Teilnehmer des Knästelaufes - in der Mitte mit Horst Milde ©Jörg Ehlert
Erster Berliner 10 km Lauf für Gefangene (Knästelauf) – Peter Spahn berichtet
Am 10.10.2014 fand die Premiere des ersten Berliner Gefangenenlaufs über die klassische 10 km Distanz in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Plötzensee statt – unweit der Gedenkstätte Plötzensee, die an die brutale Hinrichtung von fast 3.000 zu Unrecht verurteilten Gefangenen des Naziregimes erinnert.
Um diese Veranstaltung zu ermöglichen, mussten dicke Bretter durchbohrt werden. Sicherheitsbedenken, gerade nach spektakulären Ausbrüchen aus Berliner Haftanstalten im Frühjahr, und hoher Organisationsaufwand standen gegen Pro-Argumente wie Förderung sozialer Integration und Erlernen von Selbstdisziplin.
Ausschlaggebend für die Durchführung war letztlich das positive Votum des Berliner Justizsenators Thomas Heilmann
Das Organisationsteam um Reinhard Röcher, selbst Läufer, 17-facher Berlin Marathon Teilnehmer und Sozialarbeiter in der JVA Plötzensee, lieferte einen sehr guten Job ab; kein Wunder bei so prominenten Helfern wie Horst Milde, der langjährige Racedirector des Berlin-Marathons, vom dem viele sagen, er hätte Berlin das Laufen beigebracht, sowie Jazzclub-Betreiber und 2:27 Marathonläufer John Kunkeler, der für die genaue Streckenvermessung und eine kompetente Moderation sorgte.
Helfer wurden wie folgt charmant instruiert: „ Unbedingt den Ausweis dabei haben. Keine Waffen, keinen Sprengstoff, keine illegale Substanzen, keinen Alkohol, kein Handy und keine „Fahne" mitbringen.“
Abgerundet wurde der organisatorische Rahmen durch die musikalische Begleitung der Knastband mit Frontmann Jürgen Bailey, die während des Laufes ununterbrochen spielte und für zusätzlichen Motivationsschub sorgte.
Genau um 16:00 Uhr war es dann soweit. Ohne Startschuss (!!) – es wurde von 10 auf 0 runter gezählt – setzten sich 37 Teilnehmer, davon 25 Gefangene inkl. einer Frau sowie 12 Externe auf einer 1.000 m Runde in Bewegung.
Ohne Aussteiger und Regelverletzungen im „kleinen Kreisverkehr“ kamen alle 37 Läuferinnen und Läufer erfolgreich ins Ziel. Die ersten 7 Plätze belegten Gefangene.
Erster wurde Konrad K. aus der Jugendstrafanstalt Plötzensee in 41:06 min. Dies ist eine sehr beachtliche Leistung, gerade vor dem Hintergrund eingeschränkter Trainingsmöglichkeiten und getragener Freizeitschuhe, die Alltagsläufer nicht einmal für die Gartenarbeit anziehen würden.
Den zweiten und dritten Platz belegten mit Benjamin H. (41:49 min) und Saidou B. (41:55 min) 2 Läufer aus der JVA Plötzensee. Erster auswärtiger Gefangener wurde Matti S. von der JVA des Offenen Vollzugs Berlin als 4. in 42:35 min.
Marlene Brigitte B. freute sich als beste und einzige Insassin nach 65:30 min wie ein Kind über den Siegerpokal und einen Strauß Blumen.
Beste Externe waren Beate Ritter als 18. im Gesamteinlauf mit 49:57 min und Detlef Woldach (8. in 46:30 min). Die Veranstalter freuten sich sehr, dass mit Peter Büttner auch der Veranstalter des Darmstädter Knastmarathons mitlief (58:19 min).
Fazit: Der 1. Berliner Gefangenenlauf war zweifelsohne ein Erfolg. Die Latte des Anspruchs darf gleichwohl nicht allzu hoch gelegt werden. Ob sich durch den Lauf tatsächlich Perspektiven für die Insassen verbessern, sei dahingestellt. Regelmäßige Trainingsangebote durch die Trainerin Joana Zybon mit dem Wettkampf als Höhepunkt stellen zumindest eine Bereicherung des Alltags dar.
Letztlich war es für alle Beteiligten ein schöner kurzweiliger Nachmittag. Das wurde auch in der sehr emotionalen Dankbotschaft des Insassensprechers Erik deutlich. Bleibt zu hoffen, dass eine Fortsetzung folgt.
Peter Spahn
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Website Jo Zybon:
Berliner Laufmasche – JoAnna Zybon