Arne Gabius: Frankfurt ist mein Marathon-Projekt ©Victah Sailer
Arne Gabius: Frankfurt ist mein Marathon-Projekt
Der 33-jährige Arne Gabius, wohnhaft in Stuttgart-Stammheim, hat in seiner Karriere bereits 17 deutsche Titel gewonnen, sein wichtigster internationaler Erfolg war der zweite Platz bei der EM 2012 über 5.000 Meter. Der Arzt ist der erfolgreichste deutschen Langstreckenläufern des vergangenen Jahrzehnts.
Du hast mal eben die Lauf-Welten gewechselt, um beim BMW Frankfurt Marathon an den Start zu gehen. Weißt Du, worauf Du Dich da eingelassen hast?
Gabius: Ja, obwohl ich ja eigentlich ein Bahnläufer bin. Meine Spezialität sind die 3000, 5.000 und 10.000 Meter. Im März aber habe ich in New York bei meinem Halbmarathon-Debüt eine Zeit von 62:09 Minuten erreicht. Da habe ich mir gedacht: Okay, ich kann ja auch Langstrecke. In meinem Kopf fing die Idee an zu wachsen: Marathon! Nach dem Ende der Bahnsaison habe ich den Plan geschmiedet: Es sind neun Wochen bis zum Marathon – das schaffe ich.
Warum hast Du Dich für Frankfurt entschieden?
Gabius: Der schnelle, flache Kurs in Frankfurt ist ideal für den Einstieg. Der Termin liegt für mich auch sehr günstig. Ich betrachte es als mein Marathon-Projekt.
Mit welchem Ziel?
Gabius: Ich habe mir vorgenommen, mit einer Zeit zwischen 2:10 und 2:12 Stunden in die Festhalle einzulaufen. Spätestens bei Kilometer 35 wird sich entscheiden, ob ich es schaffen kann. Ich kenne die Gegebenheiten auch ganz gut, weil ich 2008 schon mal als Teil einer Staffel nach 16 Kilometern in die Festhalle eingelaufen bin. Ich weiß, was mich erwartet nach 42,195 Kilometern und freue mich sehr darauf.
Ein so hochgestecktes Ziel impliziert ja die Möglichkeit, zu scheitern. Seit 1999 ist kein Deutscher mehr eine 2:10er Zeit gelaufen…
Gabius: Der Gabius spinnt, der will bei seinem ersten Marathon gleich 2:10 Stunden laufen – diese Einschätzung haben viele im Kopf. Nur, meine Halbmarathonzeit ist in etwa zwei Minuten schneller als die der anderen deutschen Spitzenläufer, die eine Zeit von 2:14 Stunden anstreben. Verdoppelt man die zwei Minuten Differenz, sind wir im Ziel bei 2:10 Stunden angekommen. Es ist also realistisch. Für 2:14 oder 2:15 Stunden als Ziel würde ich den ganzen Aufwand nicht betreiben. Ich will ganz bewusst, mutig, frech und auch ein bisschen naiv an die Sache rangehen.
Inwiefern?
Gabius: Ich mag neue Herausforderungen und ich hasse halbe Sachen. Ich habe mich voll auf das Projekt eingelassen und habe in den neun Wochen Vorbereitungszeit mit Trainingsumfängen um 250 Kilometern je Woche gar nicht die Zeit gehabt, mir die Strecke groß zu reden. Ich werde mit einer Einstellung an der Startlinie stehen wie die Amerikaner: egal wie die trainiert haben, die gehen immer davon aus, dass sie Bestzeit laufen.
Angenommen, Du erreichst völlig euphorisiert die Festhalle innerhalb Deiner Zeitvorgabe. Könnte es dann sein, dass Du fortan nur noch Marathon laufen willst?
Gabius: Nein, das ist nicht realistisch. Das Training für den Marathon und der Marathon selbst dient der Weiterentwicklung meiner Bahnzeiten. Speziell der über 10.000 Meter. Da erhoffe ich mir einen Schub. Und ich glaube, dass ich da noch einiges herausholen kann. Man darf nicht immer in Schubladen denken. Denn auch für den Marathon müssen die Zubringerleistungen auf der Bahn stimmen – das sehen die Kenianer übrigens auch so.
Welche Rolle spielt der Faktor Ernährung bei Dir?
Gabius: Dieser Aspekt spielt für mich immer schon eine sehr große Rolle, auch weil ich seit 18 Jahren Vegetarier bin. Da schaut man besonders auf seine Ernährung. Das ist der Kraftstoff, den wir unserem Motor zuführen. Genauso wie ich in Sachen Training Augen und Ohren offen halte für Neuerungen und andere Ansätze, mache ich das auch in punkto Ernährung. Ich liebe es, zu kochen und dabei zu experimentieren.
Du planst, auf den 42,195 Kilometern keine Nahrung und nur Wasser zuzuführen. Wie ist das möglich?
Gabius: Ich habe den Fettstoffwechsel intensiv trainiert. Ich habe lange Einheiten mit leeren Kohlehydratspeichern absolviert, also mit nur einer Scheibe Brot zum Frühstück im Magen. In Frankfurt werde ich dann vollgefuttert am Start stehen. Es heißt: Am Start soll man sich fett fühlen, bei Kilometer 20 kommt man dann ins Rollen und bei Kilometer 30 geht das Rennen richtig los. Wenn es so kommt, dann habe ich alles richtig gemacht. Ich bin selber gespannt, wie es laufen wird.
Kann man als Novize einen Marathon im Training halbwegs simulieren?
Gabius: Ich bin im Training mal einen 40er gelaufen und weiß also wie sich das anfühlt. Das Ganze in Renngeschwindigkeit ist natürlich etwas ganz anderes. Ich werde aber einen Plan B haben: Wenn ich nach Zucker giere, werde ich nach Zucker greifen. Das kann mental unglaublich wichtig sein. Ich bin zwar mein eigener Trainer, aber nicht beratungsresistent. Ich stand in der Vorbereitung mit dem erfahrenen Coach Renato Canova in Kontakt, der mir auch Trainingspläne geschrieben hat. Er hat mich in meinem Weg sehr bestärkt, aber auch vor Übermotivation und Übertraining gewarnt.
Quelle: Frankfurt Marathon – Das Gespräch führte Alex Westhoff –