhausen und Gronau – wenn wir selbst als reiselustige Läufer ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass keine der genannten Ortschaften auf der Marathon-Landkarte zu finden sind.

Natürlich ist der Bottwartal-Marathon unter den knapp 200 Marathonläufen ein Begriff, vor allem bei den Läufern der Region. „Fremde“ mögen sich natürlich auch einmal in den Norden der BaWü-Landeshauptstadt Stuttgart verirren, doch sie sind eher die Ausnahme. Wie diese aus Elmshorn, Aschaffenburg, Frickenhausen, Rülzheim und Schleswig… Ein Online-Magazin hat zudem den Bottwartal-Marathon als viertbeliebtesten Marathon in Baden-Württemberg gekürt.

Getreu dem Slogan „Die Sonne küsst den Bottwartal-Marathon“ strömen nach über 1300 (!) Kindern und Jugendlichen zum Auftakt am Samstag fast 3000 Läufer am Sonntagmorgen in die Startbereiche. So viele, dass selbst die optimistischen Prognosen der Organisatoren Makulatur wurden.

Um dem Andrang einigermaßen Herr werden, mussten Startnummern aus anderen Wettbewerben ausgegeben werden. Des einen Glück, des anderen Sorge – letztlich sorgte dies für so manche Verwirrung auf der Strecke und vor allem bei der Zielmoderation. So wurde ein freudig herumtänzelnder Sebastian Groteloh irrtümlich als Urmensch-Ultra-Sieger proklamiert, stattdessen absolvierte er „nur“ die dreiviertel Marathondistanz, dies freilich exponiert als Fünfter.

Der Mix aus Ultra, Marathon, Halbmarathon, Team und Staffel machte es immer wieder schwer, den Überblick beim Zieleinlauf zu behalten. Dies jedoch brachte die gute Stimmung keineswegs aus dem Lot. Die Zuschauer jedenfalls fühlten sich gut unterhalten, denn im leicht ansteigenden Zielbereich war „immer etwas los“.

Der Urmensch-Ultralauf über 50 Kilometer, vor einem Jahr erstmals ausgeschrieben, ist natürlich etwas Besonderes für alle, die es etwas härter lieben. Fast 700 Höhenmeter und die weithin sichtbare Burg Lichtenberg müssen auf der ersten Streckenhälfte zumeist abseits der Asphaltpiste bezwungen werden, ehe es zum Zusammenschluss mit der Marathonstrecke vor Gronau kommt. Knapp 100 wollten sich in dieses Abenteuer stürzen.

Schnellste Urmenschen dabei Sebastian Apfelbacher nach 3:37:37 bzw. Bea Bauer nach 4:13:06 Stunden. Mit urigem Kostüm und offensichtlich stark abgenagter Oberschenkelknochen-Attrappe sorgte der somit martialisch aussehende Engländer Christopher Greenaway als immerhin Zehntschnellster für einiges Aufsehen. Der Mann aus dem Süden Londons, im Hauptberuf beim Staatstheater in Stuttgart engagiert, hatte allerdings eher seine Mühe mit dem nach halber Strecke aus allen Nähten platzenden Kostüm als mit der Strecke.

Im Normalfall ist der Engländer mittwochs mit den Kollegen vom Sanwald-Laufteam im Schlossgarten beim Training anzutreffen, wenn er sich nicht gerade wieder einmal von einem seiner geliebten Trails regenerieren muss.

Beim der Veranstaltung den Namen gebenden Marathon lief Andreas Keller im Dress seines Arbeitgebers Trumpf Ditzingen von Beginn an voraus. Im Stil des vor Wochenfrist in München den deutschen Marathontitel gewinnenden Tobias Schreindl suchte der 30jährige Industriemechaniker bei seinem ersten Marathon auch sein Heil in der Flucht nach vorne, die letztlich 324 Konkurrenten sahen lediglich seine Fersen. „Ich wusste natürlich nicht, was mich am Ende erwarten würde. Aber ich muss ehrlich sagen: Es war schwerer als erwartet!“ 

Nach 2:52:11 Stunden war er auch als Erster im Ziel, allerdings rückte ihm Thorsten Siegl bis auf neun (!) Sekunden auf die Pelle. „Bei den Getränkestationen habe ich viel Zeit verloren, deshalb ist der Abstand am Ende richtig knapp geworden. Aber es hat ja gereicht!“

Bei den Frauen sprang die Vorjahreszweite Bettina Englisch diesmal auf Rang eins, noch dazu in angesichts der doch um die Mittagszeit satten 20 Grad mit 3:03:43 Stunden guten Zeit. Dies bedeutete zugleich Rang sieben im Gesamtklassement. „Natürlich bin ich mehr als zufrieden! Aber die letzten 10 km waren wegen der Wärme schon heftig, aber ansonsten lief es gut!“ So die für das Team der Kieferorthopädie Dr. Fuchs laufende souveräne Siegerin. Schließlich dauerte es 13 Minuten, bis mit Alin Kollmann zwei Zweite im Ziel war.

Turbulente Zieleinläufe sind natürlich das Salz in der Suppe einer jeden Veranstaltung, allerdings erschwerte die (erfreulich) große Anzahl der Halbmarathonläufer, die von Gronau aus ins Rennen gegangen waren, den Überblick. Im letzten Moment wurde beispielsweise aus dem vermeindlichen Marathonsieger Thomas Bosch noch rasch der Halbmarathonsieger Thomas Bosch nach 1:15:43 Stunden. So gab es für den leistungsstarken Triathleten von der TG Schömberg nach Rang zwei bei der DM-Mitteldistanz in der AK 25 und dem Gewinn der BaWü-Meisterschaft einen weiteren Achtungserfolg zum Saisonende.

„Zu warm“ befand es auch Nicole Möbus, die Halbmarathonsiegerin nach 1:24:44 Stunden. „Deshalb habe ich auch das Tempo etwas herausgenommen“. Das „etwas“ ist gut, denn sie verpasste ihren Hausrekord vom Baden-Marathon in Karlsruhe gerade einmal um 18 Sekunden. Begleitet wurde Nicole auf dem Schlusskilometer von ihrem Freund und Triathlonspezialisten Philipp Nothof, der nach Problemen aus der Spitzengruppe herausgefallen war.

Beim 3/4-Marathon musste diesmal Seriensieger Thomas Ambacher mit klarem Rückstand und einer Endzeit von 2:12:34 Stunden mit Rang zwei zufrieden sein, denn Janosch Kowalczyk vom Team der Kieferorthopädie Dr. Fuchs lief mit elf Minuten Vorsprung einem klaren Sieg entgegen. Noch überlegener gewann Christine Sigg-Sohn nach 2:23:28 Stunden und 17 Minuten Vorsprung die Frauenkonkurrenz.

„Ich gebe immer alles“ bekannte die SÜWAG-Läuferin, die erstmals beim Bottwartal-Marathon auf dem ersten Siegerpodest stehen durfte, nachdem sie einmal Zweite (3/4-Marathon 2010) und einmal Dritte (Marathon 2012) geworden war.

Wilfried Raatz

author: GRR

Comment
0

Leave a reply